Karibik all inclusive: Ein Mira-Valensky-Krimi
Pfütze, aber da kommt schon einer der Bediensteten, reicht mir ein riesiges, flauschiges trockenes Badetuch, und aus Mira der Flüssigen wird wieder Mira – die offenbar Unübersehbare. Ausgerechnet mittriefenden Haaren und in ein Badetuch gewickelt stehe ich da, als Hoffmann auf der Terrasse erscheint, mich sieht, lächelt. Für einen Moment vergesse ich vor Erstaunen darüber, dass er lächeln kann, meinen Aufzug. Er kommt auf mich zu, ich versuche meinerseits ein selbstbewusstes Schmunzeln. Mit ihm wollte ich ohnehin reden. Quasi von Mitteleuropäerin zu Mitteleuropäer. Aber jetzt?
Warum nicht. Ich wickle mich enger in mein Handtuch.
„Der Wolkenbruch hat Sie wohl …“, beginnt er mit seinem nahezu akzentfreien Deutsch.
Ich nicke. „Ich liebe es, zu schwimmen.“ Etwas Besseres fällt mir als Einleitung nicht ein.
„Ja, das kann ich verstehen. Ich schwimme selbst leidenschaftlich gern. Ganz zeitig am Morgen, wenn unsere Gäste noch schlafen. Oder manchmal auch in der Nacht …“ Er sieht mich träumerisch an und seine Augen wirken alles andere als frozen.
„Das Gefühl, schwerelos zu sein.“
„Eins mit der Natur“, lächelt er.
Oh, jetzt sollte ich ihn aber nach den Schildkröten fragen.
„Können Sie tauchen?“, redet er weiter.
Ich schüttle den Kopf. Dieses Gespräch hab ich mir irgendwie anders vorgestellt.
„Sie sollten es lernen, wir haben ein paar sehr nette Riffe, wir arbeiten mit einer Tauchschule zusammen. Sich wie ein Fisch unter Fischen bewegen …“
Ja, vielleicht sollte ich. Der Wolkenbruch ist vorbei, hat nur ein paar Minuten gedauert, über dem Meer sehe ich blauen Himmel. Mick war wohl in eine Drogenaffäre verwickelt, und dass man protestierende Studenten hier nicht besonders schätzt, ist auch klar. Ausspannen und Urlaub machen, vielleicht sogar tauchen lernen. Oder mit Hoffmann in der Nacht schwimmen gehen. Besser noch mit Thomas. Alles genießen, was sich einem so bietet. Und Angela la Croix … Ich wache aus meiner Träumerei auf.
„Wissen Sie, dass Ihr Hotel einen Antrag gestellt hat, das Golden Sand aus gesundheitspolizeilichen Gründen schließen zu lassen?“
Hoffmann sieht weiter entspannt aufs Meer hinaus. „Haben wir? Dann wird es einen Grund geben.“ Er seufzt und sieht michan. „Ob Sie es mir glauben oder nicht: Ich würde viel darum geben, mit meinen Nachbarn in Frieden leben zu können. Das ist, wenn Sie so wollen, auch eine alte Schweizer Tugend. Mein Auftrag ist es, dieses Hotel zu führen und es unseren Gästen so angenehm wie möglich zu machen. Tja. – Gehen wir einmal gemeinsam schwimmen?“
Ich murmle etwas Unverbindliches, trotz allem etwas geschmeichelt. Eine Gestalt mit nassen Haaren, in ein riesiges Badetuch gehüllt, und noch immer eine Wasserlache unter mir. Irgendetwas muss doch an mir dran sein …
Dann drapiere ich den Pareo am Kopf und schwebe wie eine Indianerprinzessin, oder wer immer sonst sich in Tücher gehüllt haben mag, in die Halle, nach oben, in meine Suite, unter die Dusche. Wasser. Schon wieder. Mira, die Nixe.
Nach einem viel zu üppigen Dinner krame ich mein ganzes Französisch zusammen und schwärme Michel von Rosemary und ihren Kochkünsten vor. Habe ich einen Fauxpas begangen? Köche sind eitel. Doch er ist nicht beleidigt, sondern nickt und lächelt. „Formidable“, bestätigt er, von ihr habe er viel über die Inselküche gelernt. Und er liebe ihr Chicken Rosemary.
„Ihr seid die beiden Besten, jeder auf seine Art“, ergänze ich.
Michel wirkt beinahe geschmeichelt.
Auch Bata mag Rosemary: „Eine starke Frau“, sagt sie, „macht, was sie will. Und ihr Sohn ist ganz reizend, hat früher oft bei uns gegessen. Eine attraktive Erscheinung.“ Sie schnalzt anerkennend mit der Zunge. „Wenn ich jünger wäre … Jetzt traut er sich nicht mehr zu kommen, so viele gute Jobs gibt es nicht auf der Insel.“
Vesna zeigt mir, dass die Ökos bereits zu arbeiten begonnen haben. Das Apartment war nicht besonders massiv gebaut, auch wenn es einige Hurrikane überstanden haben muss, sein Abriss ist beinahe abgeschlossen.
„Du solltest ins Golden Sand ziehen. Bata hat gesagt, du kannst gratis wohnen.“
Ich wohne im Pleasures auch gratis. Sympathie hin oder her: Ich genieße das Luxushotel.
Auch wenn sich Thomas bis jetzt nicht gemeldet hat. Aber deswegen werde ich mich nicht verkriechen. Vielleicht hat er frei. Wen könnte ich fragen? Vielleicht erwartet er, dass ich mich rühre. Ob er schon viele Affären mit
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