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Kaputt in El Paso

Kaputt in El Paso

Titel: Kaputt in El Paso Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rick DeMarinis , Frank Nowatzki , Angelika Müller
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gepackt haben. Wir fangen so schnell wie möglich mit den Bestrahlungen an.«
    Maggie fuhr sich mit einem Papiertaschentuch über die Augen. »Doktor«, fragte sie, »kann ein so großer Tumor der Grund dafür sein, dass jemand das Jenseits sieht?«
    »Bitte?«, fragte Doktor Sandy. Er lächelte dünn und sah uns der Reihe nach an, unsicher, ob die Frage als Scherz aufzufassen sei.
    »Sam hat halluziniert«, erklärte Zipporah. »Er dachte, er hätte Jesus gesehen.«
    »Das Gehirn ist noch immer ein Mysterium«, erwiderte Doktor Sandy. »Man kann es mit einem sensiblen Musikinstrument vergleichen. Ist es verstimmt, kann man damit Töne erzeugen, die bisher niemand zuvor gehört hat.« Er lächelte über seinen etwas weit hergeholten Vergleich. Seine langen Zähne waren dunkel an den Rändern. Er sah auf die Uhr und fing wieder an zu summen. Sam wandte den Kopf, um den Arzt anzusehen.
    »Sie haben ihn mir vertrieben«, sagte er.
    Bill Sandy lächelte düster und sagte: »Alles ist möglich, Grandpa.«

Fünfundzwanzig
    Ich fuhr Zack zurück in sein Hotel. An der Bar nahmen wir noch einen Drink. Dann tauchte der Rest der Familie Walkinghorse auf. Zack hatte zuvor im Restaurant des Westin einen Tisch für fünf Personen bestellt. Es war immerhin ein Familientreffen, das erste Mal seit zehn Jahren, dass wir wieder alle beisammen waren, alle außer Moses und Sam.
    Am Tisch erhob Zack sein Weinglas und sagte: »Auf unsere kleine Regenbogenfamilie«, und brachte damit alle zum Lachen. Selbst Maggie lächelte. So wie sich der Rest ihres Lebens zu entwickeln schien, würde es nicht mehr viel Anlass zum Lachen geben. Zack, der bemerkt hatte, dass ihr Lächeln nur mit heldenhafter Anstrengung zustande gekommen war, legte den Arm um sie. »Alles wird gut, Ma«, sagte er.
    Auch ich erhob mein Glas. »Auf dass alles gut wird«, sagte ich, »und auf die Großzügigkeit derer, die dabei helfen, dass alles wieder gut wird.« Ich hatte schon einen unterm Pony und Jesaja strafte mich mit einem strengen Blick ab, während Zipporah mir gegen den Knöchel trat. »Was denn? Was hab ich denn gesagt?«, fragte ich, schluckte den Rest des Weins hinunter und goss mir ein neues Glas ein.
    »Jetzt ist nicht der Zeitpunkt, deiner Verbitterung Luft zu machen«, sagte Zipporah.
    »Verbitterung? Ich bin nicht verbittert. Mir geht’s gut. Mein Leben läuft prima. Ich habe einen anderen Weg eingeschlagen, habe ich das nicht erzählt?«
    »Halt den Mund«, sagte Jesaja.
    Unser Essen kam. Flambiertes Steak Diana für alle, auf Zacks Hotelrechnung. Jesaja sprach das Tischgebet so wie Sam all die Jahre, als wir noch zusammen in dem Haus in der East San Pablo Street gewohnt hatten. Wir fassten uns bei den Händen und Jesaja sprach mit seiner sonoren Stimme: »Herr, hilf uns, dieser Großzügigkeit wert zu sein.« Dann fügte er hinzu: »Und wir danken dir, oh Herr, für die sichere Heimkehr unseres geliebten Bruders Zacharias.«
    Ein paar Yuppies am Nachbartisch starrten uns an, als wären wir Dinosaurier. Kaum einer spricht noch Tischgebete, noch dazu mit lauter, unbefangener Stimme, und in einem Restaurant, das die Elite der Stadt bewirtet, schon gar nicht. Einige Yuppies setzten Mienen auf, als hätte Jesaja einen unverzeihlichen Fauxpas begangen.
    Während des Essens unterhielt uns Zack mit seinen Abenteuern aus dem Ausland und lenkte so von mir ab. Dafür war ich ihm dankbar. Mir ging es nicht um Anteilnahme oder Verständnis, aber die Margaritas und jetzt der Wein ließen mich alle Vorsicht über Bord werfen. Ich verspürte das Bedürfnis, meinen Brüdern und meiner Schwester mitzuteilen, was ich durchgemacht hatte, gleichzeitig war mir klar, dass ich es ihnen nicht erzählen konnte. Ich blieb allein mit meinen Problemen und daran würde sich nichts ändern.
    Mit aller Macht regte sich ein ganz mieses Gefühl in mir. Zack war der absolute Mittelpunkt, der Superstar unter den Walkinghorses, dessen Deals ganze Volkswirtschaften beeinflussten, und mit diesem Abendessen feierte man die Rückkehr des Helden. Die anderen waren völlig im Bann seiner Geschichten und ich war schlicht und ergreifend eifersüchtig. Zack war Mitte dreißig und konnte sich vermutlich mit vierzig aus dem Geschäftsleben zurückziehen. Ich hingegen konnte mit zweiundvierzig gerade mal einen verfallenden Körper vorweisen, eine drohende Gefängnisstrafe dank meiner Exfrau und Morddrohungen von Leuten, die mich für entbehrlich hielten. In gewisser Hinsicht war es die Geschichte

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