Karl der Dicke beißt sich durch
beherrscht.“
„Ja, ja“, sagte der Polizist, „bis du mit dem Kopf auf’s Pflaster knallst! Also laß den Unsinn in Zukunft!“ Er blickte wieder geradeaus und fuhr an.
Guddel hatte inzwischen längst die beiden Räder an das Brückengeländer gestellt.
„Mensch“, sagte er zehn Sekunden später zu Egon, „das wäre beinah ins Auge gegangen! Warum hast du denn nicht eher gepfiffen?“
„Könnt’ ich nicht“, antwortete Egon. „Die haben sich da so heimlich an die Kreuzung rangeschlichen, daß sie mir erst auffielen, als sie schon fast auf der Brücke waren. Gott sei dank sind sie mir auf den Leim gekrochen und haben sich durch meine verbotenen Fahrkünste ablenken lassen. Ich wette, daß Karl das nie und nimmer geschafft hätte!“
Mit einer Viertelstunde Verspätung bogen sie in die Straße ein, in der Teresa wohnte. Vor ihrem Haus hielten sie an und verschnauften.
„Immer mit einer Hand zu fahren und ‘ne zweite Karre mitzuführen ist ganz schön anstrengend“, sagte Guddel. „Ich brauch erst mal ‘ne Pause von zehn Minuten, um mich zu erholen.“
„Genehmigt“, erlaubte Karl gönnerhaft. „Egon hat sich bestimmt auch schon müde gestrampelt.“
Aber der tippte sich nur an den Kopf, steckte vier Finger in den Mund und ließ wieder sein ohrenzerreißendes Pfeifen hören.
„Bist du denn noch zu retten!“ empörte sich Karl. „Jetzt haste die ganze Familie aus dem Bett gescheucht und die Nachbarn links und rechts gleich mit!“
„Na und?“ sagte Egon. „Sollen sie diesen herrlichen Morgen etwa verpennen? Du wirst sehen, wie dankbar sie uns sind, wenn sie die Nase aus dem Fenster stecken und die würzige Sommerluft schnuppern!“
Nach einer Weile erschien Teresa an der Haustür.
Sie legte warnend den Finger auf den Mund und kam dann zu den dreien auf die Straße.
„Papa und Mama schlaft noch“, sagte sie leise. „Haben gearbeitet lange die Gesterntag.“
„Hab’ ich mir gleich gedacht“, sagte Karl mit einem bösen Seitenblick auf Egon, „aber der Lange da konnte sich ja wieder mal nicht beherrschen! Wo ist denn Vittorio?“
„Vittorio schlaft auch“, sagte Teresa.
„Ja, wollen wir ihn denn nicht mitnehmen?“ fragte Karl. „Guck, wir haben doch extra einen Korb für ihn an deinem Rad hängen!“
„Nein, können wir nicht mitnehmen Vittorio“, sagte Teresa und schüttelte den Kopf. „Können wir nicht mitnehmen mich auch.“
„Was denn?“ rief Egon. „Du kannst auch nicht mit? Warum denn nicht? Ist was passiert?“
Teresa nickte, und ihre Augen füllten sich mit Tränen. „Ist passiert sehr schlimme Sache“, flüsterte sie. „Vittorio hat gemacht Feuer auf Wiese den andern Tag, weil ich hab’ gemacht Arbeit für Schule. Ich hab’ nicht gesehen, wo Vittorio ist. Hab’ ich immer gerufen: ,Vittorio, Vittorio, komm bei Teresa!’ Am Ende hab’ ich gesehen ihn und den Feuer. Hat er geweint ganz laut. Ich hab’ gegangen immer mit Füße auf Feuer, so und so und so! Aber Feuer ist immer gebrannt größer und größer. Ein Mann hat telefoniert mit Feuerwehr. Kommt große rote Auto von Feuerwehr und noch ein rote Auto und noch ein. Viele Männer, zehn und zehn und zehn, haben Sack in Hand mit langes Stock und machen immer so auf Feuer: patsch, patsch, patsch! Aber den Feuer brennte und brennte und brennte! Am Ende ist vorbei. Hat gebrennt aber zwei Stunden! Kommt Mann, Offizier, fragt mich Name und Haus und Straße und schreibt auf. Sagt, kostet viel Geld. Wenn Brief kommt, Papa muß bezahlen.“ Die Jungen blickten sich betroffen an und schwiegen. Teresa sah unglücklich von einem zum andern. Schließlich sagte
Karl: „Hat der Knabe dir denn verraten, wieviel dein Vater bezahlen soll? Ich meine, Papa wieviel Geld, wenn Brief kommt?“
„Ich nix weiß“, antwortete Teresa. „Mann nur gesagt, viel. Papa nix weiß von Feuer und Brief. Wenn er weiß, er sehr traurig und böse. Kann er nix Auto kaufen und fahren in Italia! Teresa auch sehr traurig.“ Sie wischte sich hastig die Tränen aus den Augen.
Die Jungen überlegten krampfhaft, was sie ihr zum Trost sagen konnten. Aber ihnen fiel nichts ein.
„So ein Mist!“ rief Karl nur. „Das nenn’ ich Pech auf der ganzen Linie. Was kann man da nur machen?“
„Am besten vielleicht zur Feuerwehr gehen“, schlug Guddel vor, „und da ein gutes Wort für Teresa einlegen. Oder was meint ihr?“
„Ph!“ wehrte Egon ab. „Meinste, daß die sich bequatschen lassen? Das glaub man ja nicht! Die kennen ihre
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