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Kaperfahrt

Kaperfahrt

Titel: Kaperfahrt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clive Cussler
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Dominanz zu demonstrieren, verfehlte jedoch gänzlich ihre Wirkung auf sie.
    »Wissen Sie, wer ich bin?«, fragte er und schlug mit einer Geste der Ehrerbietung den Koran zu.
    »Ali Baba?«, sagte sie, um ihn zu reizen.
    »Werden Sie dann meine Scheherazade sein?«
    »Nur über meine Leiche.«
    »Das gehört zwar nicht gerade zu meinen Vorlieben, aber ich denke, man könnte es so einrichten.«
    Fiona hatte nicht den Wunsch, ihm Gelegenheit zu geben, sich als etwas anderes darzustellen als das Monster, das er doch war. »Niemand kennt Ihren richtigen Namen, aber man nennt Sie Suleiman Al-Jama. Ihre erklärte Absicht ist die Vernichtung Israels und der Vereinigten Staaten und die Erschaffung eines Islamischen Staates, der von Afghanistan bis nach Marokko reicht, mit Ihnen als … Sultan?«
    »Ich weiß noch nicht, welchen Titel ich wählen werde«, sagte Al-Jama. »Sultan würde passen, aber dem haftet etwas Dekadentes an, meinen Sie nicht? Harems, Palastintrigen und so weiter.«
    Er erhob sich in einer schnellen fließenden Bewegung und holte sich aus einem Messingsamowar neben dem Kohlebecken Tee. Seine Bewegungen waren elegant, in ihrer Geschmeidigkeit aber auch raubtierhaft. Er schenkte sich ein Glas ein, bot Fiona jedoch keins an.
    Nun, da er stand, sah sie, dass er fast einen Meter achtzig maß, breitschultrig und, dem Umfang seiner bloßen Handgelenke nach zu urteilen, von kräftiger Statur zu sein schien. Sie konnte aber sein Gesicht nicht erkennen und im flackernden Licht und durch das Netz der Burka auch von seinen Augen nicht mehr sehen, als dass sie in tiefen Höhlen lagen und dunkel wirkten.
    »Ihr Jesus sagt doch, ›Gesegnet sind die Friedensstifter.‹ Wussten Sie, dass er im Islam ein Prophet ist? Natürlich nicht der letzte. Das ist Mohammed, Friede sei mit ihm. Aber Ihr Erlöser wird immerhin als bedeutender Lehrer anerkannt.«
    »Wir verehren beide, den Gott Isaaks und Abrahams«, sagte Fiona.
    »Aber Sie glauben nicht an seine abschließenden Verkündigungen, an seinen letzten auserwählten Propheten, an die heiligen Worte, die durch Mohammed überliefert und im Koran niedergeschrieben wurden.«
    »Mein Glaube beginnt und endet mit einem Tod und der Wiederauferstehung.«
    Al-Jama sagte dazu nichts, aber sie erkannte, dass er eine scharfe Entgegnung auf der Zunge hatte. Schließlich murmelte er: »Zurück zu dem Ausspruch. Glauben Sie, dass Sie gesegnet sind?«
    »Wenn ich der Gewalt ein Ende machen kann, dann, so denke ich, ist dieses Werk gesegnet, aber nicht diejenigen, die daran mitgewirkt haben.«
    Er nickte. »Gut gesprochen. Aber warum? Warum wünschen Sie den Frieden?«
    »Wie können Sie so etwas fragen?« Trotz ihrer vorherigen Vorbehalte spürte sie, wie sie sich für diese Unterhaltung zu erwärmen begann. Sie hatte am ehesten eine Hasstirade gegen das Böse des Westens erwartet, aber doch kein intellektuelles Frage-und-Antwort-Geplänkel. Es war offensichtlich, dass der selbsternannte Suleiman Al-Jama hoch gebildet war, daher interessierte es sie, wie er seine Version des Massenmords rechtfertigte. Sie hatte sich Tonbänder von Bin Ladens Reden angehört, hatte Transkripte von Aussagen der Insassen von Guantánamo gelesen und sich Dutzende von Märtyrer-Videos angesehen. Sie wollte wissen, wie er sich davon unterschied, obwohl sie doch längst wusste, dass der Unterschied, falls es überhaupt einen gab, überhaupt keine Bedeutung hatte.
    Al-Jama sagte: »Friede bedeutet Stillstand, meine geschätzte Ministerin. Wenn der Mensch im Frieden lebt, verkümmert seine Seele, und sein kreativer Geist erstickt. Erst im Konflikt werden die Menschen zu jenen Wesen, die Allah vorschwebten. Der Krieg bringt Tapferkeit und Opferbereitschaft hervor. Was aber bringt uns der Frieden? Nichts.«
    »Der Frieden bringt uns Wohlstand und Glück.«
    »Dies sind Annehmlichkeiten des Fleisches, nicht des Geistes. Frieden bedeutet für Sie der Besitz eines besseren Fernsehers oder eines luxuriöseren Autos.«
    »Während Ihr Krieg Verzweiflung und Not zur Folge hat«, konterte Fiona.
    »Dann verstehen Sie es also doch. Denn dies sind Dinge des Geistes, nicht des Fleisches. Dies ist es, was wir empfinden sollen. Nicht die Annehmlichkeit eines prächtigen Zuhauses, sondern die Erfahrung gemeinsam ertragener Mühsal. Dies ist es, was uns Allah näherbringen kann. Nicht Ihre Demokratie, nicht Ihre Rockmusik, nicht Ihre pornografischen Filme. Sie lenken uns nur vom wahren Sinn unserer Existenz ab. Wir dienen keinem

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