Karibik all inclusive: Ein Mira-Valensky-Krimi
Touristinnen gehabt hat? Irgendwie scheint mir das nicht zu ihm zu passen. Aber vielleicht will ich das auch nur so sehen.
Gegen Mitternacht breche ich auf. Vesna begleitet mich bis zur Lücke im Zaun, wir hören, dass die Ökos immer noch am Abriss arbeiten. Wenn sie etwas tun, dann sind sie hartnäckig. Sie sollten allerdings darauf achten, leise zu sein. Sonst hat das Golden Sand auch gleich noch eine Klage wegen Ruhestörung am Hals.
„Glaube nicht, dass man das drüben beim Pleasures hört, viele Büsche im Garten,“ meint Vesna optimistisch.
Wer weiß. Eine neue Beschwerde käme Angela la Croix gerade recht.
„Gut, ich gehe mit bis zum Hotel und höre. Wenn es laut ist, sage ich Ökos, dass sie aufpassen müssen.“
Wir schlüpfen hintereinander durch die Lücke im Zaun und gehen am Wirtschaftsgebäude entlang zum Garten.
„Wird schon leiser“, flüstert Vesna.
Ich nicke und bin auf einmal sehr müde. Die Sterne, sie sind noch dieselben wie gestern. Der Wind aber war gestern wärmer.
Wie aus dem Nichts stehen sie da: drei Männer in Tarnanzügen, Tücher vor dem Mund. Ihre Bewegungen sind so schnell, dass nicht einmal Vesna es schafft, davonzulaufen. Sie packen uns, ich bin wie gelähmt, das Ganze spielt sich wortlos und so leise ab, dass ich immer noch die Ökos beim Abriss hören kann. Der eine Typ steht hinter mir und hält mich am Oberkörper fest, ein Schraubstockgriff, ich bekomme fast keine Luft mehr, der andere Typ schlägt mir präzise mit der Faust in den Bauch. Ein dumpfes Wummern wie bei einer nicht gespannten Trommel, noch einmal, mir wird schlecht, ich knicke ein, werde hochgerissen, sehe, dass Vesna begonnen hat zu kämpfen. Sie schlägt um sich, beißt, flucht. Ihr Angreifer hält ihr den Mund zu, den anderen Arm hat er um ihren Hals gelegt. Pass auf, er kann dich erwürgen. Ich versuche dem Schläger mein Knie zwischen die Beine zu knallen, aber ich bringe es keinen Millimeterhoch. Der Schläger eilt dem Mann, der mit Vesna beschäftigt ist, zu Hilfe. Sie haben Vesnas Kraft unerschätzt. Gut so. Meine Chance. Ich versuche den, der mich festhält, abzuschütteln. Er lockert den Griff, ich boxe ihm, so fest ich kann, gegen den Hals. Er gurgelt, dann packt er mich mit der einen Hand am Oberarm und klatscht mir die andere wütend ins Gesicht. Meine Lippe platzt auf. Ich schmecke Blut und Schweiß und Sand. Ich sehe Blut. Ich trete ihm gegen das Bein, er fällt hin, weg, nichts wie weg. Vesna liegt am Boden, die beiden sind auf ihr drauf und schlagen auf sie ein. Sie werden sie umbringen. Ich stürze mich von hinten auf sie. Verdammt, wo sind die Typen von der Wachmannschaft? Wir rollen als Knäuel ins Gras, Vesna faucht und beißt einen in die Hand. Wir müssen weg hier. Ich bekomme einen Schlag gegen den Kopf, es wird finster. Kein einziger Stern mehr.
Vesna schüttelt mich und ich muss sie bitten, damit aufzuhören. Aber es gelingt mir nicht, etwas zu sagen. Ich liege im feuchten Gras, in meinem Bauch muss ich ein Loch haben, aber Löcher tun nicht so weh. Blut. Irgendwas muss ich geröchelt haben. Vesna streichelt mein Gesicht. Sie soll mich bitte nicht anfassen, sonst kann alles zerplatzen.
„Bist du wieder da, Mira Valensky? Mira!“
„Ja“, murmle ich, das geht überraschenderweise.
„Haben uns zusammengeschlagen. Zu dritt. Solche Feiglinge.“
Ist mir egal, ob sie zu dritt oder zu zehnt waren, auch ob sie Feiglinge sind, kratzt mich nicht, über mich ist ein Tanker drübergefahren und hat mich als Strandgut liegen lassen.
„Wie geht es dir?“, frage ich Vesna dennoch.
„Viele blaue Flecken, Arm tut sehr weh, aber ich war nicht bewusstlos.“
„Wie lange …“ Plötzlich sind zu viele Sterne da, sie spielen mit grünen Monden Abfangen.
„Wie sie sehen, sie haben dich bewusstlos geschlagen, sind sie davongelaufen. Ist zwei, drei Minuten her.“
Es müssen Lichtjahre sein. Lichtjahre in den unendlichen Weiten der Galaxis. Warum fällt mir „Raumschiff Enterprise“ ein?
„Kannst du dich aufsetzen?“
Ich probiere es und kippe auf die Seite. Irgendjemand hat meine Bauchmuskeln geklaut.
Vesna hilft, jetzt geht es, dafür dreht sich mein Magen um. Ich kotze ihr vor die Füße und geniere mich nicht einmal dafür. Vesna gibt mir ein Taschentuch, sie zuckt zusammen, als sie den Arm ausstreckt.
„Was gebrochen?“, frage ich mit schon etwas kräftigerer Stimme.
„Glaube, nein. Sicher kann man nicht sein.“
„Wir müssen zur Polizei.“
„Ausgerechnet.
Weitere Kostenlose Bücher