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Kapitän Singleton

Kapitän Singleton

Titel: Kapitän Singleton Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Defoe
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ihnen und forderten ihn durch Zeichen auf, sie zu fragen, ob sie gewillt seien, mit uns ins Land der Löwen zu ziehe n. Dementspre-79
    chend hielt er ihnen eine lange Rede, und wir verstanden davon, daß er ihnen sagte, wenn sie bereit seien, müßten sie
    „Si, Seignior“ sagen, und ihnen erklärte, was es bedeutete. Sie antworteten sogleich: „Si, Seignior“ und klatschten in die Hände, wobei sie zur Sonne hinaufblickten, und der Prinz machte uns verständlich, daß sie uns damit Treue schworen.
    Sobald sie es aber gesagt hatten, hielt einer der Leute dem Prinzen eine lange Rede, und aus seinen Gesten, die sehr seltsam waren, entnahmen wir, daß sie etwas von uns begehrten und es ihnen große Sorgen bereitete. Deshalb fragte ich ihn, so gut ich konnte, was sie von uns wünschten. Durch Zeichen ließ er uns wissen, daß sie wünschten, wir sollten, zur Sonne gewandt, in die Hände klatschen, also schwören, daß wir sie nicht töten, ihnen „chiaruck“ (das bedeutete soviel wie Brot) geben, sie nicht verhungern und auch nicht von den Löwen fressen lassen würden. Ich sagte ihm, wir versprächen all das, dann deutete er auf die Sonne und klatschte in die Hände, womit er mir bedeutete, ich solle es ebenfalls tun, und ich tat es. Darauf ließen sich alle Gefangenen flach auf den Boden fallen, erhoben sich wieder und stießen die seltsamsten, wildesten Schreie aus, die ich je gehört hatte.
    Ich glaube, hier überkamen mich zum erstenmal im Leben irgendwelche religiösen Gedanken; ich konnte nicht umhin, darüber nachzudenken und fast in Tränen auszubrechen, was für ein Glück es war, daß ich nicht unter Geschöpfen wie diesen geboren wurde und nicht ebenso töricht, dumm und barbarisch war. Dies verging jedoch bald wieder, und für lange Zeit beunruhigten mich keinerlei Gedanken dieser Art mehr.
    Als die Zeremonie nun vorüber war, kümmerten wir uns darum, Nahrungsmittel zu beschaffen, sowohl für die unmittelbaren Bedürfnisse unserer Gefangenen als auch für unsere eigenen. Ich erklärte unserem Prinzen durch Zeichen, daß wir über die Frage nachdachten, und er bedeutete mir durch Gebärden, wenn ich einen der Gefangenen in seine Stadt gehen 80
    ließe, dann werde er Proviant und auch Lasttiere mitbringen.
    Ich tat, als sei ich abgeneigt, ihm zu trauen, und als nähme ich an, er werde davonlaufen; der Prinz machte weit ausholende Gebärden der Treue, knüpfte sich mit eigener Hand einen Strick um den Hals und bot mir dessen eines Ende an, womit er mich aufforderte, ich solle ihn hängen, wenn der Mann nicht wiederkäme. So gab ich mein Einverständnis, er versah ihn mit vielerlei Anweisungen und schickte ihn dann fort, wobei er auf das Sonnenlicht deutete, womit er ihm wohl sagte, wann er wieder zurück sein mußte.
    Der Bursche rannte, als sei er von Sinnen, und hielt das Tempo, bis er außer Sicht war; daraus entnahm ich, daß er einen weiten Weg hatte. Am nächsten Morgen, etwa zwei Stunden vor der ausgemachten Zeit, winkte mir der schwarze Prinz, denn so nannte ich ihn immer, mit der Hand und äußerte auf seine Art durch Rufen den Wunsch, ich möge zu ihm kommen. Ich tat es, und als er auf einen niedrigen, etwa in zwei Meilen Entfernung liegenden Hügel zeigte, sah ich deutlich eine kleine Viehherde und einige Leute, die sie begleiteten. Er erklärte mir durch Zeichen, dies seien der Mann, den er fortgeschickt hatte, noch ein paar weitere Leute und Vieh für uns.
    Zur festgelegten Zeit war er demgemäß bei unseren Hütten angelangt und brachte viele Kühe, junge Zwergochsen, etwa sechzehn Ziegen und vier junge Bullen, die abgerichtet waren, Lasten zu tragen.
    Dies war ein genügend großer Vorrat an Lebensmitteln, und was das Brot betraf, so waren wir gezwungen, uns mit ein paar Wurzeln zu begnügen, wie wir sie schon zuvor gegessen hatten. Nun dachten wir daran, einige große Ranzen anzuferti-gen, wie Soldatentornister, in denen die Leute unsere Sachen leichter tragen konnten, und als die Ziegen geschlachtet waren, befahl ich, die Häute in der Sonne auszuspanne n. Nach zwei Tagen waren sie so trocken, wie wir nur wünschen konnten, 81
    und wir fanden Mittel und Wege, daraus kleine Ranzen für unseren Gebrauch zu machen; wir begannen unser Gepäck aufzuteilen und es darin zu verstauen. Als der schwarze Prinz sah, wozu sie dienten und wie leicht sie sich tragen ließen, nachdem wir sie uns aufluden, lächelte er ein wenig und schickte den Mann von neuem fort, Häute zu holen, und der brachte noch

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