Karl der Dicke beißt sich durch
gutem Zureden! Oder lock ihn mit einem Stück Brot oder einer Wurst!“
„Ja, das könnte funktionieren“, sagte Karl. „Streck ihm mal eins deiner Storchbeine vor die Nase, das hält er bestimmt für einen Knochen!“ Egon stieg ab.
„Caesar frißt keine Knochen“, sagte er. „Aber wenn du mit deinem breiten Hinterteil vor ihm herwandelst, wird ihn das vielleicht zum Weitergehen anregen: zwei Vollreife Schinken bringen ja den widerspenstigsten Hund in Bewegung.“ Caesar machte sich jedoch weder etwas aus Knochen noch aus Schinken. Er setzte seine ganze Intelligenz darein, genau das Gegenteil von dem zu tun, was sein Herrchen wollte. So nebenbei, vom Sattel des Fahrrades aus, ließ er sich nicht abrichten.
Da schlug Guddel vor, ihn in den Korb zu setzen und ein bißchen spazierenzufahren.
„Er muß sich wohl erst einmal richtig an dich gewöhnen“, sagte er, „muß deinen Geruch in sich aufnehmen und ein paar Stunden auf Tuchfühlung bei dir hocken, dann wird er dich als Leitwolf anerkennen und alles tun, was du willst.“
„Okay“, stimmte Egon zu, „das wollte ich mir auch gerade einfallen lassen. Hol mal den Korb her!“
Tatsächlich, das Sitzen im Korb gefiel Caesar ausnehmend gut.
Er hockte auf den Hinterkeulen, stützte sich mit den Vorderläufen ab und schaute staunend auf die Straße, die unter ihm vorbeizog, und die verschiedenen Lebewesen, die sich darauf bewegten.
„Siehst du“, rief Guddel, „jetzt wird er das Angenehme des Fahrens immer mit dir und deinem Geruch verbinden. Sobald du in seinen Dunstkreis trittst, weiß er, daß ihn etwas sehr Schönes erwartet. Das macht ihn dir zum Freund.“ Sie fuhren ohne festes Ziel und fanden sich plötzlich an der Lesum wieder. Da begegnete ihnen auf dem asphaltierten Radweg unterhalb des Deiches ein älterer Herr mit einem Schäferhund. Das Tier lief neben dem Fahrrad her und schaute nicht nach links und rechts.
Caesar jedoch bemerkte den großen Hund, der mit gesenktem Blick so lammfromm an der Seite seines Herrn trabte, schon von weitem. Er begann leise zu jaulen, erhob sich und wedelte mit dem Schwanz. Und bevor Egon ihn am Halsband halten konnte, sprang er mit einem großen Satz aus dem Korb und auf den andern Hund zu. Der, erschreckt durch das Ungestüm des kleinen Kerls, bremste ruckartig und fuhr einen halben Schritt zurück. Das genügte, um seinen Herrn aus dem Gleichgewicht zu bringen und in den Graben zu stoßen. Es planschte, eine Wasserfontäne stieg auf, und der Mann war verschwunden. Sein Fahrrad ebenfalls. Die Jungen stiegen ab und bemühten sich, ihm zu helfen. Schon tauchte er wieder auf, griff nach seinem Hut, der vor ihm auf dem trüben Wasser schwamm, und kletterte unbeholfen den Grabenrand hinauf. Karl und Guddel zogen ihn dabei an den Händen.
„Das ist ja wohl die Höhe!“ schrie er, als er wieder festen Boden unter den Füßen hatte. „Kannst du deinen dämlichen Köter nicht festhalten?“
„Ich war darauf ja nicht vorbereitet“, entschuldigte sich Egon.
„Es tut mir leid, das nächste Mal passe ich besser auf.“
„Das nächste Mal?“ schnaufte der Mann wütend. „Hüte dich, daß ich dir nicht eine herunterhaue!“ Und er machte drohend einen Schritt auf Egon zu. Aber da stand Karl plötzlich in all seiner Stattlichkeit vor ihm.
„Meinen Freund trifft keine Schuld“, sagte er. „Wenn Ihre Töle nicht so schreckhaft wäre, hätte das gar nicht passieren können. Die hat Sie doch in den Graben gerissen!“
„Meine Töle?“ schrie der Mann. „Wahre deine Zunge! Das Tier ist mehr wert als du!“
Nun, im Augenblick schoß das wertvolle Tier in wilden Sätzen den Deich hinauf und wieder hinunter, sprang über den Graben, fegte über die Weide und entfernte sich immer weiter von seinem durchnäßten Herrn. Es war offensichtlich auf der Flucht, denn der kleine Terrier folgte ihm wie ein Schatten, schnitt ihm den Weg ab, weil er den Kühen durch die Beine laufen konnte, und bellte vor Lust und Freude dabei. „Der Tapferste scheint ihr wertvoller Hund aber auch nicht zu sein“, sagte Karl grinsend, „er läuft ja, als ob er die Hosen voll hätte.“
Der Mann schüttelte das Wasser aus seinem Hut und nahm das Fahrrad auf, das Guddel aus dem Graben gezogen und aufs Gras gelegt hatte. „Willst du deinen Kläffer nicht endlich zurückrufen?“ fuhr er Egon an.
„Das hat keinen Zweck“, antwortete der, „der weiß nämlich noch gar nicht, wie er heißt. Ich hab ihn erst seit gestern.“ Da nahm
Weitere Kostenlose Bücher