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Kaputt in El Paso

Kaputt in El Paso

Titel: Kaputt in El Paso Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rick DeMarinis , Frank Nowatzki , Angelika Müller
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Bedeutung. Zumindest nicht für mich.«
    Ich fragte mich, ob überhaupt etwas für Jillian Renseller von Bedeutung sei und wenn ja, was.
    »Du lügst«, sagte ich.
    Sie setzte sich im Bett auf. »Ich und lügen? Verdammt noch mal, nein! Es ist alles wahr, was ich erzählt habe.«
    »Bis auf das, was du nicht erzählt hast.«
    »Und was soll das sein, du Schlaumeier?«
    »Der wahre Grund, weshalb du die Polaroids an Know It All! geschickt hast. Es ergibt keinen Sinn, dass du dein Leben riskierst, um meins zu retten. Du liebst mich nicht. Selbst wenn, du hängst zu sehr am Leben. Hast du selbst gesagt.«
    Sie stieg aus dem Bett. »Ich wünschte, ich hätte was zu rauchen«, sagte sie und ging im Zimmer auf und ab. Das Licht der Morgendämmerung sickerte durch die geschlossenen Leinenvorhänge und gab dem gesamten Raum eine schmuddelige Note. In der Ferne erklang das melancholische Signal eines Güterzuges.
    »Du weißt nichts über mich«, sagte sie. »Ich könnte dich lieben, nicht wahr?«
    »Das glaube ich nicht, Jillian«, erwiderte ich sanft.
    »Ich will eine Freundin in Kalifornien besuchen. Warum kommst du nicht mit? Wir könnten eine wunderbare Zeit miteinander verbringen.«
    »Da gibt es ein Apartmenthaus, worum ich mich kümmern muss«, sagte ich.
    Ich stieg aus dem Bett und zog mich an. Ich küsste sie. Ein Abschiedskuss ohne Leidenschaft. »Ich fahre mit dem Greyhound in die Stadt zurück.«
    »Ich möchte, dass du mit mir nach Kalifornien kommst«, sagte sie. »Liebe ist doch keine überkommene Vorstellung, oder? Wenn zwei Menschen es wirklich wollen, dann kann es doch passieren, und du willst es doch auch, oder etwa nicht, Uri?«
    Sie sah fast verzweifelt aus, aber sie war zu hart, zu stolz, um sich über den Moment hinaus das Gefühl von Einsamkeit und Angst einzugestehen.

Neunundzwanzig
    Ich verschlief die gesamte Rückfahrt zur Stadt, eine zweistündige Reise durch die nördlichen Ausläufer der Chihuahua-Wüste. Als der Greyhound in die Busstation fuhr, platzte die schier aus allen Nähten – Scharen altgedienter Reisender, von denen die meisten auf mich den Eindruck machten, als befänden sie sich auf dem Weg zu einer Hinrichtung oder hätten gerade einer beigewohnt. Es war heiß und schwül, für die Monsun-Saison eigentlich noch zu früh, doch die feuchten Luftmassen aus dem Südpazifik waren die letzten Jahre immer früher eingetroffen. Die Wetterexperten machten el niño dafür verantwortlich, die globale Erderwärmung und die vulkanischen Aktivitäten der pazifischen Kontinentalplatte. Offensichtlich hatten sie keinen Durchblick, kleideten aber ihre Ratlosigkeit in Fachchinesisch, das jeder Erklärung Gewicht verlieh. Genauso gut hätten sie es Tlaloc, dem Regengott der Azteken, in die Schuhe schieben können.
    Ich ging in das Café der Busstation, um mir einen Kaffee zu holen. Gleich neben der Kasse stand ein Zeitungsständer, in dem die neusten Ausgaben von Know It All! und von ¡Sabelotodo!, dem spanischsprachigen Pendant, steckten. Ich nahm jeweils ein Exemplar und zog mich damit in eine Sitznische zurück. Jillians Polaroids hatten es auf die Titelseiten geschafft. Glücklicherweise war die Aufnahme unscharf und die Frage der Identifizierung so nur eine für Informierte. Ein Polaroid von einem Video, gedruckt auf Zeitungspapier, kann zwar keine Pulitzer-Qualität erreichen, dennoch war das Bild für Eingeweihte deutlich genug: Renseller auf den Knien, den weißen Hintern bemitleidenswert nach oben gereckt, das breite, gerötete Gesicht nach unten gerichtet, Monas Zeh im Mund. Dahinter schemenhaft eine Gestalt, die androhte, ihm mit einer Axt den Schädel zu spalten. Clives Erektion hatte man geschwärzt. Das Gesicht der Axt schwingenden Gestalt war nicht im Bild zu sehen. Die Bildüberschrift lautete:
    Handelt es sich hier um ein prominentes Mitglied der hiesigen Geschäftswelt?
    Das Boulevardmagazin hielt seinen sensationslüsternen Arsch bedeckt, indem es keine Namen preisgab. Aber mit dem Artikel auf der nächsten Seite, der einer Identifizierung gleichkam, war das auch gar nicht notwendig:
    Wie jetzt bekannt wurde, war ein namhafter, kürzlich verstorbener Banker Stammkunde der S/M-Clubs unserer anständigen Stadt. Von vielen als integer angesehen, führte diese Stütze der Gesellschaft ein heimliches Sexleben, das seinem Ansehen in den vielen städtischen und kirchlichen Organisationen, denen er verbunden war, sicherlich ernsthaft geschadet hätte. Er stand in einem freundschaftlichen

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