Kapitaen Bykow
Jurkowski und ich. Keinerlei Astrophysiker.«
»Wirklich?«
»Ja doch, wirklich! Und überhaupt – dass Jurkowski Lieblinge hat! Darauf muss man erst einmal kommen! Wer hat Ihnen das gesagt? Krawez?«
Wieder schüttelte sie den Kopf.
»Gut.« Jura angelte sich mit dem Fuß einen Hocker und setzte sich. »Sie sollten doch erzählen. Alles. Wer hat Sie gekränkt?«
»Niemand«, antwortete sie leise. »Ich bin einfach eine schlechte Mitarbeiterin. Und dazu noch psychisch unausgeglichen.« Sie lächelte unfroh. »Unser Direktor ist überhaupt gegen Frauen im Observatorium. Wenigstens hat er mich nicht gleich auf den Planeten zurückgeschickt. Ich wäre vor Scham gestorben. Auf der Erde müsste ich die Fachrichtung wechseln. Und dazu habe ich gar keine Lust. Hier bringe ich es zwar zu nichts, aber dafür bin ich im Observatorium, bei einem bedeutenden Gelehrten. Ich liebe das ja alles.« Sie schluckte krampfhaft. »Ich dachte doch, es ist meine Berufung ...«
Jura presste zwischen den Zähnen hervor: »Ich höre zum ersten Mal von einem Menschen, der seine Arbeit liebt und es zu nichts bringt.«
Sie zuckte mit der Schulter.
»Sie lieben Ihre Arbeit doch?«
»Ja.«
»Und Sie bringen es zu nichts?«
»Mir fehlt die Begabung.«
»Wie kann das sein?«
»Ich weiß nicht.«
Jura biss sich auf die Unterlippe und dachte nach. »Hören Sie«, sagte er. »Hören Sie, Sina, und die anderen?«
»Wer?«
»Die anderen jungen Leute ...«
Sina holte aufschluchzend Luft. »Sie sind hier ganz anders als auf der Erde geworden. Basanow hasst alle, und diese beiden Einfaltspinsel bilden sich wer weiß was ein, haben sich zerstritten und reden jetzt weder mit mir noch miteinander ...«
»Und Krawez?«
»Krawez ist ein Schleimer«, sagte sie gleichgültig. »Ihm ist alles egal.« Plötzlich blickte sie ihn verwirrt an. »Aber sagen Sie bloß niemandem, was ich Ihnen erzählt habe. Dann habe ich ja hier überhaupt keine ruhige Minute mehr. Dann beginnen alle möglichen vorwurfsvollen Bemerkungen, allgemeine Betrachtungen über das Wesen der weiblichen Natur ...«
Jura schaute sie unter zusammengezogenen Brauen hervor an. »Wie denn das?«, sagte er. »Und niemand weiß davon?«
»Wen kümmert es schon?« Sie lächelte kläglich. »Immerhin das beste von den Fernobservatorien ...«
Die Luke ging auf. Der blonde junge Mann, dem Jura schon begegnet war, steckte den Oberkörper ins Zimmer, fixierte Jura und rümpfte dabei die Nase, dann richtete er den Blick auf Sina und wieder zurück auf Jura.
Sina stand auf. »Machen Sie sich bekannt«, sagte sie mit bebender Stimme. »Das ist Swirski, Vitali Swirski, Astrophysiker. Und das ist Juri Borodin ...«
»Du machst die Übergabe?«, erkundigte sich Swirski in unangenehmem Ton. »Nun, ich will nicht stören.«
Er schickte sich an, die Luke zu schließen, doch Jura hob die Hand. »Eine Minute«, sagte er.
»Von mir aus fünf«, grinste Swirski liebenswürdig. »Aber ein andermal. Jetzt möchte ich Ihr Tête-à-Tête nicht stören, Herr Kollege.«
Sina seufzte leise und bedeckte das Gesicht mit der Hand.
»Ich bin nicht dein Kollege, du Holzkopf«, sagte Jura leise und ging auf Swirski zu. Swirski starrte ihn an. »Und ich werde jetzt mit dir reden, ist das klar? Aber zuerst wirst du dich bei dem Mädchen entschuldigen, Miststück verdammtes.«
Jura stand fünf Schritt von der Luke entfernt, als Swirski, den Unterkiefer wütend vorgereckt, ihm entgegen ins Zimmer kam.
Bykow ging in der Messe auf und ab, die Hände auf dem Rücken und den Kopf gesenkt. Shilin stand an die Tür zur Steuerzentrale gelehnt. Jurkowski saß mit gefalteten Händen am Tisch. Alle drei hörten Michail Antonowitsch zu. Michail Antonowitsch sprach leidenschaftlich und erregt, den Arm gegen die linke Brustseite gepresst.
»... Und glaub mir, Wolodja, noch nie im Leben habe ich so viele Gemeinheiten über Menschen zu hören bekommen. Alle sind schmutzig, übel, nur Basanow ist gut. Scherschen ist angeblich ein Tyrann und Diktator, hat alle zermürbt, zwingt ihnen dreist seinen Willen auf. Alle fürchten ihn. Da war ein mutiger Mann auf der Dione, Müller, und den hat Scherschen angeblich weggeekelt. Nein, nein, Basanow leugnet nicht Scherschens wissenschaftliche Verdienste, er bewundert sie angeblich sogar, und dass sich das Observatorium eines solchen Ruhmes erfreut, verdankt es keinem anderen als Scherschen, doch dafür, sagt er, herrscht innen der moralische Verfall. Scherschen hat einen speziellen
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