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Kapitaen Bykow

Kapitaen Bykow

Titel: Kapitaen Bykow Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Boris Strugatzki
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gigantischen durchsichtigen Kuppel durfte zwar nicht betreten werden, doch nun wusste Jura, was sich hinter dieser Abkürzung verbarg – es handelte sich um das Elektronische Steuerungs- und Kontrollsystem, um das Elektronenhirn des Raumhafens. Hielt man sich nördlich des ESKS, so gelangte man zu einem weiträumigen Park mit einer Freilichtbühne, zwei Schießständen, einem großen Stadion, einer »Raketenbahn«, kleinen Musiksalons, Luftschaukeln und Tanzflächen. Auch einen großen, klaren See gab es, an dessen Ufern Araukarien und Pyramidenpappeln wuchsen und in dem Jura voller Behagen badete. Am südlichen Stadtrand entdeckte Jura ein niedriges rotes Gebäude, unmittelbar dahinter begann die Wüste. Vor dem Gebäude parkten mehrere quadratische Atomcars, ein Polizist in blauer Uniform patrouillierte auf und ab und erklärte ihm, dass es sich bei dem roten Gebäude um das Gefängnis handle und ein russischer Junge hier nichts zu suchen habe. Westlich des ESKS erstreckten sich die Wohnviertel mit vielen großen und kleinen, hübschen und weniger hübschen Häusern. Die Straßen waren eng und nicht asphaltiert – man lebte gewiss nicht schlecht hier, denn es war kühl, schattig, und man hatte es nicht weit zum Zentrum. Das Gebäude der Stadtbibliothek gefiel Jura besonders, dennoch ging er nicht hinein. Am westlichen Stadtrand befanden sich die Amtsgebäude, dahinter schloss sich der riesige Bezirk mit den Vorratslagern an.
    Die Lagerhallen waren unwahrscheinlich lang und grau, sie bestanden aus Wellplast, an ihren Wänden prangten gigantische weiße Ziffern. Hier befand sich eine solche Anzahl von Lastwagen und Lasthubschraubern, wie Jura sie noch nie in seinem Leben gesehen hatte. Das ununterbrochene, massive Motorengeheul legte sich ihm aufs Gehör. Der Bursche hatte noch keine zehn Schritt zurückgelegt, als hinter ihm scheußlich eine Sirene aufjaulte. Er sprang beiseite, presste sich an eine Wand, doch die Wand fuhr plötzlich auseinander, und durch ein breites Tor, so groß wie der Triumphbogen, kroch ein gigantisches rot-weißes Ungeheuer auf gut drei Meter hohen Rädern auf ihn zu; der Fahrer – er hatte eineTjubetejka auf dem Kopf – brüllte dem Burschen von der Höhe des ersten Stockes herab etwas zu, das vom Lärm verschluckt wurde. Das Ungeheuer von Lastwagen wendete langsam in der engen Durchfahrt zwischen den Gebäuden, nach ihm aber kam aus den schwarzen Tiefen schon ein Zweiter gekrochen und schließlich ein Dritter. Jura tastete sich vorsichtig an den Mauern entlang, die Hitze ausströmten; er war betäubt von dem Geheul, dem Gebrumm und dem schweren Gedröhn der nie gesehenen Technik.
    Dann erblickte er eine niedrige Plattform, auf die ein paar ihm gut vertraute zylindrische Behälter mit einem Gemisch für das Vakuumschweißen verladen wurden. Er trat näher und stellte sich freudig lächelnd neben den Mann, der die Ladearbeiten mittels eines transportablen, auf der Brust hängenden Steuerpultes dirigierte. Jura schaute eine Weile zu, wie die Kräne mit ihren Greifern die verpackten Behälterstapel akkurat aufeinanderschichteten. Plötzlich sagte er in sachlich-bestimmtem Ton: »Also das geht nicht.«
    »Was geht nicht?«, fragte der Mann überrascht und musterte Jura.
    »Die Gasflasche dort können Sie nicht verladen.«
    »Und warum nicht?«
    »Sie sehen es doch, das Ventil ist ab.«
    Der Mann zögerte ein paar Sekunden. »Macht nichts«, sagte er schließlich, »die biegen das schon wieder hin.«
    »Kommt nicht infrage«, entgegnete Jura, »nichts werden wir hinbiegen. Laden Sie den Stapel wieder ab.«
    Der Mann nahm die Hände vom Pult und starrte Jura an. Der Greiferarm des Krans verharrte reglos, und der Stapel mit den Behältern blieb, sacht schwankend, in der Luft hängen.
    »Aber das ist doch nur eine Kleinigkeit«, sagte der Mann.
    »Eine Kleinigkeit ist es bloß hier«, beharrte Jura.
    Der Mann zuckte die Achseln und führte die Hände wieder zum Pult. Jura verfolgte misstrauisch den Austausch der beschädigten Flasche, bedankte sich höflich und setzte seinen Weg fort. Doch schon sehr bald stellte er fest, dass er sich verlaufen hatte. Das Lagergelände bildete eine regelrechte Stadt für sich, deren Straßen und Gässchen einander erstaunlich glichen. Ein paarmal fand er sich in kleinen Gassen wieder, die geradenwegs in die Wüste mündeten. Am Ende dieser Gässchen stand jedes Mal ein riesiges Schild mit der Aufschrift: »Stop! Zone mit gefährlicher Strahlung!« Es dunkelte

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