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Karl der Dicke & Genossen

Karl der Dicke & Genossen

Titel: Karl der Dicke & Genossen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Schrader
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zehn Tage damit?“
    „Das werden wir spätestens in einer halben Stunde wissen“, sagte Guddel und salbte sein Gesicht ein, daß er aussah wie ein Indianer auf dem Kriegspfad. Da rieben auch Karl und Egon sich gegenseitig das Fett in den Rücken. Sie stöhnten dabei, als würde ihnen die Haut lebendig vom Leibe gezogen. Auf Guddels Rippen verschmierten sie den Rest. Darauf standen sie eine Weile unschlüssig herum und betrachteten einander.
    „Und was nun?“ fragte Egon schließlich. „Wollen wir im Stehen warten, bis der Sonnenbrand sich verflüchtigt hat?“
    „Erst einmal müssen wir schnellstens aus der Sonne verschwinden“, bestimmte Karl, „sonst wirkt die Creme wie ein Brennglas, und dann gute Nacht. Los, ‘rein ins Zelt!“ Im Zelt war es aber so heiß, daß sie sofort wieder herauskamen. Als sie noch überlegten, was dagegen zu tun sei, hatte Guddel einen Einfall.
    „Wir bauen uns aus den Wolldecken ein Vorzeit“, rief er, „so ein Sonnensegel. Dann haben wir herrlichen Schatten.“
    „Also, Guddel“, begeisterte sich Karl, „daß aus deinem Dichtermund auch mal ein brauchbarer Vorschlag kommt, haut den stärksten Neger vom Teppich. So was Ähnliches wollte ich mir gerade einfallen lassen.“
    Egon fischte ohne viele Worte sein prächtiges Messer aus der Hosentasche, ein Geburtstagsgeschenk seines Vaters, mit Korkenzieher, Glasschneider und Büchsenöffner, und hackte vier kräftige Stöcke aus einem Weidenbusch. Karl und Guddel banden zwei ihrer Wolldecken aneinander. Übereine Stunde hatten sie mit dem Bau des Sonnendaches zu tun. Dann konnten sie endlich im Schatten frühstücken.
    Den Rest des Vormittags verbrachten sie mit Kartenspielen, Schnitzen, Witzeerzählen und Schlafen. Mittags aßen sie ihre letzten Vorräte auf, und nach dem Essen entschloß sich Karl schimpfend, vom nächsten Ort Lebensmittel einzukaufen, da Egon und Guddel glaubhaft versicherten, lieber verhungern zu wollen, als mit ihrem Sonnenbrand einen Schritt aus dem Haus zu gehen.
    Dennoch begleiteten sie Karl bis an die Straße, halfen ihm mit dem Rad über die Zäune und winkten ihm nach, als er davonfuhr. Als er nach fast zwei Stunden zurückkehrte, bereiteten sie ihm einen Empfang, als ob sie sieben Jahre lang in einer Einöde gelebt hätten und er das erste menschliche Wesen sei, das zu ihnen komme.
    „Meine Lieben“, rief Karl, „wenn wir schon ein verbranntes Kreuz mit uns herumschleppen müssen, so wollen wir doch wenigstens einen vollen Magen dabei haben. Ihr werdet Stielaugen machen, wenn ihr seht, was ich mitgebracht habe. Und alles ganz preiswert! Ich habe der Tante in dem Saftladen in bewegten Worten unsere miese Lage vor Augen geführt, da hat sie mir gleich zehn Prozent Rabatt gegeben. Und der Bäcker, ihr Mann, war davon so ergriffen, daß er mir diesen ganzen Pappkarton hier voll Kuchenkanten für zehn Pfennig überließ. Seine Frau legte mir heimlich sogar noch ein paar Stücke alten Apfelkuchen mit hinein. Wißt ihr übrigens schon, was es heute abend als Hauptmahlzeit gibt? Bouletten auf Hausmacherart.“
    Während Karl das Feuer fürs Abendessen in Gang setzte, zählte Guddel das Reisegeld nach.
    „Wir haben noch genau achtunddreißig Mark und sechzehn Pfennige“, sagte er. „Übermorgen müssen wir unbedingt weiter, damit wir in Hannoversch Münden ankommen, bevor wir verhungert sind.“
     

 
    Am dritten Tag war der schlimmste Sonnenbrand überstanden. Sie wollten weiterfahren, vorher aber noch einmal ausgiebig schwimmen.
    Noch vor dem Frühstück sprangen sie in die Weser und schwammen ans andere Ufer. Die Schlickbank begrüßten sie wie das Gesegnete Land, und im Handumdrehen brachen wieder heftige Kampfhandlungen aus. Egon war diesmal Hannibal, der auf seinem Elefanten, Karl nämlich, über die Alpen ritt.
    Bald glichen sie einer Rotte Ölbohrern, denen das Öl einer unverhofft erbohrten Quelle um die Ohren gespritzt war. Gerade als Hannibal, von einem Wurfgeschoß getroffen, zu Boden sank und seinen unbeholfenen Elefanten im Schlammbett unter sich begrub, sah Guddel, wie sich jemand an ihrem Zelt zu schaffen machte.
    „Kommt“, rief er, „da drüben ist einer bei unseren Sachen!“ Wortlos stürzten sie sich ins Wasser und schwammen zurück.
    „Das ist ja dieser pomadige Heini von der Tankstelle“, sagte Karl. „Na, der kann was erleben!“
    Hilflos in der Weser schwimmend, mußten sie voll unbändiger Wut mit ansehen, wie der Bursche ihnen zuwinkte, dann die Ventile aus den

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