Karl der Dicke & Genossen
Rädern schraubte, ins Wasser warf und lachend über den Zaun verschwand.
„Den ersäufen wir wie eine Katze“, gurgelte Egon hervor. Endlich erreichten sie das Ufer. Sie sahen aus wie hautkranke Neger. Überall klebte noch Schlick an ihrem Körper. Aber darauf nahmen sie jetzt keine Rücksicht, sondern liefen, so schnell sie konnten, dem Dieb nach. Doch das heftige Schwimmen hatte ihre Kräfte verbraucht, und sie konnten ihn nicht einholen. Sie sahen ihn über den letzten Zaun und auf sein Fahrrad steigen und davonjagen.
Rasch gewann er einen großen Abstand von seinen Verfolgern, denen nichts anderes übrigblieb, als umzukehren. Was war zu tun?
Sie untersuchten ihr Gepäck und stellten sehr schnell fest, daß der Dieb Karls Portemonnaie mit dem gesamten restlichen Fahrtengeld gestohlen hatte. Nur ein Zweimarkstück mußte ihm in der Eile heruntergefallen sein. Egon fand es neben seinem Schuh. Betroffen sahen sie sich an.
Karl zitterte vor Wut.
„Wenn wir den zu fassen kriegen“, sagte er bebend, „machen wir ihn so fertig, daß er ins Krankenhaus muß!“
„Aber wie sollen wir ihn fassen mit unsern Rädern ohne Luft?“ fragte Egon.
Da erinnerte sich Guddel, daß er zwei Ersatzventile in der Satteltasche hatte.
„Gut“, rief Egon, „dann besteht kein Grund zur Panik. Hört zu! Mein Rad machen wir fahrbereit. Ich sause ohne Gepäck zur nächsten Polizeistation und melde den Diebstahl. Der Lump hat bis jetzt höchstens einen Vorsprung von fünfzehn Minuten und kann mit einem Überfallwagen schnell eingeholt werden. Ihr baut das Zelt ab und kommt nach.“
Das war ein brauchbarer Vorschlag.
Guddel kramte hastig seine Ersatzventile aus und schraubte sie in Egons Rad. Karl machte sich ans Pumpen. Dann wuschen sie sich den hartgewordenen Schlick vom Körper, zogen sich an und begleiteten Egon bis an die Straße, damit das Übersteigen der Zäune schneller ging.
Schon saß Egon auf und sauste los.
Die Straße führte anfangs ein wenig bergan. Links lag eine kleine Gaststätte. Dahinter ging es steil abwärts. Egon trat zornerfüllt so heftig auf die Pedale, daß er sich in einer Kurve beinahe überschlug. Im Tal angekommen, fragte er einen Jungen von fünf Jahren nach der Polizeistation. Der zeigte die Straße zurück.
„Du hast ‘n Knall! Da komm’ ich ja gerade her!“ rief Egon wütend und jagte weiter.
„Selber Knall!“ rief der Junge ihm nach.
Das ist die Jugend von heute, dachte Egon.
Fünf Kilometer mußte er noch strampeln, bis er endlich an einen Polizeiposten kam. Der wachhabende Polizist hörte sich seinen Bericht ruhig an und ließ sich dann eine genaue Personenbeschreibung des Diebes geben.
„Was sagst du, er hat eine Viertelstunde Vorsprung?“ fragte er.
„Höchstens“, sagte Egon, „wenn Sie sofort mit Ihrem Überfallwagen hinterherfahren, holen Sie ihn in drei Minuten ein.“
Der Polizist lächelte.
„Das geht leider nicht, mein Junge, so gern ich euch den Gefallen täte. Denn erstens haben wir hier gar keinen Überfallwagen, und zweitens bin ich ganz allein zur Zeit und darf das Revier nicht verlassen.“
„Nicht verlassen?“ stotterte Egon. „Wie sollen wir denn dann unser Geld wiederkriegen?“
Der Beamte antwortete nicht darauf. Er wandte sich um und zog das Telefon zu sich heran.
„Ludolf vier“, sagte er und nach einer Weile: „Willi? Hier ist Hans. Du da hat so’n Halbstarker drei Radwanderer bestohlen. Geld, jaja. Möglich, daß er bei euch vorbeikommt. Er hat angeblich eine Gitarre auf dem Rücken und fährt ein Angeberfahrrad mit Hupe, Blinkern und so. Also guck mal’n bißchen aus dem Fenster. Tschüß!“ Er legte den Hörer auf die Gabel und drehte sich zu Egon um.
„Das ist alles, was ich im Augenblick für euch tun kann, mein Junge.“
Egon war enttäuscht.
Wenn die Polizei nichts weiter tat, als ein wenig aus dem Fenster zu gucken, würden sie ihr Geld niemals wiederkriegen. Zu allem Überfluß mußte er dem Polizisten nun noch viele Angaben machen, ihre Namen, Anschriften und so weiter zu Protokoll geben.
„Du kannst dich bei jeder Polizeistation der näheren Umgebung erkundigen, ob wir den Dieb gefaßt haben“, sagte der Beamte noch. Dann konnte Egon gehen.
Er stellte sich an den Straßenrand und wartete, lange, sehr lange!
Karl und Guddel waren selbst nach einer Stunde immer noch nicht in Sicht.
Die gehen ja wohl rückwärts, dachte Egon ärgerlich. Aber das war nicht der Fall. Die beiden hatten Gepäck für drei und zwei platte
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