Kaputt in Hollywood. Stories.
Überall um mich herum wurden die Gläser geleert. Dann leistete sich der Zen-Meister ein kleines beknacktes Lächeln.
Wie eine christliche Hochzeitszeremonie ablief, wußte ich aus eigener trauriger Erfahrung. Und die Zen-Zeremonie war eigentlich ziemlich das gleiche, nur kam noch eine Portion Tinnef dazu. Irgendwann wurden drei kleine Räucherstäbchen angezündet. Zen hatte eine ganze Schachtel von den Dingern - zwei- oder dreihundert. Eins der Stäbchen wurde in die Mitte eines mit Sand gefüllten Kruges gesteckt. Das war das Zen~Stäbchen. Dann mußte Roy sein brennendes Räucherstäbchen rechts davon einstecken, und Hollis ihres links davon.
Aber irgendwas stimmte daran nicht ganz. Der Zen-Meister, mit seinem kleinen Lächeln im Gesicht, mußte sich vorbeugen und die Dinger auf gleiche Höhe bringen. Dann brachte er eine braune Perlenschnur zum Vorschein und überreichte sie Roy. »Jetzt?« fragte Roy.
Verdammt, dachte ich, Roy bereitet sich doch sonst auf alles vor, warum nicht auch auf seine Hochzeit? Zen langte nach vorn, legte Hollis' rechte Hand in Roy's linke und wickelte die Perlenschnur drum herum. »Willst du . . .« »Ich will . . .« (Das soll Zen sein?, dachte ich.)
»Und willst du, Hollis . . .« »Ich
will . . .«
Mittlerweile war irgendein Arschloch trotz Kerzenlicht damit beschäftigt, hunderte von Fotos zu knipsen. Das machte mich nervös. Hätte ja vom F. B. I. sein können. »Plick! Plick! Plick!«
Wir waren natürlich alle sauber. Aber es irritierte, weil es einfach leichtsinnig war.
Dann fielen mir im Kerzenschein die Ohren des Zen Meisters auf. Das Kerzenlicht schien durch sie hindurch, als seien sie aus hauchdünnem Klo papier. Der Zen-Meister hatte die durchsichtigsten Ohren, die ich je gesehen hatte. Das war es, was ihn heilig machte! Ich mußte diese Ohren haben! Für Geld, für meinen Kater oder für den Preis eines Gedächtnisschwunds. Oder für unters Kopfkissen. Natürlich wußte ich, daß hier die vielen Scotch and Water mit mir durchgingen, und all das Bier, aber gleichzeitig wußte ichs auch wieder nicht. Ich starrte die Ohren des ZenMeisters an. Inzwischen gabs weitere Worte:
». . . und du, Roy, gelobst du, keine Drogen zu nehmen während deiner Verbindung mit Hollis?« Danach schien eine peinliche Pause einzutreten. Schließlich sagte Roy, dem buchstäblich die Hände gebunden waren:
»Ich gelobe, daß ich keine . . .«
Endlich war es vorbei. Jedenfalls sah es so aus. Der ZenMeister erhob sich und lächelte wieder still in sich hinein. Ich legte Roy meine Hand auf die Schulter. »Gratuliere.« Dann beugte ich mich rüber und küßte Hollis auf ihre
sagenhaften Lippen.
Die anderen blieben einfach hocken. Eine Nation von Be kloppten.
Niemand regte sich. Die Kerzen flackerten wie verrückt. Ich ging zum Zen-Meister hin und schüttelte ihm die Hand. »Vielen Dank. War ne prima Zeremonie.« Er schien darüber sehr erfreut zu sein. Das half ein bißchen. Die Gangster waren zu stolz und zu dämlich, um einem Orientalen die Hand zu geben.
Jetzt, wo die Hochzeit gelaufen war, kam es mir plötzlich sehr kalt vor. Alle saßen rum und starrten einander an. Die menschliche Rasse würde mir immer Rätsel aufgeben. Irgendjemand mußte jetzt mal die Sau abgeben und für Unterhaltung sorgen. Also riß ich mir die grüne Krawatte ab und schmiß sie in die Luft:
»HEY! IHR ARSCHFICKER! HAT DENN KEINER VON EUCH HUNGER?!«
Ich latschte rü ber ans kalte Büffet und machte mich über den Käse her, die sauren Schweinsfüße, die Hühnerfotzen. Ein paar Gäste erhoben sich steifbeinig, kamen ran und stocherten in den Fressalien rum, da sie nichts anderes mit sich anzufangen wußten.
Na, wenigstens dazu konnte ich sie animieren. Ich drehte mich um und machte mich auf die Suche nach dem Scotch. Als ich mir in der Küche das Glas einschenkte, hörte ich den Zen-Meister sagen: »Ich muß mich jetzt verab schieden.«
»Ooooh, gehen Sie noch nicht . . .«,sagteeine alte brüchige weibliche Stimme mitten in der größten Gangsterversammlung seit drei Jahren. Und nichtmal die Alte klang so, als ob sie's ehrlich meinte. Was hatte ich hier eigentlich verloren?
Sobald ich hörte, wie der Zen-Meister die Haustür hinter sich zumachte, kippte ich das Wasserglas voll Scotch runter. Dann rannte ich raus, zwängte mich durch die schnatternden Kacker durch, fand die Haustür (was nicht einfach war), machte sie auf, hinter mir zu, und da war ich nun -knapp 15 Schritte hinter dem Mr. Zen. Er hatte noch 45 oder 50
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