Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Karl der Dicke beißt sich durch

Karl der Dicke beißt sich durch

Titel: Karl der Dicke beißt sich durch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Schrader
Vom Netzwerk:
einsamen alten Frau zu helfen und zum zweiten Geld zu verdienen für den Brandschaden der Familie Centoaqua.“
    „Vielleicht ist die Oma gar nicht so arm, wie sie tut“, sagte Karl. „Ich meine, hingehen können wir ja mal, so ganz unverbindlich. Wenn uns ihre Bedingungen nicht Zusagen, verduften wir einfach auf Nimmerwiedersehen. Das ist doch kein Risiko. Aber jetzt wollen wir erst mal hören, was in dem zweiten Brief steht. Los, Guddel, laß dich nicht lange bitten!“
    Da entfaltete Guddel den zweiten Brief und las ihn ebenfalls vor:
     
Betr.: Ihre Anzeige vom 5.8., Kennummer 7385/S
Am 16., 17. und 18.8. muß ich geschäftlich nach London. Meine Frau wird mich begleiten. Unsere Kinder, 7, 8 und 9 Jahre alt, sind zu der Zeit mit meinem alten Vater in unserm Landhaus in Meyenburg. Da mein Gärtner und unerfj-eulicherweise auch das Dienstmädchen an den genartnten Tagen noch im Urlaub sind, suche ich dringend.jemanden, der sich mit den Kindern beschäftigen und eventuell auch den Rasen mähen und die Hecke schneiden kann. Schlafgelegenheit im Haus vorhanden. Gute Verpflegung und Bezahlung werden selbstverständlich zugesichert.
Ich bitte um Vorstellung.
Sprechzeit jeden Mittag von 12 bis 15 Uhr in der Parkallee 659.
Dr. H. Gregant
     
    Egon pfiff durch die Zähne.
    „Mensch, Leute“, rief er, „auf so was haben wir gewartet! Ein bißchen rasenmähen, ein bißchen an der Hecke rumschnippeln und drei kleine Kinder beaufsichtigen! Dazu gutes Essen, bequeme Betten und einen Superlohn! Das ist doch geradezu ein Bilderbuchjob, wie für uns gemacht! Ich schlage vor, wir sausen sofort in die Parkallee, damit uns niemand zuvorkommt.“
    „Nur nicht so hastig!“ rief Karl. „So schnell flutscht der Opa nicht in die Badewanne! Erstens schaffen wir es gar nicht mehr zur Parkallee bis um 15 Uhr, und zweitens können wir uns in diesem Aufzug sowieso nicht vorstellen. Der Dr. Gregant ist bestimmt ein reicher Knabe, der es sich erlauben kann, die Leute, die er für sich arbeiten lassen will, nach Qualität, Charaktereigenschaften, Schulzeugnissen usw. auszusuchen. Sonst hätte er ja wohl seine Telefonnummer angegeben und mit den Bewerbern telefonisch verhandelt. Aber nein, das will er nicht. Er vertraut seine geliebten Kinder nicht irgendwelchen heruntergekommenen Strolchen an. Darum müssen wir uns besonders landfein machen und uns ein paar gute Manieren überlegen, wenn wir bei ihm aufkreuzen, damit er von unserer Erscheinung überwältigt ist.“
    „Mir will das Ganze nicht recht gefallen“, sagte Guddel nachdenklich. „Man engagiert doch nicht drei Freunde als Babysitter! Da muß man doch fürchten, daß die einem das ganze Haus ausräumen und sich nach Amerika absetzen!“
    „Um das auszuschließen, bestellt er sich die Kameraden ja zum Anschauen in die Wohnung“, rief Egon. „Der ist schon auf Zack, mein Lieber, der nimmt keinen, dem er nicht voll vertraut!“
    „So, und du meinst, wenn er zehn Minuten mit ihnen gequatscht hat, dann kennt er sie, was?“ fragte Guddel. „Nee, nee, ich trau’ der Sache nicht, da steckt bestimmt noch was dahinter!“
    „Na, klar, steckt noch was dahinter!“ rief Egon. „Haste das vergessen? Einer soll die Hecke schneiden, einer den Rasen mähen und einer die Kinder hüten. So hat sich der Onkel das ausgedacht. Das ist doch durchschaubar wie ‘ne frischgewaschene Fensterscheibe. Und wahrscheinlich steht der alte Daddy, der Vater von dem Doktor, den ganzen Tag mit ‘ner Knarre unterm Rock im Garten und paßt auf, daß keiner Dummheiten macht.“
    „Ich sehe auch nur Positives in dem Job“, sagte Karl. „Dienstpersonal ist knapp, und darum denkt sich der Mann, besser drei eingestellt als gar keinen. Wenn in unserer Anzeige nur von zwei Freunden die Rede gewesen wäre, hätte er die sicherlich auch beschäftigt.“
    „Na, schön“, stimmte Guddel zu, „fahren wir also morgen in die Stadt. Jetzt aber machen wir der alten Holzhackerdame einen Antrittsbesuch. Zum Bockhorner Weg ist es ja nicht weit.“
    Sie steckten die beiden Briefe weg, bestiegen ihre Räder und fuhren los.
    „Welche Hausnummer ist es denn?“ fragte Karl unterwegs. Guddel fummelte den Brief aus der Tasche und sah nach. „Ist nicht angegeben“, antwortete er. „Die hat sie wohl in der Eile vergessen.“
    „Prost Mahlzeit!“ rief Egon. „Da haben wir ja was vor uns! Der Bockhorner Weg ist doch über einen Kilometer lang. Bis wir jedes Haus abgeklappert und überall nach der alten Oma gefragt

Weitere Kostenlose Bücher