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Karambolage

Karambolage

Titel: Karambolage Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hermann Bauer
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ums Geschäft kümmern.«
    Gerade als Leopold daranging, dieser Aufforderung nachzukommen, läutete sein Handy. Am anderen Ende der Leitung war eine geschäftige Dame vom Kinocenter Nord. Leopold lauschte ihren Ausführungen interessiert und suchte sich ein stilles Winkerl, um noch ein paar Fragen zu stellen. Am Ende des Gespräches wirkte er heiter und zufrieden. Er freute sich vor allem, dass er die Kinokarte, die so unscheinbar in einer Pfütze gelegen war, immer noch bei sich hatte.

     
    *
    Erwin Seidl wandte sich vom Fenster ab. Er hatte genug gesehen, seine gelblichen Augen waren müde. Das Leben draußen würde weitergehen, auch ohne dass er dabei zuschaute.

    »Sag, was tust du eigentlich die ganze Zeit?«, rief er ins Nebenzimmer, wo sein Sohn Eduard an einer Bierflasche nuckelte und irgendwelche Dinge auf seinem Computer abschoss.
    »Ich vertreibe mir die Zeit, genauso wie du.«
    »Ich habe geglaubt, du hast eine Arbeit.«
    Eduard stöhnte laut hörbar auf. »Wie oft soll ich dir noch s… sagen, dass dich das nichts angeht, Daddy?«
    »Solange du bei mir wohnst, geht es mich etwas an. Du erzählst mir immer weiß Gott etwas, wo du dich jetzt gerade abstrudelst und was für einen Superjob du bald haben wirst, und dann lungerst du nur hier zu Hause und in diversen Lokalen herum.«
    »Siehst du, d… darum werde ich darüber überhaupt nichts mehr reden.«
    Erwin Seidl ließ sich bleiern in seinen Lehnsessel fallen. Er spürte seine Gliedmaßen heute noch stärker als sonst. Mit zitternden Händen zündete er sich eine Zigarette an. »Gestern, als sich der Mann von der Polizei nach dir erkundigt hat, habe ich ihm gesagt, dass du beschäftigt bist. Schöne Blamage, wenn herauskommt, dass das nicht stimmt«, sagte er.
    »Das k… kann denen doch egal sein.«
    »Mir aber nicht.« Erwin Seidls Stimme wurde etwas lauter. »Du bemühst dich einfach viel zu wenig und wartest darauf, dass dir deine Zechkumpane einen Posten vermitteln. Es kann doch nicht so schwer sein, eine Arbeit zu finden. Es werden immer Leute gesucht: im Gastgewerbe, oder irgendwo in einem Lager …«
    »K… Kisten schleppen?«
    »Zum Beispiel. Sonst hättest du eben etwas Gescheites lernen müssen.«
    Funkstille. Aus dem Nebenzimmer klang das ratternde Geräusch des Computerspiels. Seidl blies Rauchwölkchen in die Luft und staubte seine Zigarette im Aschenbecher ab. Dann versuchte er es erneut: »Ich habe mein ganzes Leben lang schwer gearbeitet, solange ich konnte. Es wäre mir gar nicht eingefallen, so sinnlos in der Gegend herumzusitzen. Aber bitte, tu was du willst. Jeder ist seines Glückes Schmied. Früher hatte ich noch den Ehrgeiz, dir einen Posten zu verschaffen, heute hingegen …«
    »Das hast du schon einmal versucht, Daddy.« Man konnte Eduards sarkastisches Lachen aus dem Nebenzimmer hören. »Das einzige Resultat war, dass mich d… dein Freund Fellner, d… dieses Schwein, bloßgestellt hat. Aber jetzt kann er niemandem mehr etwas zuleide tun, Gott sei Dank!«
    »Hast du ihn umgebracht, Eduard?«
    Keine Antwort, nur immer dieselben elektronischen Geräusche.
    »Ob du ihn umgebracht hast, will ich wissen.«
    »Was soll diese Frage? Hast d… du mich gesehen?«
    »Ich weiß es nicht.«
    »Aber w… wenn ich es war, hättest d… du mich doch sehen müssen, Daddy«, kam es jetzt vorwurfsvoll aus dem Nebenzimmer.
    »Es war dunkel, und man konnte nur wenig erkennen. Aber die Gestalt kam auf unser Haus zugelaufen. Ich hatte sofort die unheilvolle Ahnung, dass du es sein könntest. Gut möglich, dass du dich im ersten Schock irgendwo verborgen hast, ehe du in die Wohnung gekommen bist, am Dachboden, im Keller, wer weiß. Und dann ist da noch deine Regenjacke. Sie war gestern tropfnass, obwohl du mir und dem Herrn von der Polizei erzählt hast, dass du das Ende des Unwetters bei ›Jimmy’s‹ abgewartet hast. Ich möchte wissen, warum.«

    Wieder Funkstille. Erwin Seidl erhielt von seinem Sohn keine Antwort. Er versuchte sich vorzustellen, wie Eduard in heldenhafter Pose seinen Erzfeind, den Unhold Fellner, am Abend zuvor auf die Straße gestoßen hatte. Er hatte ihm dabei fest in die Augen geblickt und ohne zu stottern die letzten Worte mit auf den Weg gegeben. Dann war er, einem ersten Impuls folgend, auf das eigene Haus zugerannt, hatte sich versteckt. Warum war er nicht gleich hinauf in die Wohnung gekommen? Wahrscheinlich hatte er Angst vor ihm, seinem Vater, gehabt: dass er ihm in seiner Aufregung alles gestehen würde, dass

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