Karibik all inclusive: Ein Mira-Valensky-Krimi
Heute trägt er allerdings Kakiuniform. Der Zweite ist der, der im Orange mit dem sehr jungen Mädchen im rosa Minirock geturtelt hat. Ich kann mich nicht mehr verdrücken und winke ihnen hoheitsvoll zu, will schnell an ihnen vorbei.
Aber die beiden bleiben stehen.
„Was machen Sie denn hier?“, fragt Netzleibchen wenig höflich.
„Ich gehe durch den Garten, ist das verboten?“
„Ich dachte, Sie haben eine Villa am Star Hill?“
Wenn ich ihm jetzt sage, dass ich nur hier frühstücken war … Sogar er kann sehr leicht herausbekommen, wer ich bin und wo ich wohne, und dann bin ich doppelt verdächtig.
„Sie haben mir so viel vom Hotel erzählt, ich habe mir ein Zimmer genommen.“
„Und die Villa?“
„War ohnehin etwas ungemütlich. Hier hat man Luxus pur. Und wird noch dazu bewacht.“ Koketter Augenaufschlag. Zumindest ein Versuch.
Er sieht mich etwas zweifelnd an. „Wenn Sie etwas brauchen, sagen Sie es mir, Lady.“
„Mache ich.“ Ich schlendere mit Herzklopfen zwischen Sträuchern und Blumen herum, bis die beiden hinter einem Wirtschaftsgebäude verschwunden sind. Aus einem der Gebüsche taucht Vesna auf. Sie hat eine große gelbe Blüte im Haar.
„Du hättest was sagen können.“
„Du hast nicht gesehen, habe Zeichen gemacht. Sie waren schon nah. Aber ich glaube, sie haben Unsinn geschluckt.“
„Sicher bin ich mir nicht.“
„Ich auch nicht. Aber was soll passieren?“
Was schon, außer dass die Typen groß und voller Muskeln sind, ein kleines Hirn haben und bekannt sind für ihre unfreundlichen Methoden denen gegenüber, die sie für Feinde halten.
„Wir sind Frauen, Ladys“, fügt Vesna hinzu.
Ich kann nur hoffen, dass Mister Netzleibchen und Co das auch so sehen.
Ich mache mich auf eine neue Portion karibischer Bürokratie gefasst. Um wenigstens eine Hürde zu umschiffen, lasse ich mir von Michel und Bata eine Vollmacht ausstellen, laut der ich ihre Interessen vertreten darf.
Das Gesundheitsministerium ist in einem der neuen Gebäude am Hafen untergebracht. Offenbar hat man etwas zu großzügig geplant, anders als in der Altstadt gibt es hier sehr viele Parkplätze und sehr wenige Autos. Auch die Shopping Mall ist zum Großteil unbelebt, die meisten der Geschäftsräume konnten offensichtlich noch nicht vermietet werden.
Wir suchen Clara Simmons und stoßen auf eine etwa fünfzigjährige schlanke Schwarze, die uns freundlich in ihr Büro bittet. Sie wirft nur einen kurzen Blick auf meine Vollmacht. Es tue ihr Leid, aber Antrag sei Antrag und die Kommission vor Ort habe tatsächlich eine Reihe schwer wiegender Mängel festgestellt.
„Gibt es die nicht in jedem Unternehmen?“, werfe ich ein.
Sie sieht mich aufmerksam durch ihre Brille mit feinem Goldrand an. „Das kann schon sein, aber wenn sie offenkundig werden, müssen wir handeln. Egal, bei welchem Unternehmen.“
„Wenn nicht von Amts wegen ermittelt wurde: Wer hat den Antrag gestellt?“
„Nachdem Sie Bata und Michel vertreten – ich mag ihr Lokal übrigens sehr –, kann ich es Ihnen sagen, es steht auch im Bescheid: Beschwerdeführer war das Pleasures, vertreten durch Angela la Croix.“
Das hat auch Vesna verstanden. „No!“, ruft sie und fügt auf Deutsch an: „Miststück, dieses. Hat Brand legen lassen und jetzt dreht sie zu.“
Clara Simmons sieht sie irritiert an.
„Meine Freundin spricht kaum Englisch. Sie hat bloß gemeint, dass Angela la Croix leider Vorurteile gegen das Golden Sand hat.“
„Warum sollte sie die haben?“
„Ihr Konzern wollte das Grundstück kaufen und hat es nicht bekommen. Außerdem wohnen im Golden Sand amerikanische Studenten, die gegen das Hotel protestieren. Aber das ist kein Grund, das Golden Sand gesundheitspolizeilich schließen zu lassen.“
Clara Simmons lächelt verhalten. „Nein, das ist es wohl keiner. Ich kenne keine Details, aber so gut wie alle wissen vom Kampf zwischen den beiden Hotels.“
„Ein Kampf mit sehr ungleich verteilten Chancen.“
„Wir dürfen nicht nach Sympathie urteilen.“
Es sieht so aus, als hätte die Frau vom Gesundheitsministerium durchaus etwas für unsere Seite übrig. „Gibt es irgendeinen Weg, die Schließung zu verhindern?“
Sie wiegt den Kopf. „Wir haben noch nicht entschieden, wir wissen, dass die Existenz einiger Menschen daran hängen kann.“
„Was können wir tun?“
„Also gut: Zuerst einmal muss das Apartment, in dem es gebrannt hat, abgerissen werden, es liegt zum Glück ohnehin am Ende des
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