Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Kardinal vor La Rochelle

Kardinal vor La Rochelle

Titel: Kardinal vor La Rochelle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R Merle
Vom Netzwerk:
Jahr 1558 Calais von den Engländern zurückeroberte, und mein Vater hatte unter Heinrich III. und dann
     unter Henri Quatre in verschiedenen gefährlichen geheimen Missionen gedient.
    Auf einmal fühlte ich mich tief bewegt bei dem Gedanken, daß der Abglanz meines Titels nun dauerhaft auch auf meinen Vater
     und meine Brüder fallen würde, und ich wünschte, die Post könnte fliegen, anstatt zu reiten, um ihnen die Nachricht so schnell
     wie möglich zu überbringen. Sowie ich in meinem Quartier einträfe, wollte ich ihnen schreiben. Vor allem aber Madame de Brézolles.
     Der Brief an sie, so nahm ich mir vor, sollte von mustergültiger Bescheidenheit sein, damit meine Schöne nicht glaube, mein
     Herzogtitel sei mir zu Kopf gestiegen und ich |316| maßte mir deshalb ein größeres Recht auf ihre Hand an. Andererseits wollte ich mich aber auch nicht blind stellen und mir
     nicht eingestehen, wie es sie entzücken würde, Herzogin zu werden, und vor allem, welche unerhörten Vorteile ihrem Sohn, auch
     wenn es bei uns die Adoption nicht gab wie im alten Rom, schon in der Morgenröte seines Lebens daraus erwachsen würden.
    »Monsieur d’Orbieu, setzt Euch«, sagte der Kardinal, sowie Charpentier mich hereingeführt hatte. »Nun seid Ihr Herzog und
     Pair! Eine wirklich verdiente Belohnung! (Vielleicht spielte er auf den seligen Luynes an, der seinen märchenhaften Aufstieg
     einzig den Annehmlichkeiten seiner Person verdankt hatte.) Herzog, sagt mir ganz unverhohlen: Glaubtet Ihr nicht, Ludwig habe
     vergessen, was er Euch vor Jahresfrist, nach der Befreiung der Insel Ré, versprochen hatte?«
    »Eminenz, nicht daß ich es glaubte, aber ich fürchtete …«
    »Zu unrecht, wie Ihr seht! Ludwig vergißt nie etwas, nicht das Böse, nicht das Gute. Nur schiebt er die Wirkungen seines Zorns
     oder seiner Zufriedenheit gerne hinaus. Die Bösewichter läßt er so lange auf den Schlag warten, daß sie am Tag vor ihrer Festnahme
     schon glauben, es sei ihnen verziehen worden (diesmal war es eine deutliche Anspielung auf die Vendôme-Brüder.) Was Euch betrifft,
     so hat er Euch so lange hingehalten, um die rechte Gelegenheit für Eure Erhöhung abzuwarten, und diese Gelegenheit bot ihm
     die Ankunft der drei Herzöge, die sich bislang in den Wonnen des Salonlebens abseits hielten. Und, alle Achtung, was für ein
     gelungener Treffer! Wie ich gewünscht hätte dabeizusein, als er den Arbeitern der elften Stunde befahl, den Arbeiter der ersten
     Stunde zu umarmen, und stillschweigend die Beschämung ersterer mit der Belohnung des zweiten verband. Doch nun zu unseren
     Angelegenheiten«, setzte Richelieu nach einem Schweigen hinzu. »Der Krieg ist gewonnen, jetzt heißt es den Frieden gewinnen.
     Seid Ihr bei Eurer Londoner Mission einem Lord Montagu begegnet?«
    »In der Tat, das bin ich, und zwar bei Lady Markby.«
    »Was haltet Ihr von ihm?«
    »Er ist ein gewandter Mann, geistvoll und den Franzosen ohne jeden Zweifel zugetan.«
    »Wußtet Ihr, daß wir ihn vor einem Jahr verhaftet hatten, als er durch Frankreich nach Lothringen reiste?«
    |317| »Es war mir bekannt, Eminenz, ich wußte aber nicht, warum.«
    »Wir verdächtigten ihn, er wolle Lothringen gegen uns aufwiegeln. Er wurde in der Bastille festgesetzt, und wir überprüften
     seine Papiere – die unseren Verdacht bestätigten. Trotzdem behandelten wir ihn mit aller Rücksicht und ließen ihn frei. Ludwig
     wollte in ihm lieber den Gesandten sehen als den Geheimagenten, der er zweifelsfrei auch war. Nun trifft es sich, daß Lord
     Lindsey uns diesen selben Lord Montagu schickt, um mit uns den Frieden auszuhandeln. Und da Ihr den Mann kennt und so gut
     englisch sprecht, sähen wir es gern, wenn Ihr ihm ein kluger und freundschaftlicher Mentor wäret, ihn so oft wie möglich auf
     Brézolles bewirten und ihm das Feldlager und den Deich zeigen würdet. Selbstverständlich wird der König ihn empfangen. Ich
     auch, aber wahrscheinlich nicht gleich: Der König wird ihm mit einiger Härte begegnen müssen, denn wir wissen, was er von
     uns will. Während ich«, fuhr er mit halbem Lächeln fort, »so viel Honig für ihn aufbieten werde, daß er den Stich des königlichen
     Verweises nicht mehr spürt. Deshalb empfehle ich auch Euch, Lord Montagu mit aller Zuvorkommenheit zu umgeben.«
    Noch nie hatte ich einen so aufgeräumten, so vertrauensvollen und so glücklichen Richelieu erlebt. Aber gewiß hatte er Grund,
     es zu sein. Der glänzende Erfolg der Belagerung von La

Weitere Kostenlose Bücher