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Karibische Affaire

Karibische Affaire

Titel: Karibische Affaire Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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Hand. Er trat zu einem Tisch mit Blick auf das Meer und setzte sich.
    »Dr. Graham sieht aus, als ob er Sorgen hätte«, bemerkte Miss Marple.
    »Oh, wir alle haben unsere Sorgen!«
    »Sie auch? Wegen des Todes von Major Palgrave?«
    »Ach, deswegen nicht mehr! Die Leute scheinen nicht mehr daran zu denken. Nein, es ist wegen meiner Frau, wegen Molly – kennen Sie sich mit Träumen aus?«
    »Mit Träumen?« Miss Marple war überrascht.
    »Ja – mit schlechten Träumen, Albträumen vermutlich. So was passiert uns ja allen von Zeit zu Zeit. Aber Molly scheint fast die ganze Zeit darunter zu leiden. Kann man da etwas dagegen tun? Etwas einnehmen? Schlaftabletten, sagt sie, machen es noch ärger – sie bemüht sich aufzuwachen und kann nicht.«
    »Wovon träumt sie denn?«
    »Oh, irgendwas verfolgt sie – oder beobachtet sie und spioniert hinter ihr her – sie wird das Gefühl nicht einmal mehr los, wenn sie wach ist.«
    »Nun, sicherlich könnte da ein Arzt – «
    »Von Ärzten will sie nichts hören, sie hat was gegen Ärzte. Na ja, es wird sich schon wieder geben. Dabei waren wir doch so glücklich, es hat uns richtigen Spaß gemacht – und in letzter Zeit… Vielleicht ist doch der Tod des alten Palgrave daran schuld? Sie ist wie ausgewechselt seither!«
    Er stand auf.
    »Ich muss mich ums Haus kümmern – wollen Sie wirklich keine Limonade?«
    Miss Marple schüttelte den Kopf. Sie blieb sitzen und dachte nach. Ihre Miene verriet ernste Besorgnis.
    Dann blickte sie zu Dr. Graham hinüber, fasste einen Entschluss, erhob sich und trat an seinen Tisch.
    »Dr. Graham, ich muss mich bei Ihnen entschuldigen.«
    »Was Sie nicht sagen!« Überrascht sah der Doktor sie an und rückte einen Stuhl zurecht, auf dem Miss Marple Platz nahm.
    »Ich fürchte, dass ich etwas Unverzeihliches gemacht habe«, sagte sie. »Ich habe Sie nämlich wissentlich belogen.« Sie blickte Dr. Graham ängstlich ins Gesicht.
    Dr. Graham wirkte durchaus nicht erschüttert, höchstens leicht erstaunt. »Tatsächlich?«, sagte er. »Nun, das ist weiter kein Grund zur Aufregung.«
    ›Was kann die gute Alte schon viel gelogen haben‹, fragte er sich. War’s das Alter? Aber das hatte sie ja gar nicht erwähnt! »Nun, dann sagen Sie mir jetzt die Wahrheit«, meinte er lächelnd, da er ihr ansah, dass sie beichten wollte.
    »Ich habe Ihnen doch von dem Foto meines Neffen erzählt, das ich Major Palgrave gezeigt und von ihm nicht mehr zurückbekommen habe.«
    »Ja, ja, ich weiß, leider war es unauffindbar.«
    »Aber dieses Foto existiert gar nicht«, sagte Miss Marple mit leiser, ängstlicher Stimme.
    »Wie meinten Sie?«
    »Dieses Foto hat es nie gegeben. Ja, leider – ich habe die ganze Geschichte erfunden.«
    »Erfunden?« Dr. Graham wirkte leicht verärgert. »Aber warum denn nur?«
    Miss Marple erklärte es ihm. Ganz deutlich und ohne Aufregung erzählte sie von Major Palgraves Mordgeschichte, und wie er im Begriff gewesen war, ihr dieses Foto zu zeigen, beschrieb seine plötzliche Verwirrung, kam dann auf ihre eigene Vermutung zu sprechen und schließlich auf ihren Entschluss, das Foto auf irgendeine Weise doch noch zu Gesicht zu bekommen.
    »Und ich wusste wirklich nicht, wie ich es hätte bewerkstelligen sollen, ohne Ihnen eine Unwahrheit zu sagen«, schloss sie. »Aber ich hoffe sehr, Sie werden mir verzeihen!«
    »Sie haben also geglaubt, dass er Ihnen das Foto eines Mörders zeigen wollte?«
    »So sagte er«, meinte Miss Marple. »Zumindest aber sagte er, jener Bekannte, von dem er die Geschichte hatte, habe es ihm überlassen.«
    »Ja, ja! Und – verzeihen Sie mir – Sie haben ihm das g e glaubt?«
    »Ich weiß nicht, ob ich ihm damals wirklich geglaubt habe«, sagte Miss Marple. »Aber, sehen Sie, am nächsten Tag war er tot.«
    »Ja«, sagte Dr. Graham, betroffen von der Klarheit dieses einen Satzes. »Am nächsten Tag war er tot.«
    »Und das Foto war weg.«
    Dr. Graham sah Miss Marple an und wusste nichts darauf zu sagen.
    »Sie müssen schon entschuldigen, Miss Marple«, meinte er schließlich, »aber – ist wenigstens das wahr, was Sie mir jetzt erzählen?«
    »Ihre Frage überrascht mich nicht«, sagte Miss Marple. »An Ihrer Stelle würde ich ebenso fragen. Aber was ich Ihnen diesmal gesagt habe, ist wahr. Freilich kann ich Ihnen nichts als mein Wort darauf geben. Aber, ob Sie’s glauben oder nicht, ich hatte das Gefühl, es Ihnen auf jeden Fall sagen zu müssen.«
    »Und warum?«
    »Weil ich mir bewusst bin, dass Sie

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