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Karl der Dicke beißt sich durch

Karl der Dicke beißt sich durch

Titel: Karl der Dicke beißt sich durch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Schrader
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„So ein eingespieltes Team wie wir kann zu Spezialaufgaben herangezogen werden. Hört mal zu, was ich mir vorhin zwischen Rindsgulasch und Vanillepudding vornotiert habe!
    Hier: ,Drei vor nichts zurückschreckende Gestalten übernehmen Arbeiten jeglicher Art. Intelligenz, Kraft und Fahrräder vorhanden.’ Na, ist das nichts?“
    „Oh doch, das ist was!“ rief Egon grinsend. „Eine richtige Wucht ist das! Besonders den Ausdruck ,Gestalten’ halte ich für sehr gelungen. Vielleicht solltest du noch das schmückende Beiwort ,finstere’ davorsetzen, das rundet das Bild wirkungsvoll ab.“
    „Knallkopp!“ empörte sich Karl. „Du durchschaust mal wieder nicht, worauf es mir ankam. Hätte ich etwa ‚Knaben’ oder Jungen’ schreiben sollen? Darauf beißt doch keiner an, Mensch! Und ‚Männer’ kann ich uns doch auch nicht gut nennen, sonst erwartet man noch, daß wir ein Klavier in den fünften Stock wuchten oder Zentnersäcke mit Kohlen in den Keller schleppen!“
    „Na und?“ sagte Egon. „Wenn’s gut bezahlt wird, sollte uns das doch nichts ausmachen!“
    „Nee, aber nun mal im Ernst“, wandte Guddel ein. „Warum willst du denn deine Gestalten vor nichts zurückschrecken lassen? Das hört sich doch geradeso an, als ob sie auch bereit wären, jemanden umzulegen, wenn’s verlangt wird!“
    „So?“ wunderte sich Karl. „Ist mir gar nicht aufgefallen. Ich wollte damit lediglich zum Ausdruck bringen, daß sie vor keiner Arbeit zurückschrecken. Aber wenn du meinst, man könnte das mißverstehen, bauen wir den Satz ein bißchen um. Das dürfte doch für einen Dichter deines Formats keine Sache sein.“
    „Ist gut“, sagte Guddel. „Dann wollen wir deinen Rohentwurf mal in vernünftiges Deutsch übersetzen. Also erstmal raus mit den ,Gestalten’! Denen haftet auch ohne jedes Beiwort der Geruch nach Bösem und Finsterem an. Dafür setzen wir einfach und wahrheitsgemäß das Wort ,Freunde’. Wenn wir jetzt das ,zurückschreckende’ auch noch streichen, klingt der Satz schon ganz ordentlich. Hier: ,Drei Freunde übernehmen Arbeiten jeglicher Art.’“ „Ja, damit bin ich einverstanden“, sagte Karl. „Nun lies man den Zusatz mit der Intelligenz und den Fahrrädern noch hinterher, damit wir mal alles im Zusammenhang hören.“
    „Bloß nicht!“ rief Egon. „Der Satz ist doch so idiotisch konstruiert, daß uns keiner die Intelligenz glaubt, die er anspricht!“
    „Wieso?“ fragte Karl. „Es ist doch alles richtig! Wir haben Fahrräder, Kraft und Intelligenz, Guddel und ich jedenfalls, und bei dir stimmt zumindest die Sache mit dem Fahrrad. Daß es mit deinem Verstand und deinen Muskeln nicht weit her ist, brauchen wir den Leuten ja nicht schon in der Zeitung auf die Nase zu binden, das merken sie noch früh genug. Und wenn du dich ein wenig verstellst, gehst du vielleicht als halbwegs Normaler durch.“
    Guddel hatte inzwischen noch etwas in Karls Entwurf gestrichen und dazugeschrieben und sich an dem Streitgeplänkel der beiden nicht beteiligt. Jetzt blickte er auf und sagte: „So, ich glaube, der Text ist druckreif. Hört mal: ,Drei junge Freunde übernehmen alle Arbeiten.’ Und dahinter in Klammern: ,Babysitten, Holzhacken, Botendienste usw.’“
    „Gut“, rief Egon, „damit ist schon angedeutet, was für Arbeiten gemeint sind. Nun schreib man noch ,Teppichklopfen, Einkaufen, Fensterputzen, Wagenwaschen, Rasenmähen, Obstpflücken, Hoffegen und Gartenumgraben 1 dazu, dann stimmt die Richtung.“
    „So?“ fragte Karl. „Soll er nicht auch noch schreiben, daß die jungen Freunde Staub wischen, Fliegen fangen, Pudding kochen, Bleistifte spitzen und Kleider ausbürsten können? Der Vollständigkeit halber, meine ich?“
    „Lieber eine Andeutung zuviel gemacht als eine halbe zuwenig!“ verteidigte sich Egon. „Das erleichtert den Leuten die Orientierung.“
    Guddel beugte sich wieder über den Zettel und schrieb das Rasenmähen und das Obstpflücken noch dazu.
    „Mehr ist nicht nötig“, sagte er, „das verwirrt nur und wird auch zu teuer. Jetzt schreibe ich das Ganze noch einmal sauber ab, und dann bringen wir die Anzeige sofort zur Annahmestelle.“
    Als sie kurz darauf mit der Reinschrift unterwegs waren, sagte Egon sinnend: „Vielleicht hätten wir noch bemerken sollen, daß wir in Kürze einen Hund mitbringen könnten, das hätte unsere Einsatzmöglichkeiten beträchtlich erweitert. Wir hätten zum Beispiel als Nachtwächter Kaufhäuser sichern können und so. Was meint

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