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Kapitaen Bykow

Kapitaen Bykow

Titel: Kapitaen Bykow Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Boris Strugatzki
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nachdenklich, die Sekunden krochen schrecklich langsam dahin, und Jura sagte fast verzweifelt: »Ich werde es eben einzurichten versuchen, dass ich sterbe, solange ich noch arbeiten kann ...« Die Brauen des Barkeepers krochen in die Höhe, er sah erschrocken zu Iwan. Jura aber, nun schon vollends aus dem Konzept gebracht, verkündete: »Und überhaupt bin ich der Meinung, dass es nichts Schöneres für den Menschen geben kann als einen schönen Tod!«
    Der Keeper erhob sich schweigend, tätschelte Jura mit seiner großen Pranke den Rücken und verzog sich hinter den Tresen. Iwan aber sagte: »Na dann, vielen Dank, Bruderherz, hast mir einen tollen Dienst erwiesen. Auf die Art machst du meine ganze ideologische Arbeit zunichte.«
    »Aber wieso denn?«, murmelte Jura. »Alt werden ... nicht arbeiten ... Der Mensch muss ein Leben lang kämpfen, oder etwa nicht?«
    »Doch, das muss er«, bestätigte der Keeper. »Ich zum Beispiel kämpfe ein Leben lang mit den Steuern.«
    »Ach was, ich spreche doch von ganz anderen Dingen.« Jura winkte ab und beugte sich über seinen Teller.
    Iwan nahm einen Schluck Traubensaft »auf Rechnung des Hauses« und sagte lässig: »Übrigens gibt’s da ein interessantes Detail, Joyce. Auch wenn mein Verbündeter aufgrund seiner Jugend nichts Gescheites von sich gegeben hat, so bedenken Sie doch, dass er es vorzieht, lieber zu sterben, als Ihr Alter zu durchleben. Er hat sich nur einfach noch keine Gedanken darüber gemacht, was er tun wird, wenn er einmal alt ist. Sie dagegen, Joyce, denken Ihr ganzes Leben darüber nach. Und bereiten sich Ihr ganzes Leben lang aufs Alter vor. So sieht’s aus, mein Lieber.«
    Der Keeper kratzte sich mit dem kleinen Finger nachdenklich die Glatze. »Stimmt«, sagte er, »da ist was dran.«
    »Genau darin besteht der Unterschied«, fuhr Iwan fort. »Und zwar ein Unterschied, der meines Erachtens nicht zu Ihren Gunsten spricht.«
    Der Keeper überlegte, kratzte sich erneut die Glatze und verschwand ohne ein weiteres Wort hinter der Tür nahe der Theke.
    »Na also«, sagte Iwan befriedigt, »heute hab ich ihn in die Enge getrieben. Aber mal was anderes –wo kommst du her, du schönes Kind?«
    »Aus Wjasma«, antwortete Jura betrübt. Er ärgerte sich mächtig, dass er so naiv geredet hatte.
    »Und weshalb bist du hier?«
    »Ich muss auf die Rhea.« Und mit einem Blick auf Iwan erläuterte er: »Die Rhea ist einer der Saturnmonde.«
    »Ah ja. Interessant. Und was willst du auf der Rhea?«
    »Da gibt’s eine neue Baustelle, und ich bin Vakuumschweißer. Wir sind zu elft aufgebrochen, ich aber wurde von der Gruppe getrennt, weil ... na ja, aus familiären Gründen. Und nun weiß ich nicht, wie ich hinkommen soll. Deshalb will ich um sechs zum Leiter des Raumhafens.«
    »Zu Maikow?«
    »N-nein ... ich meine, ich weiß nicht, wie er heißt. Zum Leiter jedenfalls.«
    Iwan betrachtete den anderen interessiert. »Wie heißt du eigentlich?«
    »Jura ... Juri Borodin.«
    »Also Folgendes, Juri Borodin«, sagte Iwan und schüttelte betrübt den Kopf. »Ich fürchte, dir bleibt nur ein schöner Tod. Die Sache ist nämlich, dass der Leiter des Raumhafens, Genosse Maikow, wie ich aus zuverlässiger Quelle weiß, nach Moskau geflogen ist« – er sah auf die Uhr –, »und zwar vor zwölf Minuten.«
    Das war ein furchtbarer Schlag, Jura fiel regelrecht in sich zusammen. »Wie ist denn das möglich ...«, murmelte er. »Man hat mir gesagt ...«
    »Na, na, nur keine Panik«, sagte Iwan, »noch ist das Alter für dich nicht angebrochen. Jeder Chef hinterlässt, wenn er nach Moskau fliegt, einen Stellvertreter.«
    »Das ist richtig!« Jura lebte sogleich wieder auf. »Entschuldigen Sie bitte, aber ich muss jetzt unbedingt telefonieren.«
    »Tu das«, sagte Iwan, »das Telefon ist gleich um die Ecke.«
    Jura sprang auf und rannte zum Telefon.
    Als Jura zurückkam, stand Iwan auf dem kleinen Pfad vor dem Eingang zum Café. »Na, hast du was erreicht?«, fragte er.
    »Ich hab kein Glück«, erwiderte Jura zerknirscht, »der Chef ist tatsächlich abgeflogen, und sein Stellvertreter kann mich erst morgen Abend empfangen.«
    »Morgen Abend erst?«
    »Ja, nach sieben.«
    »Morgen Abend also«, wiederholte Iwan und richtete seinen Blick nachdenklich auf die Kronen der Akazien. »Das ist in der Tat ziemlich spät.«
    »Muss ich also doch im Hotel übernachten«, sagte Jura seufzend. »Da werd ich jetzt mal gehn und mir ein Zimmer nehmen.«
    Auf dem kleinen Pfad kam ihnen, auf seinen

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