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Kapitaen Bykow

Kapitaen Bykow

Titel: Kapitaen Bykow Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Boris Strugatzki
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Vergnügen, die Sache war wirklich lustig.
    »Was kann ich für Sie tun, Monsieur?«, fragte die Dame am Empfang.
    Jura lachte. »Ich bin kein Monsieur, ich bin ein einfacher sowjetischer Genosse.«
    Die Frau lachte nun gleichfalls. »Um ehrlich zu sein, hab ich mir das schon gedacht. Ich wollte bloß nichts falsch machen. Wir haben hier manchmal Ausländer, die regelrecht beleidigt sind, wenn man sie nicht entsprechend anredet.«
    »Ziemlich verschroben«, sagte Jura.
    »Tja, was soll man da machen«, erwiderte die Frau. »Und womit kann ich Ihnen nun dienen, Genosse?«
    »Ja also, ich muss ganz dringend den Leiter des Raumhafens sprechen. Ob Sie mir vielleicht einen Rat geben könnten, wie ich an ihn herankomme?«
    »Was gibt’s da zu raten?«, sagte die Frau verwundert, nahm den Telefonhörer ab und wählte eine Nummer. »Walja, bist du’s? ... Ach du, Soja. Hör zu, Sojetschka, Kruglowa am Apparat. Wann hat dein Chef heute Sprechzeit? ... Aha, verstehe ... Nein, hier ist bloß ein junger Mann, der ... Ja, ja, schon in Ordnung, danke, entschuldige bitte die Störung ...«
    Der Bildschirm des Videofons war während des Gesprächs dunkel geblieben, und Jura nahm das für kein gutes Zeichen. Meine Akten stehen schlecht, dachte er.
    »Also Folgendes«, begann die Frau, »der Chef ist stark beschäftigt und wäre erst nach sechs zu sprechen. Ich schreibe Ihnen seine Adresse und die Telefonnummer auf ...« Sie notierte beides hastig auf einem Hotelformular. »Da, bitte, rufen Sie gegen sechs dort an oder gehen Sie direkt hin. Es ist gleich um die Ecke.«
    Jura stand auf, nahm das Blatt entgegen und bedankte sich.
    »Wo sind Sie eigentlich abgestiegen?«, fragte die Frau.
    »Ach wissen Sie«, erwiderte Jura, »eigentlich nirgends. Und ich habe auch nicht vor, hier abzusteigen, denn ich fliege noch heute ab.«
    »Ach so. Na, dann glückliche Reise. Und ruhiges Plasma, wie unsere Raumfahrer zu sagen pflegen.«
    Jura bedankte sich nochmals und trat auf die Straße hinaus.
    In einem schattigen Gässchen unweit des Hotels fand er ein Café, in dem die Siesta bereits beendet war oder noch gar nicht begonnen hatte. Unter einem breiten geblümten Sonnendach standen direkt auf dem Rasen ein paar Tischchen, und es roch nach gebratenem Schweinefleisch. Über dem Sonnendach hing ein Schild: »Your Old Mickey Mouse«, dazu das Abbild des berühmten Disney’schen Tierchens. Jura trat zaghaft unter das Sonnendach.
    Cafés wie dieses gab es nur in den internationalen Städten. Hinter der langgestreckten Edelstahltheke thronte vor dem Hintergrund vieler Flaschen mit knalligen Etiketten ein kahlköpfiger, rotgesichtiger Barkeeper in weißer Jacke mit aufgekrempelten Ärmeln. Seine großen, behaarten Fäuste ruhten sich zwischen Tellern mit kostenlosen Imbisshäppchen aus, über die silberne Deckel gestülpt waren. Links vom Barkeeper ragte ein merkwürdiger silberner Apparat auf, von dem aromatische Dampfschwaden aufstiegen. Rechts von ihm lagen in einer gläsernen Vitrine alle möglichen Sandwiches auf Papptellerchen. Über dem Kopf des Barkeepers waren zwei Plakate angebracht. Das eine verkündete in englischer Sprache: »Das erste Glas ist umsonst, das zweite kostet vierundzwanzig Cent und jedes weitere achtzehn.« Das andere Plakat, in russischer Sprache, lautete: »Ihr alter Mickey Mouse kämpft um den Titel ›Café der ausgezeichneten Bedienung‹.«
    Im Café gab es ganze zwei Besucher. Einer von ihnen schlief an einem Tischchen in der Ecke; sein strubbeliger Haarschopf ruhte auf den Unterarmen. Neben ihm lag im Gras ein schrumpliger, verdreckter Rucksack.
    Der zweite Besucher, ein kraftstrotzender Mann in kariertem Hemd, verzehrte geruhsam und genüsslich ein Ragout und unterhielt sich über zwei Tischreihen hinweg mit dem Barkeeper. Die Unterhaltung erfolgte auf Russisch, und als Jura hereinkam, sagte der Keeper gerade: »Ich rede nicht von Photonenraketen und Kernreaktoren, mein Thema sind die Cafés und Bars, damit kenne ich mich ein bisschen aus. Nehmen Sie doch mal hier, in Mirsa-Tscharle, Ihre sowjetischen Cafés und dann unsere westlichen. Ich kenne den Umsatz jedes einzelnen Etablissements in dieser Stadt. Wer besucht Ihre sowjetischen Cafés und – das ist das Entscheidende – zu welchem Zweck? Frauen, die Eis essen möchten und abends zum Tanz mit Piloten gehn, mit Nichttrinkern ... Welcher Kerl, der in den Weltraumminen eine Stange Geld verdient hat, wird denn in eure Cafés gehen?«
    Der Barkeeper hielt inne,

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