Karibische Affaire
wird«, sagte Miss Marple mit Nachdruck.
»Dieses Inselmädchen wird erstochen im Gebüsch aufgefunden. Da muss doch gar nichts Ernstes dahinterstecken! Vielleicht ist ihr Liebhaber eifersüchtig geworden – oder er hat eine andere nebenbei gehabt, und die ist eifersüchtig geworden. Karibische Affären eben. Was meinen Sie dazu?«
»Nein.« Miss Marple schüttelte den Kopf.
»Die Behörden glauben es auch nicht.«
»Ihnen würden sie mehr sagen als mir«, meinte Miss Marple.
»Immerhin wette ich, dass Sie mehr darüber wissen als ich. Sie haben sich das ganze Geschwätz ja angehört.«
»Gewiss, das habe ich«, sagte Miss Marple.
»Was Gescheiteres haben Sie ja nicht zu tun, wie?«
»Es ist oft recht aufschlussreich und nützlich!«
»Wissen Sie«, sagte Mr Rafiel, wobei er sie aufmerksam betrachtete, »wissen Sie, dass ich mich in Ihnen getäuscht habe, was mir sonst nicht oft passiert? Aber an Ihnen ist doch mehr dran, als ich gedacht habe. Was ist eigentlich mit all diesen Gerüchten über Major Palgrave und seine Geschichten? Sie glauben, dass er ermordet wurde, nicht wahr?«
»Ich fürchte sehr, dass es so ist«, sagte Miss Marple.
»Es stimmt ja auch«, sagte Mr Rafiel.
Miss Marple machte einen tiefen Atemzug. »Also ist es erwiesen?«, fragte sie.
»Ja, es ist erwiesen. Ich hab’ es von Daventry. Damit begehe ich keine Indiskretion, denn das Autopsieergebnis wird sowieso veröffentlicht werden. Graham, der es ja von Ihnen hatte, ist zu Daventry, Daventry ging zum Administrator, der informierte den C.I.D. und alle waren sich darüber einig, dass da etwas nicht stimmte. Also haben sie den alten Palgrave wieder ausgegraben und sich überzeugt.«
»Und sie fanden?« Miss Marple machte eine erwartungsvolle Pause.
»Es war eine tödliche Dosis von etwas, das ein Dutzend Silben hat und das nur ein Arzt richtig aussprechen kann. Der Polizeiarzt hat nur die Formel gesagt, wahrscheinlich, damit niemand erfährt, was es wirklich war. Vermutlich heißt das Zeug banal Evipan oder Veronal oder so ähnlich. Jedenfalls tödlich in entsprechender Dosis, mit allen Symptomen eines überhöhten Blutdrucks, verstärkt durch den Alkoholkonsum einer durchzechten Nacht. So hat alles ganz natürlich gewirkt, niemand schöpfte Verdacht, man sagte ›armer alter Kerl‹ und schaufelte ihn ein. Jetzt aber fragt man sich bereits, ob er überhaupt jemals hohen Blutdruck gehabt hat. Hat er Ihnen etwas Derartiges erzählt?«
»Nein.«
»Na eben! Und doch war es für alle so gut wie sicher!«
»Offenbar hat er es anderen Leuten erzählt.«
»Das ist wie beim Geisterspuk«, sagte Rafiel. »Nie trifft man denjenigen, der den Geist gesehen hat. Immer war es der entfernte Cousin irgendeiner Tante oder der Freund eines Freundes. Aber lassen wir das jetzt! Man hat an den hohen Blutdruck des Majors geglaubt, nur weil in seinem Zimmer die Flasche mit diesen Pillen gefunden wurde. Aber jetzt kommt der springende Punkt – ich nehme an, dieses ermordete Mädchen hat überall herumerzählt, die Flasche sei von jemand anderem hingestellt worden und gehöre in Wahrheit diesem Greg.«
»Mr Dyson hat hohen Blutdruck, das hat seine Frau bestätigt.«
»Dann wurden die Pillen in Palgraves Zimmer gestellt, um den hohen Blutdruck und damit einen natürlichen Tod vorzutäuschen.«
»Genau«, sagte Miss Marple. »Und dann wurde sehr geschickt in Umlauf gesetzt, dass er häufig von seinem Blutdruck gesprochen habe. Aber Sie wissen ja, wie leicht es ist, eine Geschichte in Umlauf zu bringen! Zu meiner Zeit hab’ ich das oft genug erlebt.«
»Das glaube ich Ihnen aufs Wort«, sagte Mr Rafiel. »Es sieht wirklich so aus, als sei da jemand recht geschickt gewesen.«
»Ja«, sagte Miss Marple, »das glaube ich auch.«
»Das Mädchen muss etwas gesehen oder gewusst haben. Vielleicht hat sie sogar eine Erpressung versucht«, sagte Mr Rafiel.
»Vielleicht hat sie es gar nicht als Erpressung empfunden«, sagte Miss Marple. »In diesen großen Hotels sind die Mädchen oft Zeugen von Vorfällen, deren Verbreitung den Gästen unangenehm wäre. So geben sie ein größeres Trinkgeld oder gar ein Geldgeschenk. Vielleicht hatte das Mädchen gar keine Ahnung von der Bedeutung dessen, was sie wusste.«
»Immerhin, das Messer im Rücken hat ihr es dann gezeigt«, sagte Mr Rafiel brutal.
»Ja. Offenbar konnte es sich jemand nicht leisten, sie reden zu lassen.«
»Na eben! Und darum will ich jetzt hören, was Sie darüber denken!«
Miss Marple blickte
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