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Kaputt in El Paso

Kaputt in El Paso

Titel: Kaputt in El Paso Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rick DeMarinis , Frank Nowatzki , Angelika Müller
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Werk noch nicht vollendet. Rigoberto krümmte sich in einer Blutlache, stöhnte laut, um Schreie zu unterdrücken.
    »Um Himmels willen, mach dem ein Ende«, sagte ich.
    Erst jetzt nahm der Typ Notiz von mir. Meine Situation schien ihn zu belustigen. Er lachte. »Wozu?«, fragte er. »Das Arschloch hat dreckige Bemerkungen über mich und meine Mutter gemacht. Dafür soll er noch ein bisschen leiden, bevor er zur Hölle fährt. Und er leidet anständig, tiene huevos. Der hat Eier, dieser mexikanische Held, doch jetzt wird er weder seine Mutter ficken können noch jemand anders, ohne pito und ohne huevos. Vielleicht kann er ihren puta Arsch in der Hölle ficken.« Er sah hinüber zu Rigoberto, der inzwischen jenseits von gut und böse war – sein Blick ging ins Leere und er hatte aufgehört zu stöhnen. »Und … wirst du’s machen, joto?«, fragte der Schütze den Sterbenden, »wirst du deine Mami in der Hölle ficken?« Er sprach wie die Leute aus East L.A. – ein pocho aus eastla mit einem großen Maul.
    »Jetzt erzähl mir mal«, sagte er und wandte sich zu mir, »wer du eigentlich bist.«
    »Ich bin ein Gefangener und soll erschossen werden.«
    Er zündete sich eine Zigarette an. »Ohne Scheiß? Weswegen? Arbeitest du etwa für den chilango Broker und hast Mist gebaut? Vielleicht bist du auch von der DEA. Ist es das? Bist du so ein Undercoverarsch von der DEA, der aufgeflogen ist?«
    »Ich bin Klempner«, sagte ich. Ein absurder Gedanke schoss mir durch den Kopf: Die Terrine der Hildebrands war bereits tagelang verstopft. Inzwischen wohnten sie vermutlich in einem Abwassersee und mein Anrufbeantworter hatte wegen Rosies Beschwerden den Geist aufgegeben.
    Dann fiel der Blick des Schützen auf die Drogenpakete unter dem Schutzheiligen. »Na holla! Yo! Feliz Navidad!«, rief er aus. »Und alles so hübsch verpackt.« Er hielt sich ein Paket unter die Nase, roch daran, als könne er so den Inhalt identifizieren. »Auf der Straße bringt das sechs Riesen, wenn nicht sogar sieben. Das ist – wie sagt man dazu? – ein warmer Regen. Deswegen sind wir gar nicht hier, wir wollten diese Drecksäue bloß ausschalten. Ein Exempel statuieren, verstehst du?«
    Er war glücklich und ich war glücklich, dass er glücklich war.
    Ein zweiter Mann kam herein und nahm seine Sturmhaube ab. Er trug Bauch und Glatze und war älter. Von ihm ging so etwas wie Autorität aus. Er sah Rigoberto, inspizierte ihn, warf dem jungen pocho einen eisigen Blick zu und schoss Rigoberto in aller Seelenruhe in die Stirn.
    Der Körper zuckte kurz und entspannte sich. Rigobertos Zeit der Leiden auf dem Planeten Erde war jetzt offiziell vorbei.
    »¿Quién es?«, fragte der Ältere und zeigte mit dem Gewehr auf mich.
    »Dice que es un prisonero, jefe«, erklärte der pocho.
    Der ältere Mann kam auf mich zu und stieß mit dem Lauf seiner Kalaschnikow gegen meine Brust. Der Lauf war noch heiß. »Warum bist du hier, Gefangener?«, fragte er.
    »Sie haben es mir nicht gesagt«, antwortete ich.
    Er musterte mich, suchte nach einem Haken.
    »Ernsthaft, señor«, sagte ich voller Respekt. »Sie haben es mir nicht gesagt.«
    Er zündete sich eine Zigarette an und ging hinaus. Der pocho zog ein Jagdmesser aus der schmalen Hosentasche am Oberschenkel, fuhr mit dem Daumen über die Schneide, um die Schärfe zu prüfen. Dann hockte er sich neben Rigoberto und trennte ihm die Ohren ab, präzise wie ein Fleischer, der Fleisch filiert. »Scheiße, sieh dir das an«, sagte er und hielt Rigobertos halbes Ohr in die Höhe. »Irgendein Arschloch hat ihn verstümmelt.« Dann steckte er die Ohren in seine Tasche.
    »Mein Gott«, sagte ich angewidert.
    Er kam zu mir herüber, die personifizierte Niedertracht. »Hast du ein kleines problema?«, fragte er. »Du bist absolut nicht in der Position, hier mit irgendwas ein Problem zu haben, Kumpel. Die Ohren hier, die sind so eine Art Trophäe. Dieser pendejo ist Nummer sieben. Sieben ist meine Glückszahl. Glaubst du an Glück?« Er drehte sich um, lachte in sich hinein, erwartete nicht wirklich eine Antwort.
    »Ich glaube an beides«, sagte ich. »Glück und Unglück.«
    Der Boss des pochos kam mit einem Bolzenschneider zurück und durchtrennte die Ketten. Soweit ich es beurteilen konnte, hatten sich meine Chancen nicht verbessert, dennoch bedankte ich mich bei ihm.
    Er bot mir eine Zigarette an. Ich hatte das Rauchen während meiner Armeezeit aufgegeben, wollte aber kein neues Unglück heraufbeschwören, indem ich ihn vor

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