Kapitän Singleton
großes Wunder betrachten –
daß Gott ihm einen solchen Segen erwies, ihm eine Bibel in seiner Muttersprache zu bringen, an einem so fernen Punkt der Welt, wo Gottes Name unbekannt war und wo sich vermutlich niemals zuvor ein Engländer befunden hatte! Die Freude über diese Gnade war ihm ein großer Trost in seiner Gefange nschaft, obwohl ihm keine körperliche Annehmlichkeit fehlte, die das Land zu bieten vermochte; denn sogleich nach dem Tode seines Vaters hatte der König an die Stadtbewohner einen Eilboten gesandt, der den Befehl überbrachte, sie sollten ihn mit Freundlichkeit behandeln und ihm gute Nahrungsmittel geben; und nachdem er eine Zeitlang im Lande verbracht hatte und die Sprache verstand, gewährte ihm der König Annehmlichkeiten, wie ein Haus und Gärten. Er begann sich der Landwirtschaft zu widmen, und Gott ließ ihn soviel Erfolg haben, daß er reichlich mit Nahrung versehen war, und das nicht nur für sich selbst, sondern er konnte dazu noch anderen borgen, was ihm nach der Landesgewohnheit fünfzig Prozent Gewinn im Jahr einbrachte und ihn sehr bereicherte; er hatte auch Ziegen, die er statt Hammelfleisch verspeiste, sowie 309
Schweine und Hühner. Trotz alledem aber, und es ging ihm so gut wie nur irgendeinem ihrer Adligen, konnte er sein Heimatland nicht so weit vergessen, daß er es zufrieden gewesen wäre, in einem fremden Land zu leben, wo er nach Gottes Wort und seinen Sakramenten hungerte, deren Fehlen ihm alle anderen Dinge unwichtig scheinen ließ; darum betete er täglich inständig zu Gott, er möge ihm dann, wenn er die Zeit für gekommen erachte, beidem wieder zuführen.
Endlich beschlossen er und ein gewisser Stephen Rutland, der seit zwei Jahren bei ihm lebte, um das Jahr 1673 zu fliehen, und sie überdachten alle geheimen Möglichkeiten, den Plan auszuführen. Sie hatten zuvor einen Weg ausprobiert, als fliegende Händler durch das Land zu ziehen, Tabak, Pfeffer, Knoblauch, Kämme und allerlei Eisenwaren einzukaufen und sie in die Landesteile zu bringen, wo es daran mangelte; und um ihre Absicht zu fördern, sprachen sie jetzt, während sie mit ihren Waren von Ort zu Ort zogen, mit den Einheimischen (denn nun beherrschten sie deren Sprache gut) und fragten sie über die Wege und die Bewohner aus, wo die Insel am dünnsten und wo sie am dichtesten besiedelt war, wo es Wachtposten an den Landesgrenzen gab, wie sie besetzt waren, und welche Waren sie überallhin bringen konnten, unter dem Vorwand, sie wollten sich mit den Dingen ausrüsten, die der jeweilige Ort brauchte. Niemand zweifelte daran, daß das, was sie taten, um des Handels willen geschah, denn Mr. Knox besaß einen so schönen Landsitz, und es war nicht anzune hmen, daß er einen solchen Besitz aufgab, nur weil er nach Norden wanderte, einem Teil des Landes, der am wenigsten bewohnt war; und so versorgten sie sich mit Waren, die sich in jener Gegend verkaufen ließen, machten sich auf und hielten Kurs auf den nördlichen Teil der Insel, ohne viel über die Wege zu wissen, die im allgemeinen verschlungen und schwer zu finden waren, weil es dort keine öffentlichen Straßen gab, sondern nur eine Vielzahl kleiner Pfade von einem Ort zum 310
anderen, die sich häufig veränderten; für Weiße war es überdies sehr gefährlich, sich nach dem Weg zu erkundigen, weil die Leute dann bald Verdacht über ihre Absichten schöpfen würden.
Zu diesem Zeitpunkt zogen sie von Conde Uda bis Nuwara-kalawiya, dem entferntesten Ort des königlichen Herrschaftsbereichs und etwa drei Tagesreisen weit von ihrem Wohnort entfernt. Sie waren dem Schicksal sehr dankbar, daß sie bis dahin alle Schwierigkeiten überwunden hatten, weiter aber wagten sie nicht zu gehen, weil sie keine Waren mehr übrig hatten, mit denen sie handeln konnten; und da sie zum erstenmal so lange von zu Hause abwesend waren, fürchteten sie, die Bewohner der Stadt könnten ihnen nachgehen, um sie zu suchen. So kehrten sie heim und zogen noch acht- oder zehnmal mit ihren Waren in diese Gegend, bis sie sowohl mit den Menschen als auch mit den Pfaden vertraut waren. In diesem Landesteil stieß Mr. Knox auf seinen schwarzen Jungen, den er vor mehreren Jahren fortgeschickt hatte. Er hatte jetzt eine Frau und Kinder und war sehr arm; da er aber die Gegend gut kannte, holte Mr. Knox bei ihm nicht nur Auskünfte ein, sondern verabredete auch mit ihm, daß er ihn und seinen Begleiter gegen ein gutes Entge lt zu den Holländern führen sollte. Er übernahm das sehr gern,
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