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Kapitän Singleton

Kapitän Singleton

Titel: Kapitän Singleton Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Defoe
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sprachen, dann wären sie alle überwältigt und getötet worden. Selbst so hatten siebzehn unserer Männer Wunden davongetragen, einige sogar sehr gefährliche. Aber ihre Angst war noch schlimmer als ihre Wunden, denn alle gaben sich verloren, weil sie glaubten, die Lanzen seien vergiftet. William jedoch war auch hierbei unser Trost, denn als zwei unserer Wundärzte der gleichen Meinung waren wie die Leute und ihnen törichterweise sagten, sie würden sterben, machte sich William unverdrossen an die Arbeit und heilte alle bis auf einen, der eher deshalb starb, weil er Arrakpunsch getrunken hatte, als infolge seiner Verwun-278
    dung; das übermäßige Trinken hatte ein Fieber bei ihm hervorgerufen.
    Wir hatten genug von Ceylon, wenn einige unserer Leute auch dafür waren, wieder an Land zu gehen, sechzig oder siebzig Mann auf einmal, um sich zu rächen; William brachte sie jedoch davon ab, und sein Ansehen bei den Leuten, wie auch bei uns Offizieren, war so groß, daß er sie leichter beeinflussen konnte als irgendeiner von uns.
    Sie waren auf ihre Rache sehr erpicht und wollten zur Küste rudern, um fünfhundert Einheimische zu vernichten. „Nun“, sagte William, „nehmen wir mal an, ihr tut es. Welchen Vorteil bringt euch das?“ – „Na“, sagte einer, der für alle übrigen sprach, „dann haben wir unsere Genugtuung.“ – „Und welchen Vorteil habt ihr davon?“ fragte William. Darauf wußten sie nichts zu antworten. William fuhr fort: „Denn wenn ich genau unterrichtet bin, ist euer Ziel doch Geld. Jetzt möchte ich gern einmal wissen: wenn ihr zwei-, dreitausend von diesen armen Kerlen besiegt und sie umbringt, Geld haben sie keins, was also werdet ihr erha lten? Es sind arme nackte Wichte. Was gewinnt ihr dabei? Andererseits aber“, sagte William, „riskiert ihr, mindestens zehn Mann aus eurem Trupp zu verlieren, das werdet ihr sogar sehr wahrscheinlich tun. Bitte, welcher Gewinn liegt darin? Und wie könnt ihr dem Kapitän Reche nschaft für seine verlorenen Leute geben?“ Kurz, William argumentierte so wirksam, daß er sie davon überzeugte, es sei der reine Mord, den Plan auszuführen; die Männer hätten ein Anrecht auf ihre Frauen und sie kein Recht, sie ihnen wegzu-nehmen; es hieße unschuldige Menschen umbringen, die nur das getan hatten, was ihnen das Gesetz der Natur vorschrieb, und das sei ebenso Mord, als lauerten sie einem Mann auf der Landstraße auf und töteten ihn kaltblütig nur zum Vergnügen, gleichgültig, ob er uns etwas Schlechtes angetan hatte oder nicht.

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    Diesen Argumenten beugten sie sich schließlich und gaben sich damit zufrieden, die Anker zu lichten und die Leute so zu verlassen, wie sie sie gefunden hatten. Bei ihrem ersten Scharmützel hatten sie sechzig bis siebzig Mann getötet und noch viel mehr verwundet; aber sie waren arm, und unsere Leute gewannen dabei nichts als nur, daß einer ihrer Kameraden sein Leben verlor und sechzehn weitere verwundet wurden.
    Ein anderer Zwischenfall aber machte es notwendig, uns weiter mit diesem Volk zu befassen, und hätte tatsächlich fast dazu geführt, daß wir unserem Leben und unseren Abenteuern bei ihnen ein plötzliches Ende bereiteten, denn etwa drei Tage nachdem wir von dem Ort, wo wir das Scharmützel gehabt hatten, fortgesegelt waren, überfiel uns ein heftiger Sturm aus Süden oder vielmehr ein Orkan aus sämtlichen Bereichen des südlichen Himmels, denn er tobte wütend und gnadenlos aus Südost bis Südwest, zuerst aus einer Richtung, dann sprang er um und stürmte mit der gleichen Heftigkeit aus einer anderen.
    Infolgedessen waren wir nicht in der Lage, das Schiff zu meistern, so daß auf dem Fahrzeug, auf dem ich fuhr, drei Marssegel rissen und schließlich die Großmarsstenge über Bord ging; mit einem Wort, wir wurden ein- oder zweimal bis zur Küste getrieben, und wenn das eine Mal der Wind nicht genau im letzten Augenblick umgesprungen wäre, dann wäre unser Fahrzeug auf einem großen Felsenriff, das ungefähr eine halbe Seemeile weit vom Ufer entfernt lag, in tausend Stücke zerschellt. Aber, wie gesagt, der Wind sprang sehr häufig um, und in diesem Moment drehte er nach Ostsüdost; wir lavierten seewärts und gewannen innerhalb einer halben Stunde über eine Meile mehr Seeraum. Danach wehte er aus Südwest zu Süd, dann aus Südwest zu West und trieb uns von dem Riff zurück wieder weit nach Osten; wir gelangten an eine breite Öffnung zwischen den Felsen und dem Land und bemühten uns, dort vor

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