Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Kap der Finsternis: Roman (German Edition)

Kap der Finsternis: Roman (German Edition)

Titel: Kap der Finsternis: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roger Smith
Vom Netzwerk:
sich aus dem Sessel hoch, ließ die Schrotflinte stehen, begriff dann, dass er Männerstimmen auf dem Flur gehört hatte, Arbeiter der Frühschichten auf dem Weg zum Taxistand. Es war bereits hell. Er hatte eigentlich noch bei Dunkelheit wieder verschwinden wollen.
    Er schaute zu dem alten Säufer hinüber, der auf dem Rücken lag, mit offenem Mund und ohne Gebiss. Die Decke war vom Sofa gerutscht und enthüllte seinen ausgezehrten Körper, nackt bis auf die schmutzige Unterhose. Barnard sah, dass der alte Alki einen Ständer hatte, der seine Unterhose vorn ausbeulte wie eine Zeltstange. In seinem scheiß Alter!
    Barnard hob die Decke mit dem Fuß auf und warf sie dem alten Mann über die Eier, dann ging er zum Fenster hinüber. Das Glas war mehrfach gesprungen und mit Klebeband repariert worden. Barnard schob die speckige Spitzengardine vorsichtig beiseite und linste auf die Straße hinunter. Sein Ford war da, auch der Honda. Von seiner Position aus konnte er das Blut des Arschlochs nicht sehen, dessen Hirn er zu Brei geschlagen hatte, aber er wusste, dass es früher oder später jemandem auffallen würde.
    Er beugte sich über die Spüle und spritzte sich Wasser ins Gesicht, dabei legte er die Remington auf einen Stapel schmutziger Teller. Er wischte sich das Gesicht mit der Hand ab, hatte kein Zutrauen zu einem der schmutzigen Geschirrtücher. Er schnappte sich die Schrotflinte wieder und schleppte sich ins Schlafzimmer.
    Die Mischlingsschlampe schlief unter einem grauen Laken. Er konnte ihre nackten Schultern sehen, den geschwungenen Bogen einer Brust, das krause Haar auf dem Kopfkissen. Er stand über ihr, schaute auf ihr Gesicht hinab. Ihre linke Wange war angeschwollen, die Platzwunde von dem Schlag mit dem Pistolenlauf blutverkrustet. Schon jetzt breitete sich ein prächtiges Veilchen über die Wange Richtung Auge aus. Cape-Flats-Mascara, hatte er mal einen farbigen Bullen bei einem nächtlichen Einsatz zu einem Ehekrach trocken kommentieren hören.
    Diese scheiß Leute machten sich über einfach alles lustig in ihrem komischen Kauderwelsch, einer komplizierten Sprachmischung aus Afrikaans, Gefängnisslang und Gosse. Nach all den Jahren draußen auf den Flats verstand Barnard es inzwischen. Und auch wenn er es sich niemals eingestehen würde, fühlte er sich unter diesen braunhäutigen Leuten, die er verachtete, erheblich heimischer als in der weißen Welt, zu der er ja angeblich gehörte.
    Die Mischlingsfrau drehte sich im Schlaf, das Laken rutschte weg, und er konnte ihre Titten sehen. Abgesehen von den Schwangerschaftsstreifen waren sie gar nicht mal übel. Ja, wenn man anfing, Tik-Huren attraktiv zu finden, war es höchste Zeit, Kapstadt zu verlassen. Barnard nahm die Schrotflinte hoch und legte den Lauf seitlich an ihren Kopf. Sie rührte sich nicht, ein leises Schnarchen drang über ihre verklebten Lippen. Vielleicht sollte er sie jetzt erledigen, ein Zeuge weniger, ein Junkiemaul weniger, um das er sich Gedanken machen musste. Und den Jungen ebenfalls, und auch den alten Penner auf dem Sofa, dann das Lösegeld schnappen und aus diesem Sodom und Gomorrha verschwinden.
    Sein fetter Finger legte sich um den Abzug, spannte sich an. Dann löste er sich. Nein, vielleicht war es noch zu früh. Schon möglich, dass er sie und den Jungen noch brauchte. Den Dreck konnte er später immer noch beseitigen.
    Er verließ das Schlafzimmer und ging ins Bad. Der Junge schlief immer noch in fötaler Haltung auf der Decke, den Daumen im Mund. Barnard ließ sich auf den Deckel der Kloschüssel sinken, saß da und betrachtete den Jungen. Er konnte Kinder nicht leiden. Vielleicht lag es daran, dass er nur zu gut wusste, wozu sie heranwachsen würden. Noch ein weiteres kleines Arschloch, das haben wollte, was dir gehörte.
    Barnard beugte sich vor und stieß den kleinen Balg mit dem Lauf der Schrotflinte an. Keine Reaktion. Er stieß wieder zu, fester diesmal, und der Junge sah ihn an. Voller Angst riss er die Augen auf.

KAPITEL 23
     
    Burn saß an der Küchentheke vor einer Tasse Kaffee, die er noch nicht angerührt hatte. Er konnte sich nicht erinnern, wann er das letzte Mal etwas gegessen hatte. Allein bei dem Gedanken an Essen wurde ihm speiübel. Er wartete darauf, dass die Minuten verstrichen, damit er endlich hinunter nach Sea Point fahren und das Lösegeld abheben konnte. Wenigstens konnte er sich so vormachen, dass er etwas tat. Nicht nur herumsitzen und warten.
    Sein Mobiltelefon klingelte und vibrierte,

Weitere Kostenlose Bücher