Karibik Träume... und zwei Leichen
„Sie ist nett. Es war ihre Idee dich anzurufen.“
Sie sah mich erstaunt an. „Obwohl sie weiß, dass wir…?“ Ich zuckte mit den Schultern. „Que bolas tiene esa mujer!“ Bewunderung.
„Für Thorsten hat sie alles getan. Sogar das !“ Ich mampfte weiter.
Sie schüttelte den Kopf. „Das war es, was Thorsten gestört hat.“ Ich sah hoch. „Dass sie alles getan hat.“ Sie kniff die Augen zusammen. Kleine senkrechte Falten zeigten sich auf ihrer Stirn. „Er durfte nie Entscheidungen fällen. Dinge tun. … Das hat ihn so fertig gemacht.“
„Sie ist vermutlich so groß geworden. Entscheidungen fällen. Dinge in die Hand nehmen. Ihr Vater ist Geschäftsmann. Der wird sie entsprechend erzogen haben.“
Sie schüttelte den Kopf. „Es war nicht nur im Geschäftlichen. Bei allem hat sie das letzte Wort gehabt.“ Sie senkte den Blick. „Bei mir hat er angefangen er selbst zu sein. … Zu leben. … Wie er wollte.“ Stolz war sie ihren Kopf zurück.
„Warum hat er sie denn dann geheiratet? … Ich meine, wenn er sie nie geliebt hat. Nur des Geldes wegen? Wenigstens ein bisschen muss doch da an Gefühl gewesen sein?“
„Geld!“ Sie sah mich aus feuchten Augen an. „Es war nur wegen des Geldes. … Er hatte doch nichts. … Und er blieb nur bei ihr, weil sie sich so abgesichert hatte, dass, wenn er sich scheiden ließe, er wieder arm wäre.“ Sie legte das Besteck auf den Teller. Viel gegessen hatte sie nicht. Sie lehnte sich zurück und verschränkte die Arme. „Weißt du, dass sie trinkt?“ fragte sie.
„Nee, wusste ich nicht.“ Ich kaute meine Nudeln. „Ich meine, als ich sie das letzte Mal gesehen, hat sie ganz gut zugeschlagen.“ Ich schluckte. „Aber in der Situation nachvollziehbar.“
„Sie ist eine Alkoholikerin.“
Thorsten schien ja nicht viel Gutes über Carla gesagt zu haben. „Und ihr beiden?“ Ich versuchte das Gespräch in eine andere Richtung zu lenken. „War wirklich Schluss?“
„Ja“, sie blickte wieder in die Ferne. „Aber er wäre wieder zu mir zurück gekommen.“
„Aha?“ War das ein Wunsch oder schon abgemacht?
Sie sah mir in die Augen. „Er hatte `was mit Bob vor. Wollte in seine Firma einsteigen. Als Teilhaber. Vielleicht auch nur als sein Mitarbeiter. Je nachdem.“
„Ich erinnere mich. Er hat `mal so was erwähnt.“ Andererseits, er hatte viel erzählt in der letzten Zeit. Und seine Ideen wurden immer abstruser und verzweifelter. Die Bewerbung als Geschäftsführer für irgendeine Klitsche in Taiwan war die letzte, von dem er mir berichtete.
„In der letzten Woche sollte die Entscheidung fallen. Es sah gut für die beiden aus.“
Deshalb war Thorsten so gut drauf, kurz vor seinem Tod? „Was ist das für ein Projekt?“ fragte ich.
„Für die Erdölindustrie. Bei Maracaibo. Bob hat für die Montage angeboten und Thorsten sollte den Koordinator für die Elektrotechnik machen.“
„Und für wie lange?“
„Das Projekt wird etwa zwei Jahre laufen.“ Sie nahm sich eine Zigarette, als sie sah, dass ich auch fertig mit Essen war. „Und wer den Vertrag bekommt, hat die Chance hinterher als Subunternehmer oder in Festanstellung für die Firma zu arbeiten.“
„Und wie die Verhandlungen ausgegangen sind, weißt du nicht?“
„Hm, hm.“ Sie schüttelte den Kopf. „Vielleicht wusste Thorsten schon etwas. Aber er konnte mich nicht anrufen, wann er wollte. Seine Frau war immer hinter ihm her und passte auf, was er tat.“
Ganz unbegründet war Ihr Misstrauen offensichtlich nicht.
Bald darauf räumten wir ab. Ali bestand darauf zu spülen. Ich versuchte nicht sie daran zu hindern. Als sie fertig war, gingen wir in´s Wohnzimmer. Sie nahm etwas aus einem offenen Ablagefach des Wohnzimmerschrankes. Sie hatte die Trauerkarte gefunden. Ich denke, als ich Einkaufen war. Na ja, versteckt hatte ich sie nicht. Sie sah sie sich an. „In drei Tagen ist die Beerdigung?“
„Ja.“ Fiel mir jetzt erst auf, dass sie nicht schon vorher danach gefragt hatte. Das Unausweichliche verdrängen, so lange es geht? Sie nickte stumm und legte sie zurück. Carla´s „Anweisung“, dass sie auf der Beerdigung nicht erscheinen sollte, hob ich mir für später auf.
Kapitel 7
7
Der Tag der Beerdigung. Endlich! Nicht, dass ich sonderlich scharf auf solche Veranstaltungen bin. Ganz im Gegenteil. Aber die letzten Tage mit Ali waren nur nervig gewesen. Wissen Sie, wie es ist,
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