Karibik all inclusive: Ein Mira-Valensky-Krimi
Eisenstangen vertrieben. Wollen Arbeit nicht verlieren, sie sind bei der Regierung angestellt.“
„Vielleicht haben die von der Wachmannschaft uns nur zum Narren gehalten.“
Vesna schüttelt den Kopf. „Ich weiß nicht, so viel Humor haben sie nicht.“
Ein Wagen nähert sich von der Inselstraße her. So viel zu unseren Fluchtplänen. Der verbeulte schwarze Geländewagen steht mit unserem Schnauze an Schnauze. Der Weg ist viel zu schmal, als dass wir an dem Fahrzeug vorbeikommen würden. Ich beginne Autobahnen zu lieben.
Im Wagen sitzt ein wieselgesichtiger Weißer, der uns misstrauisch anstarrt. Ich schalte die Scheibenwischer ein, aber gegen den Rauch in der Luft sind sie machtlos, die paar Tropfen Wasser, die aus der Scheibenwischanlage kommen, führen nur dazu, dass sich die Windschutzscheibe mit gelbbraunen Schlieren überzieht.
Ich sehe undeutlich, dass der Mann uns ein Zeichen gibt. Die Beschreibung könnte auf den Wachebeamten passen.
„Wir wollen was von ihm, wir müssen aussteigen“, sagt Vesna, „abhauen können wir so nicht.“
Ich schüttle den Kopf.
Vesna öffnet die Tür und taucht in den Giftnebel. Ich mache das gleiche. Die Luft ist wie Müll in einem anderen Aggregatzustand. Ich glaube, nicht atmen zu können. Der Mann lässt das Autofenster herunter, beugt sich heraus.
„Sie sorgen dafür, dass wir mit Big Tin reden können?“, frage ich. Meine Nase rinnt.
Der Mann wiegt den Kopf. „Nicht so einfach.“
„Was kostet es?“
„Tausend Dollar.“
„Vergessen Sie es. Wir sind keine reichen Touristen.“
„Sie wohnen im Pleasures.“
Man hat ihn also über uns informiert, eine Gefahr mehr. „Ich kann Ihnen nicht mehr als hundert Dollar bieten. Wir brauchen maximal eine halbe Stunde Zeit.“
„Und wenn Sie sich ungeschickt benehmen? Dann bin ich meinen Job los.“
„Wir verraten Sie nicht.“ Meine Güte, lange halte ich es hier nicht mehr aus.
„Sie gestatten, dass ich vorsichtig bin?“
„Falls es auffliegt: Sie könnten alles abstreiten.“
„Ich kann noch mehr: Wenn Ihr Besuch bekannt wird, landen Sie hinter Gittern. Bradley hat für so etwas nichts übrig. Ich und meine Freunde bewachen die Zellen. Auch Ihre. Sie können sich vorstellen, was passiert, wenn Sie reden?“
Mir wird eiskalt. „Kann ich. Es ist allein unser Risiko.“
„Und meines.“ Der Typ überlegt. Ich sehe nach oben, irgendwo über dem gelben Rauch und den vergifteten Palmen ist der Himmel karibikblau.
„Also!“, ruft Vesna aufmunternd dazwischen und hustet.
„Zweihundert Dollar.“
„Hundertfünfzig.“
„Noch eines: Es geht nur heute Nacht, da habe ich Dienst. Dann eine Woche lang nicht.“
„Okay. Sie sagen, was wir tun sollen.“
„Zuerst das Geld.“
Ich ziehe die Scheine aus meiner Tasche, man bekommt viele nette Drinks dafür. Oder auch ein paar der hübschen gebatikten Pareos, die ich in einem der Läden gesehen habe. Ob ich eine Chance habe, die Summe wiederzubekommen? Von wem? Von Big Tin sicher nicht. Ich halte die Geldscheine so, dass er sie nicht erreichen kann.Wovor fürchtet sich Wieselgesicht? Wir könnten ohnehin nicht wegfahren, solange sein Geländewagen unseren Subaru blockiert.
Ich bin nervös und warte. Wir haben vereinbart, dass ich den Abend im Pleasures verbringen werde. Je mehr Menschen mich sehen, desto besser. Für alle Fälle. Ich esse zum ersten Mal auf der Hotelterrasse zu Abend. Was soll ich dazu sagen? Weder der Fruchtsalat mit Schinken noch der Meerestiere-Spieß waren schlecht, sie waren nur auch nicht gut. Braver internationaler Einheitsgeschmack zu gesalzenen Preisen. Vielleicht bin ich zu anspruchsvoll. Vielleicht aber hätte mir heute Abend Besseres auch nicht geschmeckt.
Ich gehe in den Computerraum. Ich bin offenbar die Einzige, die in den Cyberspace möchte. Die anderen genießen den lauen Wind auf der Terrasse und den einen oder anderen Drink.
Ein Mail von Oskar.
„Liebe Mira,
seit Tagen habe ich nichts von dir gehört, ich mache mir Sorgen, ich hoffe, das darf ich noch. Bitte melde dich.
In der Hoffnung, dich wiederzusehen
(dein) Oskar.“
Ich seufze. Es geht nicht darum, dass ich ihm den Seitensprung nicht verzeihen kann, aber – es war eben ein Schock. Werde ich wieder die Sicherheit haben, die ich bei ihm …? Eigentlich war es eine sehr bequeme Angelegenheit, fast zu bequem. Ich hab mich auf ihn verlassen, war mir seiner Zuneigung hundertprozentig sicher und bin nun beleidigt, weil ich sie nicht selbstverständlich
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