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Kapitaen Bykow

Kapitaen Bykow

Titel: Kapitaen Bykow Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Boris Strugatzki
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Dreck leider kein Geld ist. Geld muss nämlich erworben werden! Zu diesem Zweck fliegen unsere Piloten durchs All, zu diesem Zweck auch lassen sich unsere Arbeiter anwerben. Ich bin alt und kann wohl deshalb partout nicht begreifen, woran Erfolg und Wohlstand bei Ihnen gemessen werden. Denn bei Ihnen steht alles kopf. Bei uns dagegen sind die Dinge klar und verständlich. Wo zum Beispiel steckt jetzt der Bezwinger des Ganymed, Kapitän Epton? Er ist Direktor der ›Minerals Limited‹. Und der berühmte Navigator Cyrus Campbell, was ist aus dem geworden? Er ist Inhaber zweier Großrestaurants in New York. Natürlich kannte sie früher einmal die ganze Welt, und nun stehen sie im Schatten, doch dafür waren sie damals Diener und mussten gehn, wohin man sie schickte, während sie jetzt ihrerseits Bedienstete haben, die sie nach ihrem Willen irgendwohin schicken können. Und ich will ebenfalls kein Diener sein, sondern Herr.«
    »Ein bisschen was haben Sie schon begriffen, Joyce«, erwiderte Iwan nachdenklich, »Sie wollen kein Diener sein. Nun müssen Sie bloß noch eine Kleinigkeit schaffen – nämlich den Wunsch besiegen, Herr zu werden.«
    Unterdessen hatte Jura die Suppe aufgegessen und war auf die Überraschung gestoßen – auf dem Tellergrund stand: »Dieses Gericht wurde von der elektronischen Küchenmaschine ›Orpheus‹ der Firma Cybernetics Ltd. zubereitet.« Er schob den Teller von sich und erklärte: »Ich jedenfalls fände es schrecklich langweilig, ein Leben lang hinterm Tresen zu stehn.«
    Der Keeper rückte eine kleine Tafel an der Wand zurecht, auf der auf Englisch stand: »Das Tragen von Feuerwaffen in Mirsa-Tscharle ist bei Todesstrafe verboten«, und erwiderte: »Was heißt langweilig? Was ist schon langweilige Arbeit und was fröhliche? Arbeit ist Arbeit.«
    »Arbeit muss interessant sein«, sagte Jura.
    »Weshalb?« Der Barkeeper zuckte die Achseln.
    »Wie – weshalb?« Jura war verblüfft. »Wenn die Arbeit nicht interessant ist, muss man ... muss man ... Wer hat denn was davon, wenn Arbeit uninteressant ist? Wozu ist einer nutze, wenn er seine Arbeit lustlos verrichtet?«
    »So ist’s richtig, gib’s ihm, dem Alten«, sagte Iwan.
    Der Keeper erhob sich schwerfällig und brummte: »Das ist nicht fair, Iwan, du suchst dir Verbündete, während ich allein bin.«
    »Ihr seid ja auch zwei«, erwiderte Iwan und wies mit dem Finger auf den Schlafenden.
    Joyce sah kopfschüttelnd zu dem Mann hinüber, räumte das schmutzige Geschirr ab und verschwand hinter der Theke.
    »Das ist ’ne Type, was?«, sagte Iwan halblaut. »Wie der seine Geschäftsehre und so weiter ins Feld führt? Mit dem müsstest du mal diskutieren, ihr würdet nie auf einen Nenner kommen. Ich zum Beispiel versuche schon seit Jahren, eine gemeinsame Sprache mit ihm zu finden. Im Großen und Ganzen aber ist der Alte schwer in Ordnung.«
    Jura schüttelte halsstarrig den Kopf. »Nein«, sagte er, »in Ordnung ist der ganz und gar nicht. Eher stumpfsinnig und selbstgefällig. Und er tut mir leid. Wozu lebt denn so ein Mensch? Er scheffelt Geld, geht abends nach Hause – und was weiter?«
    »Joyce«, bellte Iwan, »wir hätten mal eine Frage an Sie!«
    »Sofort!« Der Barkeeper kam hinter dem Tresen hervor, stellte einen Teller mit Schweinskotelett und eine kleine, beschlagene Flasche Traubensaft vor Jura hin. »Auf Rechnung des Hauses«, sagte er mit Blick auf die Flasche und setzte sich.
    »Danke«, erwiderte Jura, »aber weshalb, das war doch nicht nötig?«
    »Hören Sie, Joyce«, begann Iwan, »dieser russische Bursche möchte wissen, was Sie machen werden, wenn Sie einmal reich sind.«
    Der Keeper musterte Jura eine Weile und sagte schließlich: »Also gut, ich weiß, was für eine Antwort er erwartet, deshalb will ich meinerseits eine Frage stellen: Dieser Junge wird einmal erwachsen sein, ein Mann, und er wird sich ein Leben lang mit seiner ... wie nannte er es doch gleich? ... mit seiner interessanten Arbeit befassen. Doch eines Tages wird er alt werden und nicht mehr arbeiten können. Was wird er dann tun, dieser Junge?«
    Iwan lehnte sich auf seinem Stuhl zurück und bedachte den Keeper mit einem bewundernden Blick; auf seinem Gesicht stand förmlich zu lesen: eine tolle Type, nicht wahr? Jura aber spürte, wie seine Ohren zu glühen begannen. Er ließ die Gabel sinken, sagte verwirrt: »Ich ... ich weiß nicht, hab darüber noch nicht nachgedacht ...« und verstummte. Der alte Joyce betrachtete ihn ernst und

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