Kapitän Singleton
setzten sie ihre Wanderung längs des Flusses tagsüber fort, denn nachts war es wegen der Dornen und der wilden Tiere, die zur Tränke an den Fluß hinunterka-men, unmöglich, durch den Wald zu ziehen. Im ganzen Malabarenland begegneten ihnen nur zwei Brahmanen, die sich sehr höflich zu ihnen verhielten, und gegen Bezahlung führte sie der eine in das Gebiet der Holländer, und sie befanden sich nun gänzlich außerhalb der Reichweite des Königs von Kandy, worüber sie sich nicht wenig freuten. Sie hatten jedoch große Mühe, den Weg aus den Wäldern zu finden, dann aber führte ein Malabare sie gegen eine Entlohnung in Form eines Messers zu einer holländischen Ortschaft; dort trafen sie auf Leute, die sie von einem Ort zum nächsten geleiteten, und so erreichten sie schließlich das Fort Aripo, wo sie am Donnerstag, dem 18.
Oktober 1679, ankamen und dankbar Gottes wunderbare Fürsorge priesen, der auf diese Weise ihre Befreiung aus einer langen Gefangenschaft von neunzehn Jahren und sechs Monaten bewirkt hatte.
Ich kehre jetzt zu meiner eigenen Geschichte zurück, die sich ihrem Ende nähert, was meine Reisen durch diesen Teil der Welt betrifft.
Wir waren nun auf See und hielten eine Zeitlang Kurs auf Norden, um zu versuchen, einen Markt für unsere Gewürze zu finden, denn wir waren sehr reich an Muskatnüssen, wußten jedoch nicht, was wir mit ihnen anfangen sollten; wir wagten uns nicht an die englische Küste oder, um es richtiger auszudrücken, in die englischen Handelsniederlassungen, um dort Geschäfte abzuschließen. Nicht daß wir uns gefürchtet hätten, 316
gegen ihre zwei Schiffe zu kämpfen, denn wir wußten auch, daß sie von der Regierung keine Kaperbriefe hatten und es ihnen daher nicht zukam, die Offensive zu ergreifen – nicht einmal dann, wenn wir Piraten waren. Hätten wir sie allerdings angegriffen, dann wären sie berechtigt gewesen, sich zusam-menzuschließen, um Widerstand zu leisten, und einander beizustehen, um sich zu verteidigen; aber von sich aus ein mit fast fünfzig Kanonen bestücktes Piratenschiff anzugreifen, wie unser Fahrzeug es war, lag offensichtlich jenseits ihrer Befugnisse; daher brauchten wir uns darüber nicht zu beunr uhigen, und wir zerbrachen uns also nicht den Kopf darüber; andererseits aber lag es nicht im geringsten in unserem Interesse, uns bei ihnen sehen zu lassen und Nachricht über uns von einer Faktorei zur anderen gelangen zu lassen, so daß wir bei irgendwelchen späteren Absichten sicher sein konnten, an ihrer Ausführung gehindert und entdeckt zu werden. Noch weniger lag uns daran, uns in irgendeiner holländischen Faktorei an der Malabarküste sehen zu lassen, denn da unser Schiff vollgeladen war mit Gewürzen, deren wir sie, im Sinne ihres Handelsprivilegs, beraubt hatten, hätte ihnen dies verraten, wer wir waren und was wir getan hatten, und zweifellos hätten sie alles nur mögliche unternommen, um über uns herzufallen.
Die einzige Möglichkeit, die wir hatten, war Goa anzusteuern und, wenn möglich, unsere Gewürze in der dortigen portugiesischen Faktorei zu verkaufen. Dementsprechend segelten wir bis fast dorthin, denn wir hatten schon vor zwei Tagen Land gesichtet, und da wir uns auf der Höhe von Goa befanden, hielten wir Kurs auf Margao an der Spitze von Salsat, auf dem Wege nach Goa. Hier rief ich den Leuten am Ruder zu, sie sollten beidrehen, und hieß den Steuermann, nach Nordnordwest auszulaufen, bis wir vom Ufer her nicht mehr zu sehen waren. Jetzt berieten William und ich, wie wir es in Notlagen immer taten, welche Maßnahmen wir treffen sollten, um dort 317
Handel zu treiben, ohne entdeckt zu werden, und gelangten am Ende zu dem Schluß, daß wir Goa überhaupt nicht anlaufen wollten, sondern daß sich William zusammen mit einigen zuverlässigen Burschen, auf die wir uns verlassen konnten, mit der Schaluppe nach Surat, das noch weiter nördlich lag, begeben und dort als Händler versuchen sollte, mit solchen englischen Faktoreien, die sich für sie als geeignet erwiesen, Geschäfte abzuschließen.
Um dies so vorsichtig wie nur möglich auszuführen und keinen Verdacht zu erregen, kamen wir überein, alle Kanonen aus der Schaluppe zu entfernen und ausschließlich Leute an Bord zu lassen, die uns versprachen, daß sie nicht wünschten oder versuchen würden, an Land zu gehen oder mit irgend jemand, der an Bord kommen mochte, zu sprechen oder sich in eine Unterhaltung einzulassen; und um die Verkleidung, unseren Absichten
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