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Kapitaen Bykow

Kapitaen Bykow

Titel: Kapitaen Bykow Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Boris Strugatzki
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Sergejewitsch, damit Sie etwas unternehmen. Und Sie sollten das besser tun, denn sonst tun sie es selber ... Sie sind schon drauf und dran.«
    Jurkowski saß im Sessel am Tisch, und sein Gesicht war so alt und mitleiderregend, dass Jura innehielt und verwirrt auf Shilin schaute. Doch der nickte abermals kaum merklich.
    »Für diese Worte werden Sie sich auch zu verantworten haben«, presste Scherschen durch die Zähne.
    »Schweig!«, schrie der kleine dunkle Awerin auf, der neben Jura saß. »Wag es nicht reinzureden! Genossen, wieso redet er die ganze Zeit rein?«
    Jurkowski wartete ab, bis sich der Lärm gelegt hatte, und fuhr fort: »Das alles ist derart widerwärtig, dass ich jede Möglichkeit einer solchen Erscheinung für ausgeschlossen gehalten habe, und es bedurfte der Einmischung eines Außenstehenden, eines Jungen, damit ... Ja. Widerwärtig. Das habe ich von euch jungen Leuten nicht erwartet. Wie einfach das also ist, euch in den Urzustand zurückzuversetzen, euch auf allen vieren gehen zu lassen – drei Jahre, ein ehrgeiziger Fanatiker und ein Provinzintrigant. Und schon seid ihr herabgesunken, vertiert, habt die menschliche Gestalt verloren. Junge, fröhliche, ehrliche Leute ... Welch eine Schande!«
    Jurkowski hielt inne und musterte die Astronomen. Das hat jetzt alles keinen Zweck, dachte er. Ihnen ist nicht nach Zuhören zumute. Sie saßen eng beieinander und blickten voller Hass auf Scherschen und Krawez.
    »Also gut. Einen neuen Direktor bekommt ihr vom Titan. Zwei Tage lang könnt ihr diskutieren und nachdenken. Ihr, die ihr arm und schwach seid, euch sage ich: Denkt nach! Und jetzt geht.«
    Sie standen auf und gingen gebeugt aus dem Arbeitszimmer. Scherschen erhob sich ebenfalls und trat, sonderbar auf den Magnetsohlen schwankend, dicht an Jurkowski heran.
    »Das ist Willkür«, sagte er mit heiserer Stimme. »Sie stören die Arbeit des Observatoriums.«
    Jurkowski schob ihn angeekelt weg. »Hören Sie, Scherschen«, sagte er. »An Ihrer Stelle würde ich mich erschießen.«

12. Ring 1 . Die Ballade vom einbeinigen Besucher
    »Weißt du«, sagte Bykow und schaute Jurkowski über die Brille und über die »Metallphysik« hinweg an, »dabei fühlt sich Scherschen wahrscheinlich unverdient gekränkt. Immerhin das beste Observatorium und so weiter.«
    »Scherschen interessiert mich nicht«, erwiderte Jurkowski. Er schlug die Aktenmappe zu und reckte sich. »Mich interessiert, wie diese jungen Leute sich so entwickeln konnten ... Scherschen dagegen ist ein Nichts, eine Nebensache.«
    Ein paar Minuten lang überlegte Bykow.
    »Und was meinst du also?«, erkundigte er sich schließlich.
    »Ich habe eine Theorie. Genauer, eine Hypothese. Ich nehme an, dass bei ihnen schon die Immunität gegenüber dem sozial Schädlichen verschwunden ist, die in der Vergangenheit notwendig war, aber ihre eigenen antisozialen Anlagen noch vorhanden sind.«
    »Etwas einfacher.«
    »Bitte sehr. Nehmen wir dich. Was würdest du tun, wenn zu dir ein Klatschmaul käme und dir erzählte, dass ... äh ... sagen wir, Michail Krutikow Proviant stiehlt und verkauft? Du hast in deinem Leben viele Klatschmäuler gesehen, weißt, was sie wert sind, und würdest ihm sagen, er soll sich ... äh ... entfernen. Nehmen wir jetzt unseren Kadetten. Was würde er tun, wenn man ihm ... äh ... na, sagen wir, dasselbe erzählte? Er würde alles für bare Münze nehmen und augenblicklich zu Michail laufen, um ihn zur Rede zu stellen. Und er würde sofort begreifen, dass das Unsinn ist, zurückgehen und ... äh ... den Schurken verprügeln.«
    »Aha«, sagte Bykow mit Genugtuung.
    »Also in dem Sinne. Unsere Freunde auf der Dione jedoch sind schon nicht mehr du, aber noch nicht der Kadett. Sie nehmen die Gemeinheit für bare Münze, aber ihr unverbrauchter Vorrat an falschem Stolz hindert sie daran, der Sache auf den Grund zu gehen.«
    »Je nun«, meinte Bykow. »Vielleicht ist es wirklich so.«
    Jura kam herein, hockte sich vor den offenen Bücherschrank und schickte sich an, ein Buch für den Abend auszusuchen. Die Ereignisse auf der Dione hatten ihn ganz aus dem Gleis geworfen, und er konnte noch immer nicht wieder zu sich kommen. Der Abschied von Sina Schatrowa war schweigend und sehr rührend verlaufen. Sina hatte erst recht noch nicht zu sich gefunden. Manchmal lächelte sie freilich schon. Jura wäre zu gern auf der Dione geblieben, bis Sina wieder richtig lachte. Er war sicher, dass er es schaffen würde, sie aufzuheitern, ihr bis zu

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