Kapitän Singleton
eine Zeitlang dort vor Anker lagen, stellte ich fest, daß unsere Leute, was ihre Absichten betraf, sehr unterschiedlicher Meinung waren; die einen wollten sich in die eine Richtung begeben, die anderen in eine zweite, bis ich endlich voraussah, daß sie sich trennen würden und wir vielleicht nicht genügend Leute zusammenhalten konnten, um das große Schiff zu bemannen. So nahm ich denn Kapitän Wilmot beiseite und begann mit ihm darüber zu sprechen. Ich bemerkte jedoch bald, daß er selbst geneigt war, in Madagaskar zu bleiben, und da er einen riesigen Reichtum als seinen Anteil erworben hatte, 233
schmiedete er heimlich Pläne, um auf die eine oder die andere Weise nach Hause zu gelangen.
Ich hielt ihm vor, wie unmöglich das sei und welchen Gefahren er sich dabei aussetze, entweder im Roten Meer Dieben und Mördern in die Hände zu fallen, die sich einen Schatz wie den seinen niemals entgehen lassen würden, oder aber den Engländern, Holländern oder Franzosen, die ihn mit Gewißheit als Seeräuber hängen würden. Ich berichtete ihm von der Reise, die ich von dort aus zum afrikanischen Kontinent unternommen hatte und was für ein Unterfangen es war, zu Fuß weiterzuziehen.
Kurz, ich vermochte ihn nicht zu überzeugen; er wollte mit der Schaluppe durch das Rote Meer und dorthin fahren, wo die Kinder Israels trockenen Fußes durch das Meer gezogen waren, da von Bord gehen und über Land zum großen Kairo reisen, eine etwa achtzig Meilen lange Strecke. Von dort, sagte er, könne er sich über Alexandria nach irgendeinem Teil der Welt einschiffen.
Ich malte ihm aus, welches Risiko das bedeutete und wie unmöglich es tatsächlich war, an Mokka und Dschidda vorbeizugelangen, ohne daß man ihn bei einem gewaltsamen Versuch angriffe oder aber ausplünderte, wenn er sich eine Genehmigung dazu holte, und ich erklärte ihm die Gründe hierfür so ausführlich und so wirkungsvoll, daß schließlich, obgleich er selbst nicht darauf hören wollte, doch keiner seiner Leute bereit war, mit ihm zu gehen. Sie erklärten ihm, sie wollten ihm überallhin folgen, um ihm zu dienen, dies aber bedeute, ihn selbst und auch sie in das sichere Verderben zu treiben, ohne jede Möglichkeit, es zu umgehen, und ohne jede Wahrscheinlichkeit, daß sie Rechenschaft über sein Ende abgeben könnten. Der Kapitän faßte das, was ich zu ihm sagte, völlig falsch auf, tat, als nehme er es übel, und warf mir einige Seeräuberflüche an den Kopf. Ich entgegnete ihm darauf aber weiter nichts als nur, ich riete ihm einzig zu seinem Vorteil, 234
und wenn er es nicht so auffasse, dann sei das seine Schuld und nicht meine; ich verböte ihm nicht fortzuziehen und hätte mich auch nicht bemüht, irgendwelche von den Leuten zu überreden, daß sie ihm nicht folgen sollten, wenn es auch ihr offensichtliches Verderben sei.
Heiße Köpfe aber kühlen nicht so leicht ab. Der Kapitän war so aufgebracht, daß er unsere Gesellschaft mied und mit dem größten Teil seiner Mannschaft zu Kapitän Avery hinüberging, sich mit seinen Leuten von uns trennte und dabei den gesamten Schatz mitnahm, was, nebenbei gesagt, nicht sehr anständig von ihm war, denn wir hatten ja vereinbart, alle Gewinne miteinander zu teilen, ob es sich dabei um viel oder wenig handelte und ob wir zugegen oder abwesend waren.
Unsere Leute murrten ein wenig darüber, aber ich beruhigte sie, so gut ich konnte, und erklärte ihnen, es werde uns leichtfallen, ebensoviel zu erwerben, wenn wir auf unsere Schläge achtgaben, und Kapitän Wilmot habe uns ein sehr gutes Beispiel geliefert, denn nach derselben Regel sei nun das Abkommen hinfällig, noch weiterhin irgendwelche Gewinne mit ihm und seinen Leuten zu teilen. Ich nahm die Gelegenheit wahr, ihnen einige meiner weiteren Pläne in den Kopf zu setzen, die darin bestanden, daß wir über die östlichen Meere schweifen und Umschau halten sollten, ob wir uns nicht ebensolche Reichtümer zu beschaffen vermochten wie Mr.
Avery, der freilich eine riesige Summe Geldes erworben hatte, wenn sie auch nicht halb so groß war, wie man sich in Europa erzählte.
Unsere Leute waren über meine energische, unternehmungs-lustige Stimmung so erfreut, daß sie mir versicherten, sie würden alle wie ein Mann um die ganze Welt mit mir kommen, wohin ich sie auch führte, und was Kapitän Wilmot betreffe, so wollten sie nichts mehr mit ihm zu tun haben. Das kam ihm zu Ohren und versetzte ihn in so großen Zorn, daß er drohte, wenn ich an Land käme, wolle er
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