Kaputt in El Paso
Aus irgendeinem albernen Grund hatte mich seine Freundlichkeit zuversichtlich gestimmt, was meine Chancen, hier lebend herauszukommen, betraf. Er zuckte wieder mit den Achseln, ein mir vertrautes mexikanisches Achselzucken, das Bände sprach. Es war Ausdruck des tief verwurzelten Fatalismus der mexikanischen Seele. Ich musste an Güero denken. Die Zukunft ist in Stein gemeißelt. Warum sich also einen Kopf darum machen. Nichts drückte das besser aus als dieses mexikanische Achselzucken.
»Geschäft ist Geschäft«, sagte Rigoberto. »Manchmal macht man Sachen für el jefe, über die man nicht mal glücklich wäre, würde man sie auf eigene Rechnung machen. Aber so läuft das nun mal, auch in deinem Land. Lo siento, ése. Ich hoffe, du wirst nicht schlecht von mir denken. Wenn du Jesus triffst, sag ihm, dass Rigoberto Acosta Nuñez kein pendejo ist. Wenn ich dich erschieße, werde ich dafür sorgen, dass die Kugel in dein Herz eindringt. Es sei denn, du willst sie in los sesos.« Er tippte sich an die Stirn. »Du weißt schon – das Gehirn. Aber davor bringe ich dir höchstpersönlich ein großes Steak zum Abendessen. Willst du es rot in der Mitte oder durchgebraten? Mit Pilzen obendrauf? Cebollas?«
Ich zuckte mit den Achseln. Es war kein mexikanisches Achselzucken. Es war ein rein amerikanisches Ich-binim-Arsch-Achselzucken. Essen war das Allerletzte, wonach mir jetzt der Sinn stand.
»Und Tequila«, sagte er. »Du kannst Tequila haben. Ein chingón Liter!« Er grinste sein gutmütiges Grinsen. Es war schwer, ihn nicht zu mögen.
Er spielte einen Full House aus, gewann mit Königen gegen Siebenen und räumte alle Streichhölzer ab, die in der Mitte des Tisches lagen. »Ai, dios, vergib mir, ich bin ein hombre rico«, sagte er und lächelte, diesmal jedoch verhaltener.
Irgendwann wandte er sich zum Fenster und lauschte. »Un camión«, sagte er. »Un trogue, vielleicht mehr. Große Fords. Sí, Fords. Ford troques. Große Wagen.«
Ich lauschte ebenfalls, hörte aber nichts. Doch einen Augenblick später vernahm ich es auch – das weit entfernte traurige Ächzen eines Getriebes in niedriger Drehzahl. Das Ächzen wurde lauter, die Tonlage höher. Die Männer draußen schrien sich Anweisungen zu. Einer von ihnen feuerte eine Salve aus seiner Waffe ab, andere folgten seinem Beispiel. Dann sah ich die offenen Lastwagen. Ungefähr ein Dutzend Männer mit Sturmhauben und in Tarnkleidung sprangen von den Ladeflächen. Das hatte ich alles schon in unzähligen Filmen gesehen. Anscheinend hatten diese Typen dieselben Filme gesehen.
Ich sah das Mündungsfeuer ihrer Waffen. Es waren Automatikwaffen. Lautlos hinterließ eines ihrer Geschosse ein sauberes Loch im Fenster und ließ den Putz rieseln, als es in die gegenüberliegende Wand eindrang.
»Mach mich von diesen verdammten Ketten los, Rigo!«, rief ich. »So will ich nicht sterben, angekettet an eine Wand!«
»No es posible, Mann«, sagte er mit sichtlichem Bedauern. »Señorita Howler, la manflora, sie hat den Schlüssel.«
Ich warf meine Karten auf den Tisch. »Na dann bis später!« Mit diesen Worten robbte ich zurück zu meinem Matratzenlager und drückte mich dicht an die Wand, machte mich dabei so klein wie möglich. Rigoberto schnappte sich sein Gewehr und zerschlug mit dem Lauf die Fensterscheibe. Innerhalb weniger Sekunden hatte er sein Magazin geleert. Draußen schrie jemand: »¡Cada chango a su mecate y a darse vuelo!« – ab jetzt musste jeder Mann allein klarkommen.
Der Schusswechsel dauerte nicht lange. Die Angreifer hatten mehr Feuerkraft und waren zahlenmäßig überlegen. Die Schießerei ebbte ab. Irgendjemand schrie handfeste Gemeinheiten. Rigoberto schrie ähnliche Gemeinheiten zurück. Dann trat einer die Tür ein. Er zielte mit einer AK-47 auf Rigoberto und befahl ihn auf die Knie, die Hände am Hinterkopf. Er trug eine Baseballkappe der Dodgers.
Rigoberto lächelte höhnisch und blieb stehen. »Chinga tu madre pocho«, sagte er.
Der Mann erwiderte die Beleidigung, zielte auf Rigobertos Unterleib und drückte ab. Rigoberto ging zu Boden, die Zähne zusammengebissen, ohne zu schreien, lediglich mit einem Knurren.
Der Mann feuerte noch einmal, diesmal hatte er die untere Bauchdecke ins Visier genommen. Er ließ es dabei bewenden, schulterte die Kalaschnikow und nahm die Sturmhaube ab. Er war ziemlich jung, nicht älter als zwanzig, und sein glattes, braunes Gesicht glänzte vor Schweiß. Das Töten hatte ihn stimuliert, doch er hatte sein
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