Kapitän Singleton
soviel berichtete uns aber der Neger, den ich befragte, derjenige, den William geheilt hatte, daß sie nicht dieselbe Sprache wie wir und auch nicht wie unsere Portugiesen sprachen, und so mußten es aller Wahrscheinlichkeit nach Franzosen oder Holländer gewesen sein.
Dann erzählte er uns, die Weißen hätten sie barbarisch behandelt und sie unbarmherzig geschlagen; einer der Neger habe eine Frau und zwei Kinder gehabt, darunter eine etwa sechzehnjährige Tochter. Ein Weißer habe zuerst die Frau des Negers und danach seine Tochter vergewaltigt, und das habe, so sagte er, alle männlichen Neger mit Zorn erfüllt. Der Ehemann der Frau sei wutentbrannt gewesen, und das habe den Weißen so aufgebracht, daß er drohte, ihn zu töten. In der Nacht aber habe sich der Neger, der von seinen Fesseln losgekommen sei, einer großen Keule bemächtigt, womit unser Mann, wie er uns verständlich machte, eine Brechstange meinte, und als derselbe Franzose (wenn es ein Franzose war) wieder zu ihnen herunterkam, machte er von neuem Anstalten, die Frau des Negers zu notzüchtigen, worauf dieser die Brechstange hob und ihm mit einem Schlag den Schädel zertrümmerte. Dann bemächtigte er sich des Schlüssels, mit 206
dem der Weiße gewöhnlich die Handschellen der gefesselten Neger aufgeschlossen hatte, und befreite etwa hundert Mann.
Sie gelangten durch dieselbe Luke, durch welche die Weißen immer hinunterstiegen, auf Deck, nachdem sie dem Getöteten seinen Stutzsäbel abgenommen hatten, packten oben, was ihnen in die Hände kam, und fielen über die Männer her, die sich dort befanden, töteten sie und erschlugen danach auch diejenigen, die sie auf dem Vorschiff antrafen. Der Kapitän und die übrigen seiner Leute, die sich in der Kajüte und in der Hütte befanden, verteidigten sich mit großem Mut, feuerten aus den Schießöffnungen nach den Angreifern, verwundeten dabei unseren Mann und mehrere andere und töteten einige; nach langem Kampf aber brachen die Neger in die Hütte ein und töteten dort zwei der Weißen; der Erzähler gab jedoch zu, daß diese beiden elf seiner Leute getötet hatten, bevor diese in die Hütte einzubrechen vermochten, und danach verwundeten die übrigen, die durch die Luke in die Kajüte hinabgelangt waren, noch einmal drei der Angreifer.
Der Geschützmeister des Schiffs hatte sich in der Geschütz-kammer verschanzt, und einer seiner Leute holte das Großboot dicht unter das Heck auf; sie beluden es mit allen Waffen und sämtlicher Munition, die sie erreichen konnten, stiegen hinein und nahmen darauf auch den Kapitän und diejenigen, die bei ihm waren, aus der Kajüte an Bord. Als sie sich so alle eingeschifft hatten, beschlossen sie, sich wieder längsseits des Schiffs zu legen und zu versuchen, es zurückzuerobern. Mit verzweifelter Kühnheit enterten sie es und töteten zuerst jeden, der ihnen im Wege stand; da die Neger zu dieser Zeit aber bereits alle freigekommen waren und sich einiger Waffen bemächtigt hatten, obgleich sie mit Pulver, Blei oder Flinten nicht umzugehen wußten, gelang es den Leuten nicht, sie zu überwältigen. Sie lagen jedoch unter dem Bug des Schiffs und holten alle Männer heraus, die sie in der Kombüse gelassen hatten und die sich trotz allem, was die Neger zu tun vermoch-207
ten, dort hatten halten können und mit ihren Handwaffen dreißig bis vierzig von ihnen getötet hatten; schließlich aber waren sie alle gezwungen, sich zurückzuziehen.
Die Neger konnten mir nicht berichten, wo das gewesen war, ob nahe der afrikanische n Küste oder weit davon entfernt, und auch nicht, zu welchem Zeitpunkt das passierte, bevor uns das Schiff in die Hände fiel, nur ganz allgemein „vor langer Zeit“, wie sie sich ausdrückten, und nach allem, was wir erfahren konnten, war es zwei oder drei Ta ge, nachdem sie von der Küste abgesegelt waren, geschehen. Sie erzählten uns, sie hätten etwa dreißig der Weißen getötet, indem sie ihnen mit Brechstangen und Handspaken sowie mit allem, was sie nur finden konnten, den Schädel einschlugen. Ein starker Neger tötete drei von ihnen mit einer Brechstange, nachdem er zwei Schüsse durch den Körper erhalten hatte; danach schoß ihm der Kapitän selbst am Schott der Hütte, das er mit der Brechstange zertrümmert hatte, eine Kugel in den Kopf, und wir nahmen an, dies sei der Ursprung des vielen Bluts gewesen, das wir dort gesehen hatten.
Derselbe Neger erzählte uns auch, sie hätten das gesamte Pulver und Blei, das sie finden
Weitere Kostenlose Bücher