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Kapitaen Bykow

Kapitaen Bykow

Titel: Kapitaen Bykow Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Boris Strugatzki
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einen Tageslohn versoffen, liege da und werde noch weiter daliegen.« Wieder blickte er traurig zur Decke.
    »Ja«, sagte Béla.
    Was soll man nun mit dem machen, dachte er. Ihn überzeugen, dass Trinken schädlich ist – das weiß er selbst. Wenn er wieder auf den Beinen ist, wird er Vierzehn-Stunden-Schichten fahren, um den Verlust hereinzuholen. Und dann kehrt er auf die Erde zurück mit einer schwarzen Strahlenparalyse, und er wird keine Kinder mehr zeugen können, oder Missgeburten.
    »Du weißt, dass es gefährlich ist, länger als sechs Stunden in der Grube zu arbeiten?«, fragte Béla.
    »Lassen Sie doch«, sagte Joshua leise. »Das geht Sie nichts an. Sie müssen ja nicht arbeiten.«
    Béla holte Luft. »Nun denn, gute Besserung.«
    »Danke, Mr. Kommissar«, murmelte Joshua. »Sie kümmern sich um die falschen Sachen. Sie sollten lieber zusehen, dass der Saloon geschlossen wird. Und dass man die Schwarzbrenner findet.«
    »Gut«, sagte Béla. »Ich werd’s versuchen.«
    So, dachte er unterwegs. Und wenn ich nun versuche, den Saloon zu schließen, wirst du selber auf Meetings brüllen, dass alle möglichen Kommunisten sich in Dinge einmischen, die sie nichts angehen. Und es gibt keinen Ausweg aus diesem Teufelskreis. Keinen.
    Er trat in sein Zimmer und sah, dass dort der Ingenieur Samuel Livington saß. Der Ingenieur las in einer alten Zeitung und aß belegte Brote. Auf dem Tisch vor ihm lag ein Schachbrett mit aufgestellten Figuren. Béla grüßte und setzte sich müde an den Tisch.
    »Wollen wir spielen?«, schlug der Ingenieur vor.
    »Gleich, ich seh nur nach, was sie mir geschickt haben.«
    Béla öffnete die Pakete. In dreien waren Bücher, im vierten ein Brief von der Mutter und mehrere Ansichtskarten von Ujpest. Auf dem Tisch lag noch ein rosa Kuvert. Béla wusste, was darin war, öffnete es aber trotzdem. »Mr. Kommissar! Scher dich dahin, wo der Pfeffer wächst. Halte dich raus, solange du noch heile Knochen hast. Jemand, der es gut mit dir meint.« Béla seufzte und legte den Zettel beiseite.
    »Sie sind am Zug«, sagte er.
    Der Ingenieur setzte einen Bauern vor. »Wieder Unannehmlichkeiten?«, erkundigte er sich.
    »Ja.«
    Béla spielte schweigend die Caro-Kann-Verteidigung. Der Ingenieur bekam einen leichten Positionsvorteil. Béla nahm ein belegtes Brot und begann nachdenklich zu kauen, den Blick auf das Brett geheftet.
    »Wissen Sie«, sagte der Ingenieur, »wenn ich Sie zum ersten Mal heiter sehe, werde ich zugeben, den ideologischen Krieg verloren zu haben.«
    »Sie werden’s noch sehen«, antwortete Béla ohne besondere Hoffnung.
    »Nein. Sie sind dem Untergang geweiht. Schauen Sie sich um, und Sie sehen selbst, dass Sie dem Untergang geweiht sind.«
    »Ich?«, fragte Béla. »Oder wir?«
    »Sie alle mit Ihrem Kommunismus. In unserer Welt darf man kein Idealist sein.«
    »Nun, das haben wir in den letzten hundert Jahren zwanzigmal zu hören gekriegt.«
    »Schach«, sagte der Ingenieur. »Sie haben die Wahrheit gehört. Manches hat man natürlich unterschätzt und deshalb oft Unsinn geredet. Es wäre lächerlich zu behaupten, dass ihr militärisch schwächer seid oder den ökonomischen Wettbewerb verliert. Jede starke Regierung und jeder hinreichend reiche Staat ist heutzutage militärisch und ökonomisch unbesiegbar. Ja, ja, der Kommunismus als Wirtschaftssystem hat die Oberhand gewonnen, das ist klar. Wo sind sie heute, die berühmten Imperien der Morgan, Rockefeller, Krupp, all die Mitsui und Mitsubishi? Alle sind geplatzt und längst vergessen. Übrig geblieben sind armselige Brocken wie unsere ›Space Pearl‹, solide Unternehmen zur Herstellung eleganter Matratzen für einen engen Kundenkreis ... und sogar die müssen sich mit Parolen vom allgemeinen Wohlergehen tarnen. Abermals Schach. Und ein paar Millionen starrsinniger Hotelbesitzer, Grundstücksmakler, kleiner Handwerker. Das alles ist auch dem Untergang geweiht. Das alles hält sich nur, weil in den beiden Amerikas noch Geld im Umlauf ist. Aber hier seid ihr in eine Sackgasse geraten. Es gibt eine Kraft, der selbst ihr nicht gewachsen seid. Ich meine das Spießbürgertum. Den Konservatismus des kleinen Mannes. Der Spießbürger ist nicht mit Gewalt zu besiegen, denn dazu müsste man ihn physisch vernichten. Er ist nicht durch Ideen zu besiegen, weil das Spießbürgertum von Natur aus keinerlei Ideen annimmt.«
    »Waren Sie jemals in einem kommunistischen Staat, Sam?«
    »War ich. Und ich habe dort Spießbürger

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