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Kapitaen Bykow

Kapitaen Bykow

Titel: Kapitaen Bykow Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Boris Strugatzki
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gesehen.«
    »Sie haben recht, Sam. Es gibt bei uns noch welche. Vorläufig, und Sie haben das bemerkt. Aber nicht bemerkt haben Sie, dass es bei uns viel weniger sind als bei euch, und dass sie bei uns still sind. Wir haben keine militanten Spießbürger. Es werden noch ein, zwei Generationen vergehen, und sie sind ganz verschwunden.«
    »Dann nehme ich den Läufer«, sagte der Ingenieur.
    »Versuchen Sie’s«, erwiderte Béla.
    Eine Zeitlang überlegte der Ingenieur, dann nahm er den Läufer. »Nach zwei Generationen, sagen Sie? Oder vielleicht nach zweihunderttausend Generationen? Setzen Sie endlich die rosa Brille ab, Béla. Hier sind sie rings um Sie herum, die kleinen Leute. Ich zähle nicht die Abenteurer und die Rotznasen, die Abenteurer spielen. Nehmen Sie solche wie Joshua, Smith, Blackwater. Solche, die Sie selbst ›bewusst‹ oder ›still‹ nennen, je nach ihrer Stimmung. Die haben ja so wenig Wünsche, dass Sie ihnen gar nichts anbieten können. Und das, was sie wollen, erreichen sie ohne jeden Kommunismus. Sie kaufen sich eine Kneipe, schaffen sich eine Frau an, Kinder, und leben still, wie es ihnen gefällt. Kommunismus, Kapitalismus – was geht sie das an? Der Kapitalismus ist sogar besser, weil er so ein Dasein absegnet. Der Mensch ist nun mal von Natur aus ein Stück Vieh. Geben Sie ihm einen vollen Trog, nicht schlechter als beim Nachbarn, lassen Sie ihn sich den Bauch vollschlagen und einmal am Tag über irgendeine simple Vorstellung lachen. Sie werden mir gleich sagen: Wir können ihm mehr bieten. Und was soll er mit mehr? Er wird euch antworten: Kümmert euch um eure eigenen Angelegenheiten. Ein kleines, gleichgültiges Stück Vieh.«
    »Sie verleumden die Menschen, Sam. Joshua und seinesgleichen kommen Ihnen nur darum wie Vieh vor, weil ihr euch sehr viel Mühe gegeben habt, sie dazu zu machen. Wer hat ihnen denn von Kindesbeinen an eingeredet, dass das wichtigste im Leben das Geld ist? Wer hat sie gelehrt, die Millionäre, den Hauswirt, den Besitzer des Nachbarladens zu beneiden? Ihr habt ihnen die Köpfe mit idiotischen Filmen und idiotischen Büchern verkleistert und ihnen gesagt, dass auf die Nase fällt, wer zu hoch hinaus will. Und ihr habt ihnen eingehämmert, dass es Gott gibt, und das Haus, und das Geschäft, und weiter nichts auf der weiten Welt. Und so macht ihr Vieh aus den Menschen. Aber der Mensch ist kein Stück Vieh, Sam. Bringen Sie ihm von Kindesbeinen an bei, dass das Wichtigste im Leben Freundschaft und Wissen sind, dass es außer seiner Wiege die riesengroße Welt gibt, die darauf wartet, dass er und seine Freunde sie erobern – dann kriegen Sie den richtigen Menschen. So, und jetzt habe ich den Läufer verpennt.«
    »Sie können den Zug zurücknehmen«, sagte der Ingenieur. »Ich werde nicht mit Ihnen streiten. Vielleicht ist Erziehung wirklich so wichtig, wie Sie sagen. Obwohl auch bei euch, bei all eurer Erziehung, der staatlichen Unduldsamkeit gegenüber dem Kleinbürgertum trotzdem immer wieder ... wie heißt das bei Ihnen ... Unkraut gedeiht. Und bei uns, bei unserer Erziehung, schaffen es irgendwie immer wieder solche zu gedeihen, die Sie richtige Menschen nennen. Natürlich gibt es bei euch viel weniger Spießbürger als bei uns ... Schach ... Trotzdem weiß ich nicht, wo Sie die zwei Milliarden Spießbürger der kapitalistischen Welt hintun wollen. Bei uns hat niemand vor, sie umzuerziehen. Ja, der Kapitalismus ist ein Leichnam. Aber ein gefährlicher Leichnam. Und nun habt ihr auch noch die Grenzen geöffnet. Und solange die Grenzen offen sind, wird das Spießbürgertum in jeder Form hereinfließen. Wenn ihr mal nicht drin untergeht ... Noch einmal Schach.«
    »Das rate ich nicht«, sagte Béla.
    »Warum nicht?«
    »Ich mache auf g7 zu, und bei Ihnen hängt die Dame.«
    Der Ingenieur überlegte eine Weile. »Ja, das stimmt wohl. Also kein Schach.«
    »Es wäre dumm, die Gefahr zu leugnen, die vom Spießbürgertum ausgeht«, sagte Béla. »Jemand von euren Politikern hat zutreffend gesagt, dass die Ideologie des Kleineigentümers für den Kommunismus gefährlicher ist als die heute vergessene Wasserstoffbombe. Nur hat er diese Gefahr falsch adressiert. Nicht für den Kommunismus, sondern für die ganze Menschheit ist das Spießertum gefährlich. Weil in Ihren Überlegungen, Sam, ein Fehler ist. Der Spießbürger ist trotz allem auch ein Mensch, und er will immer mehr. Aber weil er zugleich auch ein Stück Vieh ist, nimmt dieses Streben nach mehr zwangsläufig

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