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Karl der Dicke & Genossen

Karl der Dicke & Genossen

Titel: Karl der Dicke & Genossen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Schrader
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erkennen geben?“
    Aber der winkte ab und schob sein Rad hastig weiter. „Aber schlank ist er, alles was recht ist“, spottete Egon.
    „Wenn du im Alter mal genauso dünn sein willst wie er, mußt du jetzt schon anfangen abzumagern.“
    Karl antwortete nicht. Er stieg auf, als er die Bäckerstraße erreicht hatte, und fuhr und fuhr, als könnte er die Erinnerung an den wahren Opa Hameln um so eher abschütteln, je schneller er die Stadt hinter sich ließ.
    Guddel hatte Mühe, den Anschluß zu halten.
    „Nun jag doch nicht so!“ rief er mehrmals. „Du siehst ja nichts von den Herrlichkeiten der Stadt!“
    Schließlich holte er ihn aber doch ein.
    „Meine Güte“, sagte er keuchend, „bist du deshalb auf Fahrt gegangen, um Rennen zu veranstalten? Wir sind in Hameln, falls du das schon gemerkt haben solltest. Und das ist eine sehr sehenswerte Stadt. Wir müssen uns doch was angeguckt haben, bevor wir sie wieder verlassen!“
    „Ich hab’ meinen Opa gesehen“, knurrte Karl, „und das reicht.“
    „Dir vielleicht“, sagte Guddel, „aber mir nicht, Schließlich muß ich einen Bericht über unsern Aufenthalt hier schreiben, da brauche ich schon ein paar Anhaltspunkte. Dein magerer Opa gibt nicht genug Stoff ab.“
    Karl hatte aber keine Lust mehr zu einem Stadtbummel. Er wollte ‘raus aus der Stadt und irgendwo an der Weser das Zelt aufschlagen. Auch Egon war nicht sonderlich an einer Besichtigung historischer Baudenkmäler interessiert.
    „Das einzige, was mich zur Zeit bewegt“, sagte er, „ist ein ganz abscheulicher Durst. Daran ist sicherlich Tante Annas indische Küche schuld. Ich möchte in eine Kneipe gehen und mir etwas Kühles über die Zunge laufen lassen. Darum mache ich den Vorschlag, du, Guddel, latschst durch die Straßen und läßt uns hier zurück. Dann bist du zufrieden, und wir sind es auch.“
    Das war allen recht. Also trennten sie sich für eine Stunde, nachdem sie ihre Fahrräder auf einem Parkplatz abgestellt hatten.
    Während Egon und Karl nun nichts anderes im Sinn hatten, als schnellstens eine Gaststätte zu finden, marschierte Guddel in den Ostertorwall hinein und suchte Sehenswürdigkeiten. Erstaunte über die prunkvollen Fassaden, ließ sich vom Apotheker der Löwenapotheke einen Vortrag über die Weserrenaissance halten, von dem er fast die Hälfte verstand, und entdeckte das Museum und das Hochzeitshaus. Vor dem Rattenkrug stieß er auf eine Gruppe von Touristen, die an einer Stadtführung teilnahmen. Die junge Hostess in ihrem roten Kostüm erzählte gerade die Sage vom Rattenfänger. Dann ging sie inmitten der Gruppe weiter, machte auf alles aufmerksam, was hübsch oder alt oder beides war, und bewirkte, daß Guddel im Nu ihr aufmerksamster Zuhörer wurde. Erstens, weil sie sehr lebendig und anschaulich sprach, und zweitens, weil sie selber eine Sehenswürdigkeit war, sehr hübsch und noch sehr jung. Er hätte ihr gern noch weiter zugehört, als sie die Führung vor dem Verkehrsverein beendete. So verabschiedete er sich mit einem langen Blick von ihr und ging dann halb träumend zu seinem Fahrrad zurück. Fast wäre er dabei mit dem Schmalzbubi zusammengestoßen, den sie im Regen unter dem Tankstellendach getroffen hatten.
    „Augen auf im Straßenverkehr!“ rief der. „Damit du keine Erwachsenen anrempelst!“
    Egon und Karl warteten schon ungeduldig.
    „Mensch“, rief Karl ihm entgegen, „ist dein Wecker stehengeblieben? Nach einer Stunde wollten wir uns treffen und nicht nach einem Tag! Gibt es denn so viele interessante Dinge in diesem Rattennest zu sehen?“
    „Mehr als du vermutest“, antwortete Guddel und dachte dabei nicht nur an die alten Bauwerke.
     

 
    Sie wurden sich rasch darüber einig, daß sie als nächstes Ziel Bad Pyrmont ansteuern wollten. Also tasteten sie sich in dem Gewirr der Einbahnstraßen durch die Altstadt, überquerten die Weser und jagten dann auf dem breiten Radweg dahin. Nach fünf Kilometern verließen sie die Bundesstraße und bogen ab nach Pyrmont, und nach weiteren fünf Kilometern stellten sie einträchtig fest, daß sie Hunger hatten, Hunger auf etwas Warmes.
    „Wißt ihr, was unsern Bäuchen jetzt guttut?“ sagte Karl nachdenklich. „Ein ofenfrischer Pfannkuchen!“
    „Einer ist zuwenig“, rief Egon. „Drei oder vier müssen es schon sein.“
    „Macht mir nicht den Mund wässerig“, stöhnte Guddel. „Woher sollen wir hier wohl ofenfrische Pfannkuchen kriegen?“
    „Du Scherzbold“, antwortete Karl beleidigt.

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