Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Karibische Affaire

Karibische Affaire

Titel: Karibische Affaire Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
Vom Netzwerk:
ihn nachdenklich an.
    »Warum sollte ich mehr darüber wissen als Sie, Mr Rafiel?«
    »Dann eben nicht«, meinte Mr Rafiel. »Aber ich würde gerne hören, wie Sie es sich zusammenreimen.«
    »Aber warum?«
    »Nun«, sagte Mr Rafiel, »außer Geldverdienen hat man hier ja nichts Rechtes zu tun.«
    »Geld verdienen? Hier draußen?«
    Miss Marple war ein wenig überrascht.
    »Wenn man Lust hat, kann man jeden Tag ein halbes Dutzend chiffrierter Telegramme absenden«, erklärte Mr Rafiel. »Damit vertreibe ich mir die Zeit.«
    »Börsengeschäfte?« Miss Marple sprach es aus, als versuchte sie sich in einer fremden Sprache.
    »Geschäfte«, stimmte Mr Rafiel zu. »Man setzt seine Intelligenz gegen die der anderen. Leider füllt einen das nicht genug aus, und so interessiere ich mich jetzt für diese Geschichte. Sie hat mich neugierig gemacht. Und Palgrave hat doch die meiste Zeit mit Ihnen geredet – wahrscheinlich hätte sich sonst niemand mit ihm abgegeben. Was hat er Ihnen erzählt?«
    »Ach, eine ganze Menge Geschichten«, sagte Miss Marple.
    »Das weiß ich! Die meisten davon waren stinklangweilig – und man bekam sie nicht nur einmal geboten. Sobald man in seine Reichweite kam, musste man sie sich drei- oder viermal anhören.«
    »Ich weiß«, sagte Miss Marple. »Ich fürchte, das kommt vor, wenn die Herren älter werden!«
    Mr Rafiel sah sie scharf an. »Ich erzähle keine Geschichten«, sagte er. »Aber weiter: Es hat doch mit einer von Palgraves Geschichten angefangen – oder?«
    »Er hat einen Mörder gekannt«, sagte Miss Marple. »Das ist weiter nichts Besonderes«, setzte sie freundlich hinzu. »Ich glaube, so etwas kann fast jeder von sich sagen.«
    »Ich kann Ihnen leider nicht folgen«, sagte Mr Rafiel.
    »Ich sage das ganz allgemein«, erläuterte Miss Marple. »Gehen Sie doch Ihre Erinnerungen durch, Mr Rafiel! Hat es da nicht immer wieder einen Anlass gegeben, als jemand unbedacht etwas sagte wie ›O ja, ich habe diesen Dingsda recht gut gekannt – er ist ganz plötzlich gestorben, und man hat immer getuschelt, seine Frau habe ihn umgebracht, aber das ist natürlich nur Klatsch‹. So was haben Sie doch schon gehört, oder nicht?«
    »Ja, zugegeben, vielleicht so was Ähnliches. Aber es war nie im Ernst gemeint.«
    »Nun also«, sagte Miss Marple. »Aber Major Palgrave meinte es ernst. Und ich glaube, er erzählte gerade diese Geschichte recht gern! Er behauptete, ein Foto von dem Mörder zu besitzen, und wollte es mir eben zeigen – tat es aber dann doch nicht.«
    »Warum nicht?«
    »Er hatte etwas bemerkt«, sagte Miss Marple. »Eine Person, wie ich glaube. Er lief ganz rot an, stopfte das Foto in seine Brieftasche zurück und wechselte plötzlich das Thema.«
    »Wen hat er gesehen?«
    »Darüber habe ich mir schon oft den Kopf zerbrochen«, sagte Miss Marple. »Es geschah vor meinem Bungalow, er saß mir fast gegenüber und hat, wen oder was immer er gesehen hat, über meine rechte Schulter geblickt.«
    »Also muss dieser Jemand rechts hinter Ihnen den Weg vom Fluss oder vom Parkplatz heruntergekommen sein!«
    »Ja.«
    »Ist jemand heruntergekommen?«
    »Mr und Mrs Dyson mit Oberst Hillingdon und Frau.«
    »Sonst niemand?«
    »Niemand, den ich gesehen habe. Natürlich lag auch Ihr Bungalow in seiner Blickrichtung…«
    »Aha! Dann müssen wir auch noch – also – Esther Walters und meinen Jackson mit einbeziehen! Stimmt’s? Einer von den beiden könnte aus dem Bungalow gekommen und wieder darin verschwunden sein, ohne dass Sie es bemerkt haben!«
    »Das wäre möglich«, gab Miss Marple zu, »denn ich habe mich nicht sofort umgedreht.«
    »Die Dysons, die Hillingdons, Esther und Jackson. Einer von ihnen ist ein Mörder. Oder auch ich«, fügte er hinzu.
    Miss Marple lächelte flüchtig.
    »Und Palgrave sprach von einem Mann als Mörder?«
    »Ja.«
    »Nun gut, das schließt also Evelyn Hillingdon, Lucky und Esther Walters aus. Angenommen also, dass dieser ganze an den Haaren herbeigezogene Blödsinn stimmt, so ist Dyson, Hillingdon oder mein glattzüngiger Jackson der Mörder, den wir suchen.«
    »Oder Sie«, sagte Miss Marple.
    Mr Rafiel überhörte es. »Versuchen Sie nicht, mich zu ärgern«, sagte er. »Aber jetzt noch etwas, was mir auffällt und woran Sie offenbar nicht gedacht haben: Wenn es einer von diesen dreien ist, warum zum Teufel hat ihn dann der alte Palgrave nicht schon früher erkannt? Der ist doch schon zwei Wochen lang hier herumgesessen, und hat alle Leute angeglotzt!

Weitere Kostenlose Bücher