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Karl der Dicke & Genossen

Karl der Dicke & Genossen

Titel: Karl der Dicke & Genossen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Schrader
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der Dicke war der erste, der am andern Morgen gegen fünf erwachte.
    „Gott sei Dank, ich lebe!“ sagte er. Auch daß Guddel und Egon noch atmeten, erfüllte ihn mit Dankbarkeit. Vorsichtig und leise schlüpfte er nach draußen.
    Die Räder lagen noch genauso im Gesträuch, wie sie am Vorabend hingeworfen worden waren. Na also, dachte Karl, das Wachestehen habe ich mir erspart. Weil sein Gewissen aber doch nicht ganz rein war, beschloß er, irgend etwas für die Allgemeinheit zu tun. Nachdem er durch ein paar abgehackte Rumpfbeugen die Müdigkeit gänzlich abgeschüttelt hatte, bereitete er ein leckeres Frühstück. Er schmierte ein knappes Dutzend Stullen, belegte sie mit Mettwurst und Schinken und servierte sie recht appetitlich auf seinem Taschentuch. Dann machte er Feuer, kochte Wasser und wusch in seinem Fünflitertopf sämtliches Geschirr ab.
    Rings dampfte der Wald, und bald stieg aus der Tülle der Teekanne ein dünnes Fähnchen steil in die Luft.
    So früh am Morgen ist der Wald am schönsten, dachte Karl. Gerade wollte er seine Freunde wecken, da steckte Guddel bereits die Nase aus dem Zelt, blinzelte in die Sonne und rief:
    „Was sehn meine Augen im frühesten Licht?
    Karl wäscht das Geschirr ab. Das gibt es doch nicht!“ Und schon schliefte er heraus wie ein Fuchs aus seinem Bau. Als Egon nicht gleich hinterherkam, hatte Karl den glücklichen Einfall, ihn mit einem tropfnassen Moospolster zu wecken.
    Behutsam näherte er sich dem Schlafenden.
    „So, mein Junge“, sagte er leise, „gleich hast du auch ins Bett gemacht!“
    Aber Egon hatte schon wach gelegen.
    „Das würde dir so passen!“ rief er lachend, richtete sich auf und stülpte dem überraschten Karl die Decke über den Kopf, daß der das nasse Moos an seinem Sporthemd zerdrückte.
    Wenig später saßen sie friedlich um die Feuerstelle und frühstückten.
    „Unser Koch ist einsame Klasse, was?“ sagte Guddel und goß sich eine zweite Tasse Tee ein. „Er hat richtig was Menschliches in seiner Handlungsweise. Schmiert Brote und wäscht Geschirr! Wer hätte soviel Edelmut hinter seiner rauhen Schale vermutet!“
    „Was ist daran so außergewöhnlich?“ fragte Egon abschwächend. „Er ist doch Koch, und da gehört es zu seinen Aufgaben.“
    Karl schwieg dazu.
    Als sie das Zelt abbrachen, hörten sie das ängstliche Schreien und Gackern eines Huhns und das Brechen von Ästen und Zweigen.
    „Da ist wohl wieder ein Wolf unterwegs, was?“ fragte Guddel und grinste Egon an.
    „Ja“, sagte der, „aber einer im Schafspelz! Wißt ihr, was da passiert? Da wird ein Huhn von kaltblütiger Menschenhand hingemeuchelt!“
    „Wie kommste denn darauf?“ fragte Karl erstaunt.
    „Ich wäre heute nacht fast auf den Salzknaben von der Tankstelle in Porta getreten“, erklärte Egon. „Der hat dahinten in einem Schlafsack gelegen, ganz ohne Zelt. Ich wette, daß er sich ein Huhn zum Frühstück gefangen hat.“
    „Was macht der Pinsel ausgerechnet in unserm Wald?“ wunderte sich Karl. „Glaubt ihr, daß er auch nach Pyrmont will und sich zufällig dieselbe Strecke ausgesucht hat? Das ist doch höchst unwahrscheinlich.“
    „Ich bin gestern in Hameln fast mit ihm zusammengestoßen“, sagte Guddel nachdenklich. „Vielleicht ist er uns gefolgt, um uns im Schlaf zu bestehlen?“
    „Man gut, daß wir die ganze Nacht eine Wache draußen hatten“, sagte Egon. „Das hat seinen Plan bestimmt ganz schön ins Schaukeln gebracht.“
    Karl zwinkerte Guddel zu und legte den Finger auf den Mund. „Wir sind drei“, sagte er. „Wenn der hier aufgekreuzt wäre, hätten wir bestimmt Kleinholz aus ihm gemacht.“
    Sie hatten während dieser Reden Zelt und Gepäck auf den Rädern verstaut und waren fahrbereit. Ein letzter Blick auf die Feuerstelle zeigte ihnen, daß die Glut völlig erloschen war. Guddel scharrte zur Sicherheit noch Erde darüber. Dann schoben sie die Räder an den Weg.
    Gerade als sie aufstiegen, hörten sie jemanden hinter sich herrufen.
    „Ihr verdammten Kerle, bleibt stehen! Sonst laß ich den Hund los!“
    Erschrocken blickten sie sich um und sahen einen Bauern mit einem langen Knüppel in der Hand angelaufen kommen. „Was will der denn von uns?“ fragte Karl.
    „Mensch, der denkt, wir haben sein Huhn umgebracht!“ rief
    Egon. „Kommt, wir hauen ab, sonst wird es gefährlich!“
    „Aber wir haben doch sein Huhn nicht mal gesehen“, sagte Guddel.
    Egon fuhr schon los.
    „Wie wollen wir ihm das beweisen?“ rief er zurück.

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