Kaputt in El Paso
alles daransetzen, meinen gegenwärtigen Standard halten zu können, nicht abzurutschen und am Ende auf der Straße zu stehen.
Meine Faust landete auf dem Tisch, ließ den Becher erzittern und den Inhalt überschwappen. »Leck mich am Arsch!«, schrie ich, als stünde der Schuldige vor mir, der, der für meine missliche Lage verantwortlich war. Vielleicht war es Gert, die mich wegen eines Rennfahrers verlassen hatte. Vielleicht war es Jillian – Jillian, die in mir wieder den Gedanken an eine Beziehung zu einer Frau wachgerufen hatte. Oder el jefe und seine maskuline Leibwächterin Clara Howler. Vielleicht waren es die Farnsworths, die mich überhaupt erst in diesen Schlamassel hineingezogen hatten. Es waren viele, auf die ich mit dem Finger zeigen konnte, doch am Ende fiel alles auf mich selbst zurück: Ich hatte mir mein Leben ohne ersichtlichen Grund versaut.
Vielleicht war es auch eine Frage der Genetik – meine leiblichen Eltern waren Träger des Verlierergens, das die Genforschung schon bald entdecken würde. Vielleicht waren es Sam und Maggie, war es ihre Art, uns zu selbstkritischen Menschen zu erziehen, die sich ihrer Fehler bewusst waren. Vielleicht war ich mir meiner Fehler zu bewusst. Aber was war dann mit Jesaja, Zipporah oder Zacharias? Angeboren oder anerzogen? Es war eine Art Lotterie, bei der die Hauptgewinne Jesaja, Zack und Zip die Nieten Moses und Uriah ausglichen.
Ich zog mir ein Sweatshirt über und brachte die Klamotten der Toten zusammen mit dem anderen Müll hinunter zum Müllcontainer. Auf dem Parkplatz wartete abermals eine Überraschung auf mich: mein Auto. Es stand nicht auf meinem Platz, aber es war zumindest da. Jemand hatte es sogar waschen lassen. Es war nicht abgeschlossen, die Schlüssel steckten im Zündschloss. Jillian oder einer ihrer Freunde hatte nicht gewollt, dass auf ihrem Grundstück das Auto eines Toten stand. Durchaus vernünftig. Sie waren vorsichtig, obwohl die Chance, als Leiche auf dem Friedhof der narcotraficantes entdeckt zu werden, eher gering war.
Es gab zwei weitere Überraschungen. Jillians Schecks waren verschwunden, Forbes’ billige .32er war ebenfalls weg. In diese Apartments einzubrechen ist nicht schwer. Ich hatte mir also was einfallen lassen müssen, um diese wichtigen Dinge vor den Fingern gewöhnlicher Diebe zu schützen. Die Schecks hatte ich ins Gefrierfach meines Kühlschranks gelegt, unter die Eiswürfelschalen. Sie waren nicht mehr dort. Auch Forbes’ Taschenrevolver, der in dem lichtundurchlässigen Gefrierbeutel wie ein kleines Steak ausgesehen hatte, war verschwunden.
Die Schnüffler hätten mit den Schecks nichts anzufangen gewusst, außer sie vielleicht als Klopapier zu benutzen. Aus ihrer Sicht hätte es eine Art grandios ausgetüftelter Vergeltungsmaßnahme sein können, sich mit Schecks den Arsch zu wischen, die sie nicht zu Bargeld machen konnten. Und normalerweise benutzen Schnüffler auch keine Waffen. Ihre Drogen sind zu billig, kann man sie zu locker aus den Regalen der Supermärkte holen, dafür lohnt kein bewaffneter Raubüberfall. Schnüffler leben auf der Straße und versorgen sich bei der Heilsarmee mit Essen, sofern die Lösemittel ihren Appetit nicht völlig abgetötet haben. Eine Waffe ist für einen Schnüffler eher eine Bürde. Die Cops lassen sie meist gewähren, aber der Besitz einer Waffe könnte sie für ein paar Monate in den Bau bringen. Kein Klebstoff, kein Verdünner, kein Fleckentferner. All das und die Tatsache, dass Schnüffler nicht mehr über genügend Hirnzellen verfügen, um Dinge in ausgeklügelten Verstecken – in einem Kühlschrank, zum Beispiel – zu finden, ließ mich den Einbruch noch mal überdenken.
Wer auch immer hier eingedrungen war, er wollte die Waffe und die Schecks. Zuerst hatte er die nahe liegenden Verstecke durchforstet, dann seine wütende Suche fortgesetzt, wie der Wachhund eines Schrottplatzes, den man auf den Abfallcontainer eines Steakhauses losgelassen hatte.
Forbes.
Forbes hatte die Schecks und seine Waffe mitgenommen. Das erklärte auch die Attacke auf Arnold und die Blonde um seinen Hals: Forbes war ein Fettsack, der den Gedanken an körperliche Perfektion und sexuellen Erfolg nicht ertragen konnte. Das Bild hatte ihm gestunken und die damit verbundene Erinnerung stank ihm vermutlich noch immer.
Die Schecks waren das Einzige, was mich mit den Rensellers in Verbindung bringen konnte. Die Waffe, die auf Forbes’ Namen registriert war, stellte die Verbindung zwischen mir
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