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Kaputt in El Paso

Kaputt in El Paso

Titel: Kaputt in El Paso Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rick DeMarinis , Frank Nowatzki , Angelika Müller
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als könne er so dem Schmerz ausweichen. »Das hat nichts mit Philosophie zu tun. Es ist lediglich eine Beschreibung der Realität.«
    Ihm war völlig ernst damit. Seine Brauen runzelten sich unter der Last der Erkenntnis. Es war beinahe komisch. Vielleicht war die Welt auf dem besten Wege, ein bösartiger Cartoon zu werden, und Männer wie Trebeaux waren die tonangebenden Zeichner.
    »Gott schütze den Regenmacher«, sagte ich und dachte an den kläglichen, alten Clive Renseller, der Monas festem Hinterteil erwartungsvoll sein Gesicht zuwandte.
    »Der Regenmacher, unser verbeultes Aushängeschild«, spottete Trebeaux. »Ein Witz unter Eingeweihten. Renseller war nur eine Galionsfigur. Der Bank gefiel sein Aussehen, sein öffentliches Auftreten. Er war ein gemeinschaftlich erschaffenes Kunstwerk. Für eine gewisse Zeit war sein Image sehr nützlich. Wenn es hier überhaupt einen Regenmacher gibt, dann bin ich das. Ich hab sauberes Geld rangeschafft, hab mich bei den sauberen Ärschen eingeschleimt und unbefriedigte Ehefrauen befriedigt. Clive hat die Lorbeeren geerntet, doch die Wahrheit ist, dass er nicht mal Schmeißfliegen für Hundescheiße hätte interessieren können. Er sah aus wie Gott, aber er war ein ganz kleines Licht.«
    »Demnach war Renseller auch entbehrlich.«
    »Natürlich war er das. Ab einem gewissen Punkt sind wir das alle. Solange sein Ruf untadelig war, war Clive wertvoll für uns. Sie dagegen sind für niemanden wertvoll.«
    Ich musste meinen Marktwert erhöhen. Trebeaux den Arm zu brechen und Clara kampfunfähig zu machen reichte offenbar nicht aus. Ich zog die Pistole aus meinem Jackett. »Wollen mal sehen, wie entbehrlich Sie sind, Lenny«, sagte ich.
    »Warten Sie«, rief er und hob den gesunden Arm. »Das kann sich alles noch zu Ihrem Vorteil entwickeln. Wir könnten etwas aushandeln. Sie machen wirklich gute Figur in diesem Anzug. Vielleicht findet sich ja was für Sie in der Bank. Fernando hat Geld im Überfluss, ganze Lastwagenladungen rollen hier an. Er ist ein Broker, Walkinghorse, wenn Sie verstehen, was ich meine.«
    Das tat ich nicht und ich hatte nicht vor, nachzufragen. Es interessierte mich einfach nicht.
    Ich dachte an Jillian, dachte daran, dass Trebeaux sie gefickt hatte. Ich dachte an Gert, die von Trey Stovekiss schwanger war. Ich dachte an König David, der es mit Bathseba getrieben und anschließend Uria, seinen besten Krieger, in den Tod geschickt hatte, um sie für sich zu haben. Ich dachte an Rigoberto, der für Leute gestorben war, die ihn nicht mal gekannt hatten und nicht hatten kennen wollen. Ich dachte an seine Ohren und an das Messer des pochos. Ich dachte an die Kugel, die bewiesen hatte, wie entbehrlich Rigoberto gewesen war.
    Diese Gedanken erzeugten in mir brodelnde, unkontrollierbare Wut – der schlummernde Vulkan, von dem Güero gesprochen hatte.
    Trebeaux fing an zu quäken: »Walkinghorse, bitte, in Gottes Namen, beruhigen Sie sich. Denken Sie an Ihre Zukunft. Wir finden eine Einigung, so dass Sie sich um Geld nie mehr zu sorgen brauchen. Glauben Sie mir, nichts von dem, was Ihnen zugestoßen ist, war meine Idee!«
    »Richtig. Es war die Idee der Bank. Sie sind nur ein entbehrliches Zähnchen in dem großen, grünen Zahnrad.« Ich steckte die Pistole zurück in mein Jackett. Dann zog ich den Gürtel aus Trebeaux’ Anzughose, band ihn um seine Knöchel und zurrte ihn fest. Schließlich trug ich Trebeaux hinaus auf die Dachterrasse. Das Geländer war aus Schmiedeeisen, in regelmäßigen Abständen unterbrochen von Pfählen in Form einer Speerspitze. Ich befestigte den Gürtel an einer dieser Speerspitzen und ließ Trebeaux fallen. An den Knöcheln aufgeknüpft, hing er kopfüber ungefähr hundert Meter über einer belebten Straße. Es war windig an diesem Tag und die schrill-spitzen Töne, die Trebeaux von sich gab, vermischten sich mit dem Heulen des Windes und dem Lärm des Straßenverkehrs.
    »Clara sollte sich in wenigen Minuten befreit haben, Lenny. Dann werden Sie erfahren, ob Clara Sie für entbehrlich hält oder nicht.« Ich hatte Clara dabei im Blick. Sie machte einen entspannten, beinahe amüsierten Eindruck. Ebenso gut hätte sie auch zum Nachmittagstee eingeladen sein können.
    »Mann, Walkinghorse«, sagte sie, »du hast den Tagesablauf von J.P. Morgan durcheinander gebracht. Jetzt kann er gar nicht seine Motivationsrede vor der Helmstrom Group halten, einer der größten Geldwaschanlagen auf dem Kontinent. Nächste Woche ist der erste

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