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Kaputt in El Paso

Kaputt in El Paso

Titel: Kaputt in El Paso Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rick DeMarinis , Frank Nowatzki , Angelika Müller
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schwarze Hosen, eine weiße Seidenbluse, schwarze Wildlederstiefel mit hohen Absätzen und sie hielt ihm einen Vortrag über vorbildliche Christen, die Bedeutung von Anstand und die Früchte harter Arbeit. Dann beschimpfte sie ihn, Gottes Namen für die Aufrechterhaltung seines verkommenen Daseins zu missbrauchen. Der Bettler nahm eine defensive Körperhaltung ein, verschränkte die Arme vor der Brust. Er bewegte den zotteligen Kopf hin und her und hoffte auf Rettung, doch die Frau war gnadenlos, voller Leidenschaft. Ohne Furcht setzte sie sich vor ihm auf ihr exklusives Hinterteil und belehrte ihn darüber, was Jesus von einem amerikanischen Mann erwarte. Am Ende gab der Bettler klein bei, ließ den Kopf auf die Brust sinken, als habe er verstanden, dass Unterwürfigkeit das einzige Rezept war, sie loszuwerden. Die Frau nahm seine Hände und begann zu beten. Sie forderte ihn auf mitzubeten. »Jesus, dieser unreine Mann tritt vor dich hin … « Im Anschluss an diesen Prolog ging es noch eine volle Minute weiter.
    Sie beteten gemeinsam, wobei der Bettler nur unverständlich vor sich hin murmelte, während sich die Stimme der Frau furios, einer Fanfare gleich Richtung Dachtraufe des Ladens erhob. Dann stand die Frau auf und marschierte in den Laden, jedes Klacken ihrer Absätze auf dem Beton ein Ausruf.
    »Bist du okay?«, fragte ich den Penner.
    »Nicht mal lausige fünf Cent hatte die Schlampe übrig«, sagte er. »Trägt Nuttenstiefel, aber betet zu Jesus, das muss man sich mal vorstellen.«
    »Das sind die Zeichen der Zeit, Amigo«, sagte ich.
    Ich gab ihm das Geld, das ich gesammelt hatte. »Das gehört dir«, sagte ich. »Hab’s in deinem Revier gemacht.«
    »Hey, danke, Mann.« Er holte eine Flasche Mad Dog aus einer seiner Tüten und bot mir einen Schluck an. Ich lehnte ab.
    »Bist du sicher? Du siehst aus, als könntest du was vertragen, Bruder. Ich hab auch noch ’nen Joint, wenn du willst.«
    »Nein. Mir geht’s gut.« Es war notwendig für mich, diese Worte auszusprechen, um mir bewusst zu werden, dass es eine Lüge war.
    Ich fühlte mich schwach, mir war schlecht, und es schien, als sei ich nicht in der Lage, mich vom Geruch des Todes zu befreien.

Neunzehn
    Die Tür zu meinem Apartment stand offen. Alles war verwüstet – Schubladen waren über das gesamte Zimmer verteilt, ihr Inhalt lag auf dem Boden. Das Bett war umgestürzt, das Bettzeug ein verknoteter Haufen. Selbst den Teppichboden hatte man an den Scheuerleisten hochgerissen. Die Küchenschränke waren offen, die Regale lagen am Boden; auf dem Küchentresen jede Menge Glasscherben, die Spüle voller Lebensmittel, zerbrochener Flaschen, Vitaminpillen und Küchenschaben, groß wie Mäuse.
    Auf dem Boden dann mein Bild von Arnold, der Rahmen hinüber, das Foto in zwei Hälften. Die Rache der Schnüffler, schoss es mir durch den Kopf. Ich gab meinen Senf zu dem Chaos dazu und warf eine Bratpfanne gegen die Wand, stellte mir vor, wie sie gegen den Schädel eines Schnüfflers prallte. Merkwürdig nur, dass sie weder den Fernseher noch den Videorecorder angefasst hatten. Un milagro.
    Ich musste hier weg. Es spielt keine Rolle, wie bescheiden ein Zuhause ist, ein Zuhause ist ein Zuhause und alles, was man hat. Ich gelobte mir, dass dieser Einbruch der letzte gewesen sein sollte. Mein Schlüsselbund hing immer noch in der Nische für den Sicherungskasten, ganz hinten, an einem Haken. Wenigstens hatten sie das nicht gefunden, sonst hätten alle Schlösser im Gebäude ausgetauscht werden müssen. Ich bemühte mich, für diese kleinen Wunder so etwas wie Dankbarkeit aufzubringen. Meine Kleidung war unangetastet, also schnappte ich mir Sweatshirt, Hose, Socken und Trainingsschuhe.
    Ich ging ins Badezimmer und öffnete den Arzneischrank. Noch eine Überraschung: alles unversehrt. Nicht dass hier Dinge standen, die für einen Schnüffler von Bedeutung gewesen wären – lediglich alte Kosmetika, die Gert zurückgelassen hatte. In dem Glauben, sie komme zurück und wolle sie wieder benutzen, hatte ich die rosa- und beigefarbenen Tuben und Tiegel aufgehoben, selbst als bereits klar war, dass Gerts Abwesenheit von Dauer sein würde. Ab und an war ich versucht gewesen, alles in die Tonne zu werfen, nur der Widerwille, mich so näher damit befassen zu müssen, hatte mich davon abgehalten. Reine Sentimentalität, schätze ich. Oder vielleicht Einsamkeit. Keinesfalls Hoffnung. Hoffnung hält sich nicht lange. Wie Kaffee vom Vortag hinterlässt sie einen bitteren,

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