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Karibische Affaire

Karibische Affaire

Titel: Karibische Affaire Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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dass er sich gern Zeit nahm, um sich von der Anstrengung des Badens zu erholen, hatte sie ihn an die Uhrzeit erinnert, dabei aber vorsorglich jene zehn Minuten einkalkuliert, die er brauchte, um ihren Vorschlag erst ablehnen und dann doch akzeptieren zu können, ohne das Gesicht zu verlieren.
    »Ich kann diese Badeschuhe nicht ausstehen«, sagte Mr Rafiel jetzt, indem er einen Fuß hob, um den Schuh anzusehen. »Ich hab’ es diesem blöden Jackson gesagt, aber dem geht das bei einem Ohr hinein und beim anderen wieder hinaus!«
    »Ich hole Ihnen andere, Mr Rafiel.«
    »Nein, das werden Sie nicht! Sie bleiben hier sitzen und sind still! Leute, die wie Gluckhennen herumtanzen, sind mir verhasst!«
    Evelyn bewegte sich ein wenig in dem warmen Sand und streckte die Arme.
    Miss Marple, ganz in ihre Strickerei vertieft – zumindest sah es so aus –, streckte einen Fuß aus und entschuldigte sich hastig.
    »Oh, Verzeihung, Mrs Hillingdon! Ich glaube, ich habe Sie getreten.«
    »Ach, lassen Sie’s gut sein«, sagte Evelyn. »Der Strand hier ist ziemlich voll.«
    »Oh, oh, bitte, bleiben Sie doch, wo Sie sind! Ich rücke meinen Sessel ein Stückchen weg, dann passiert es gewiss nicht mehr!« Als Miss Marple sich wieder gesetzt hatte, redete sie in ihrer kindisch-geschwätzigen Art weiter.
    »Es ist doch wirklich herrlich hier! Ich bin nämlich noch nie in Westindien gewesen, wissen Sie? Ich dachte immer, da würde ich nie hinkommen, und jetzt bin ich doch da. Und alles habe ich nur der Güte meines lieben Neffen zu verdanken. Sie kennen diesen Teil der Welt wohl sehr gut, nicht wahr, Mrs Hillingdon?«
    »Ich war schon ein- oder zweimal auf dieser Insel und natürlich auch auf den meisten anderen.«
    »Aha! Wohl der Schmetterlinge und der wilden Blumen wegen? Sie und Ihre Freunde – oder sind’s Verwandte?«
    »Nur Freunde.«
    »Und da sind Sie natürlich die meiste Zeit zusammen, weil Sie die gleichen Interessen haben!«
    »Ja, wir reisen jetzt schon seit Jahren zusammen.«
    »Da müssen Sie ja schon so manches Aufregende erlebt haben!«
    »Kaum«, sagte Evelyn gelangweilt. »Das Aufregende scheint immer den anderen zu passieren.« Sie gähnte.
    »Keine gefährlichen Begegnungen mit Schlangen, wilden Tieren oder bösartigen Eingeborenen?«
    ›Die muss mich für schön blöd halten‹, dachte Miss Marple.
    »Höchstens Insektenstiche«, versicherte Evelyn.
    »Es ist nur, weil der arme Major Palgrave, wissen Sie, einmal von einer Schlange gebissen wurde«, sagte Miss Marple, indem sie damit eine frei erfundene Behauptung aufstellte.
    »Ach – ja?«
    »Hat er Ihnen nie davon erzählt?«
    »Möglich. Ich erinnere mich nicht daran.«
    »Ich nehme an, Sie haben ihn gut gekannt, nicht wahr?«
    »Major Palgrave? Nein, nur flüchtig.«
    »Er wusste immer so interessante Geschichten zu erzählen!«
    »Grässlich, so ein fader alter Tropf«, sagte Mr Rafiel. »Und blöd noch dazu! Hätt’ er ordentlich aufgepasst auf sich, dann hätte er nicht sterben müssen.«
    »Aber, aber, Mr Rafiel«, sagte Mrs Walters.
    »Ich weiß, was ich sage! Passen Sie auf Ihre Gesundheit auf, und es wird Ihnen überall gut gehen. Sehen Sie mich an, mich haben die Ärzte schon vor Jahren aufgegeben. Auch recht, sagte ich mir, da lebe ich eben nach meinen eigenen Gesundheitsregeln! Na bitte, da bin ich!« Er blickte stolz um sich. Und es grenzte ja auch an ein Wunder, dass er noch da war.
    »Aber der arme Major Palgrave hatte zu hohen Blutdruck«, sagte Mrs Walters.
    »Blödsinn!«, widersprach Mr Rafiel.
    »Aber er hatte ihn wirklich«, sagte Mrs Hillingdon plötzlich und mit unerwartetem Nachdruck.
    »Wer sagt das?«, bestritt Mr Rafiel. »Hat er selbst es Ihnen gesagt?«
    »Irgendjemand hat es gesagt.«
    »Er hatte ein so rotes Gesicht«, bekräftigte Miss Marple.
    »Das besagt gar nichts«, sagte Mr Rafiel. »Und hohen Blutdruck hat er auf keinen Fall gehabt, das weiß ich von ihm persönlich.«
    »Was soll das heißen?«, fragte Mrs Walters. »Seit wann erzählt man den Leuten, was man nicht hat?«
    »Warum nicht? Einmal, als er wieder einen Plantagen-Punsch um den andern in sich hineingoss und sich mit Fressalien vollstopfte, riet ich ihm, Diät zu halten und weniger zu saufen. Dabei sagte ich ausdrücklich: ›In Ihrem Alter müssen Sie an Ihren Blutdruck denken!‹ Und bei dieser Gelegenheit sagte er mir, er sei in diesem Punkt ganz unbesorgt, denn sein Blutdruck sei für sein Alter ganz normal.«
    »Aber er nahm doch irgendwelche Pillen«,

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