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Kardinal vor La Rochelle

Kardinal vor La Rochelle

Titel: Kardinal vor La Rochelle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R Merle
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Rochelle war in hohem Maße die Frucht seiner Arbeit, seiner Klugheit
     und seiner Beharrlichkeit. Was Ludwig anging, so hatte er, auch wenn er einen Moment schwach geworden war und das Lager verlassen
     hatte, um sich einige Wochen in Paris zu erholen, seinen Minister nichtsdestoweniger von fern wie von nah mit eherner Festigkeit
     unterstützt. Aber auch mit einer Zuneigung, die seit der Belagerung von La Rochelle so fest in seinem Herzen ruhte, daß spätere
     Kabalen sie nie erschüttern konnten.
    »Herzog«, sagte Richelieu, »beliebt Charpentier aufzusuchen. Er wird Euch das Wann und Wie der Mission mitteilen, die Ihr
     übernommen habt.«
    Übernommen? dachte ich. Ich hatte nichts dergleichen getan, aber ich sagte keinen Ton, weil ich wußte, Richelieu scherzte
     gern mit denen, die er liebte.
    »Monseigneur«, sagte Charpentier, als ich zu ihm kam, »Lord Montagu wird morgen um zehn Uhr das Schiff Lord |318| Lindseys verlassen, eine Schaluppe besteigen und zum Admiralsschiff der französischen Flotte übersetzen, wo ihn am Fallreep
     Kommandeur von Valençay begrüßen wird. Um halb elf Uhr wird er in Chef de Baie an Land gehen, und zu dieser Zeit, so wünscht
     der Herr Kardinal, sollt Ihr ihn auf französischem Boden willkommen heißen. Seine Eminenz erwartet, daß Ihr mit ihm sodann
     den Deich besichtigt, den berühmten und beeindruckenden Deich, denn diese Besichtigung wird in den Verhandlungen wohlverstanden
     einen entscheidenden Trumpf darstellen. Hierauf, meint Seine Eminenz, führt Ihr ihn zum Essen nach Brézolles. Am Nachmittag
     ladet Ihr ihn zu einer großen Militärparade ein, wo unter dem Kommando des Königs fünftausend Fußsoldaten und Berittene in
     sicherlich tadelloser Ordnung aufmarschieren werden. Nach dem Defilee besichtigt Ihr mit ihm zwei oder drei bestens besetzte
     Forts, die Marschall von Bassompierre Euch nennen wird. Nach dieser äußerst instruktiven Visite führt Ihr ihn wieder nach
     Brézolles, wo Ihr ihm, wie Seine Eminenz meint, gute Tafel und gutes Quartier bieten mögt. Am nächsten Tag um zehn Uhr morgens
     bringt Ihr ihn zum König, und weil Lord Montagu kein Französisch spricht, sollt Ihr, nach dem Wunsch des Herrn Kardinals,
     bei dem Gespräch mit Seiner Majestät als Dolmetsch dienen. Damit, Monseigneur, endet Eure Mission.«
    Hierauf übergab mir Charpentier ein Papier, auf dem dies alles auch verzeichnet war. Da er aber zu zögern schien, fragte ich,
     ob er noch etwas hinzufügen wolle.
    »In der Tat, Monseigneur, weil es sich aber um einen Punkt der Etikette handelt, weiß ich nicht, ob ich so vermessen sein
     darf, ihn Euch zu erläutern. Ihr könntet es übel aufnehmen.«
    »Ich werde es ganz und gar nicht übel aufnehmen, im Gegenteil«, sagte ich. »Gegenwärtig ist mir noch wenig klar, wie es damit
     steht.«
    »Monseigneur, Ihr werdet bemerkt haben, daß es im Kabinett Seiner Eminenz drei verschiedene Sitze für Besucher gibt: Einen
     Lehnstuhl, einen Stuhl und einen Schemel. Nun habe ich beobachtet, daß Ihr vorhin auf dem Schemel Platz nahmt.«
    »Und das sollte ich nicht?«
    »Nein, Monseigneur, mit allem Respekt, das solltet Ihr nicht. Bei Seiner Eminenz habt Ihr als Herzog und Pair wie die Marschälle
     von Frankreich das Anrecht auf den Lehnstuhl.«
    |319| »Meinen besten Dank, Monsieur Charpentier«, sagte ich voll Wärme, denn es erheiterte und rührte mich, wie angelegen er es
     sich sein ließ, mich über meine neuen Vorrechte aufzuklären.
    Wieder im Sattel, mußte ich plötzlich lauthals lachen bei dem Gedanken, daß ein herzoglicher Hintern größere Rücksichten beanspruchen
     durfte als ein gräflicher. Ach, die lieben Eitelkeiten!
    ***
    Zurück im Quartier, war es meine erste Sorge, an meinen Vater, meine Brüder, meine Mutter und an Madame de Brézolles zu schreiben.
     Dieser letzte Brief bereitete mir die meiste Mühe. Aus den genannten Gründen sollte er von »mustergültiger Bescheidenheit«
     sein. Wie aber diese Bescheidenheit so dosieren, daß sie weder übertrieben noch künstlich wirkte? Zwei oder drei Entwürfe
     zerriß ich, sie klangen in meinen Ohren falsch. Zu guter Letzt schrieb ich meiner Schönen so, wie mir ums Herz war, nämlich
     daß es mich sehr glücklich mache, daß der König meine Grafschaft zum Herzog- und Pairtum erhoben hatte, daß ich mich aber
     sehr bemühen wolle, nicht aufgeblasen, hochnäsig und überheblich zu werden und mich damit unbeliebt zu machen bei meiner Umgebung,
     meinen Freunden und

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