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Karl der Dicke beißt sich durch

Karl der Dicke beißt sich durch

Titel: Karl der Dicke beißt sich durch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Schrader
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Kopf.
    „Nein, Guddel“, sagte er laut, „dreihundert Mark sind genug, wir wollen ja schließlich nicht wuchern.“ Da winkte der Mann ärgerlich mit der Hand und radelte davon.
    „Du bist der größte Esel, der je das Vergnügen hatte, sich mein Freund nennen zu dürfen!“ rief Egon böse. „Nun ist er weg! Und wir hatten ihn schon so fest an der Angel! Fünfzig Mark ist doch ein Heidengeld für dieses alte Monstrum! Wenn du auf dem Flohmarkt auch so unverschämte Preise forderst, bleiben wir auf den Klamotten sitzen wie ein Drache auf ‘nem Goldschatz.“
    Aber Karl wußte sich zu verteidigen.
    „Du hast keine Ahnung vom Geschäftemachen“, sagte er. „Wenn der Salzknabe von selber kommt und uns unaufgefordert fünfzig Mark bietet, dann kannst du sicher sein, daß die Uhr mindestens das Doppelte wert ist. In solchem Fall muß man als Verkäufer den Preis sehr hoch ansetzen, damit man sich mit dem Interessenten nach einigem Hin- und Hergefeilsche etwa in der Mitte zwischen Angebot und Forderung treffen kann. Der Onkel glaubte doch, nachdem er dich gesehen hatte, er hätte ein paar Torfköppe vor sich, die er übers Ohr hauen kann! Soll er doch mit seinem Fünfzigmarkschein selig werden! Verschleudert wird hier nichts, solange ein Kenner wie ich mit von der Partie ist. Wie sollen wir sonst die stattliche Summe von über 1000 Mark für die Feuerwehr aufbringen!“
    Kaum hatte er das gesagt, da sahen sie, wie der Mann zurückkehrte und genau auf sie zuhielt.
    „Wie ist es“, rief er, „habt ihr das Geschäft noch mal besprochen?“
    „Ja“, sagte Karl, „wir wollen Ihnen entgegenkommen, wenn Sie die Uhr denn schon unbedingt haben wollen. Zweihundertundfünfzig Mark, und sie geht in Ihren Besitz über!“
    „Ich will euch auch entgegenkommen“, sagte der Mann. „Fünfundsiebzig Mark, und ihr seid das Biest los!“
    „Zweihundert!“ rief Karl.
    „Achtzig!“ rief der Mann.
    „Hundertfünfzig!“
    „Fünfundachtzig, mein letztes Gebot!“
    „Na ja, weil Sie es sind! Abgemacht!“
    Sie hielten an, ließen sich fünfundachtzig Mark in die Hand zählen und gaben dem Mann die Uhr. Der klemmte sie unter den Arm und fuhr so schnell davon, als fürchtete er, die Jungen könnten sich noch anders besinnen.
    Karl aber schlug Egon auf die Schulter und sagte: „Siehst du, Langer, so macht man Geschäfte! Ich hoffe, du hast was dazugelernt!“
    Sie brachten die Möbel, wie vorher schon die andern Sachen, in den Schuppen von Karls Eltern, wo sie bis zum Flohmarkt regensicher untergebracht und niemandem im Weg waren.
    Und dann genehmigten sie sich eine Bratwurst vom Holzkohlegrill.
    „Meint ihr nicht auch, daß wir einen guten Start haben?“ fragte Egon schmatzend. „Nach Abzug der Unkosten bleiben uns über hundert Mark in der Kasse, leicht verdientes Geld. Ich fürchte, für die nächsten hundert Mark müssen wir härter arbeiten.“
    „Das ist noch gar nicht raus“, sagte Guddel. „Ich kann mir denken, daß wir uns beim Babysitten für den reichen Scheich in Meyenburg auch kein Bein ausreißen werden.“
    „Natürlich nicht!“ rief Karl. „Bei dem lassen wir uns für die Verantwortung, die wir auf unsere schwachen Schultern laden, bezahlen und nicht für das Werk unserer Hände! Kinder hüten, was ist das schon! Du machst ein bißchen Tralala und Hopsasa, und das kleine Gemüse hängt dir am Rockzipfel wie ‘n Apfel am Baum. Ich wette, daß wir in unserer unverdorbenen menschlich-sympathischen Art bei den Kleinen ganz groß ankommen.“
    „Mag sein“, sagte Egon, „besonders wenn du dein wahres Wesen eine Zeitlang auf Urlaub schickst und dir deinen unwiderstehlichen Babycharme als Make-up auf die Bäckchen legst. Aber bevor wir auf die süßen Kinderchen angesetzt werden, müssen wir den Vater überzeugen, daß wir das beste Hüteteam für seine Ableger sind, das zwischen Nord- und Südpol zu finden ist.“
    „Darin sehe ich keine Schwierigkeit“, rief Karl, „sofern ihr euch bescheiden im Hintergrund haltet. Ich pfeffere ihm ein paar wohlerzogene Redensarten an den Kopf, daß er meint, wir seien entlaufene Königssöhne. Wir müssen uns natürlich mit unseren besten Klamotten behängen, weil diese Art Leute stets vom Anzug eines Menschen auf seinen Charakter schließt. Siehste aus wie ein Lump, biste in ihren Augen auch einer.“
    Kurz nach vierzehn Uhr klingelten sie bei Dr. Gregant in der Parkallee. Ein Mädchen, kaum älter als sie, öffnete ihnen.
    „Bitte?“, sagte sie und schaute die

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