Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Karibische Affaire

Karibische Affaire

Titel: Karibische Affaire Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
Vom Netzwerk:
Walters zu. »Besonders tun mir dabei die Kendals leid.«
    »Ja, nicht wahr? So ein Pech, ausgerechnet in einem Hotel!«
    »Man kommt doch zur Erholung hierher und um sich zu unterhalten«, sagte Esther. »Die Leute wollen ihre Krankheiten vergessen, ihre Todesfälle, die Einkommensteuer, die eingefrorene Wasserleitung und so weiter.« Und dann, in völlig verändertem Ton: »Da wird man nicht gern an die eigene Sterblichkeit erinnert.«
    Miss Marple legte ihr Strickzeug wieder nieder. »Also, da haben Sie den Nagel auf den Kopf getroffen, meine Liebe«, stimmte sie zu. »Wirklich, es ist genau so, wie Sie sagen!«
    »Und die beiden sind erst ganz jung verheiratet«, setzte Esther Walters fort. »Erst vor sechs Monaten haben sie das Hotel übernommen und machen sich nun schreckliche Sorgen, wie alles gehen wird bei der geringen Erfahrung, die sie haben.«
    »Und Sie meinen wirklich, die Sache mit dem Major könnte ihnen schaden?«
    »Offen gestanden, nein«, sagte Esther Walters. »Hier haben die Leute nach ein, zwei Tagen alles vergessen, sie sind viel zu sehr auf Unterhaltung um jeden Preis erpicht. Wenn erst das Begräbnis vorbei ist, denken sie nicht mehr daran. Das heißt, wenn man sie nicht erinnert. Ich habe das Molly gesagt, aber die ist ja eine notorische Schwarzseherin.«
    »Mrs Kendal eine Schwarzseherin? Wo sie doch immer so sorglos wirkt?«
    »Ach, das dürfte zum größten Teil nur Theater sein«, sagte Esther langsam. »Ich glaube, in Wirklichkeit ist sie eine von denen, die immerfort Angst haben müssen, dass etwas schiefgehen könnte.«
    »Ich hätte gedacht, er ist es, der sich Sorgen macht!«
    »Nein, das glaube ich nicht. Sie macht sich Sorgen, und er sorgt sich nur, weil sie sich sorgt, würde ich sagen.«
    »Das ist interessant«, sagte Miss Marple.
    »Ich glaube, Molly gibt sich die größte Mühe, lustig und unbeschwert auszusehen. Aber die Anstrengung macht sie fertig, und die Folge sind dann diese merkwürdigen Depressionszustände. Sie ist kein ausgeglichener Mensch.«
    »Armes Kind«, sagte Miss Marple. »Ich glaube, ein Außenstehender ahnt oft gar nicht, dass es solche Leute gibt!«
    »Nein, sie verstellen sich zu gut, nicht wahr? Jedenfalls«, fügte Esther hinzu, »glaube ich nicht, dass sich Molly deswegen Sorgen zu machen braucht. Heutzutage sind Herzschlag, Gehirnschlag und dergleichen viel häufiger als früher, soweit ich das beurteilen kann. Nur Lebensmittelvergiftung, Typhus oder ähnliches regt die Leute noch auf.«
    »Mir gegenüber hat Major Palgrave nie seinen hohen Blutdruck erwähnt«, sagte Miss Marple. »Hat er Ihnen etwas gesagt?«
    »Zu irgendjemandem hat er’s gesagt – ich weiß nicht, zu wem. Vielleicht zu Mr Rafiel? Ich weiß, Mr Rafiel behauptet das Gegenteil – aber so ist er eben! Mr Jackson hat mir gegenüber einmal was erwähnt. Er sagte, der Major sollte seinen Alkoholkonsum etwas einschränken.«
    »So, so«, sagte Miss Marple nachdenklich. Dann setzte sie fort: »Für Sie war er wohl ein recht langweiliger alter Kerl? Er wusste so viele Geschichten, dass er sich andauernd wiederholte.«
    »Das ist das Ärgste daran«, sagte Esther. »Immer wieder dieselbe Geschichte anhören zu müssen, wenn es einem nicht rechtzeitig gelingt, sie abzuwehren.«
    »Mich hat das nicht so sehr gestört«, sagte Miss Marple. »Ich bin an solche Sachen gewöhnt. Und außerdem vergesse ich meist, was man mir erzählt hat.«
    »Ja – wenn das so ist!«, sagte Esther und lachte herzlich.
    »Eine’ Geschichte erzählte er besonders gern«, sagte Miss Marple. »Sie handelte von einem Mord. Sicherlich hat er sie Ihnen auch erzählt?«
    Esther Walters begann in ihrer Handtasche zu suchen. Sie zog ihren Lippenstift heraus und sagte: »Ich dachte, den hätte ich verloren!« Dann fragte sie: »Verzeihung – was haben Sie eben gesagt?«
    »Ich habe Sie gefragt, ob Ihnen Major Palgrave seine Lieblingsmordgeschichte erzählt hat?«
    »Ich glaube, ja, wenn ich mir’s recht überlege. Jemand, der sich mit Gas vergiftet hat, nicht? Nur hatte in Wirklichkeit die Frau ihn vergiftet. Ich glaube, sie gab ihm ein Schlafmittel und steckte dann seinen Kopf in den Gasofen. War es das?«
    »Nein, ganz so war es nicht«, sagte Miss Marple. Sie blickte Esther Walters nachdenklich an.
    »Er hat so viel erzählt«, sagte Esther entschuldigend, »und wie gesagt, man hat nicht immer zugehört.«
    »Er hatte da ein Foto«, sagte Miss Marple, »das er den Leuten gern vorzeigte.«
    »Ja, ich glaube…

Weitere Kostenlose Bücher