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Karl der Große: Der mächtigste Kaiser des Mittelalters - Ein SPIEGEL-Buch (German Edition)

Karl der Große: Der mächtigste Kaiser des Mittelalters - Ein SPIEGEL-Buch (German Edition)

Titel: Karl der Große: Der mächtigste Kaiser des Mittelalters - Ein SPIEGEL-Buch (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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seinen regelmäßigen Besuchen in Aachen die Hofgesellschaft.
    Natürlich wird der junge König zunächst von einem Regentschaftsrat im Rahmen väterlicher Vorgaben geführt. Er residiert vor allem in Chasseneuil, aber auch in drei weiteren Pfalzen. Mit großem Eifer beteiligt sich Ludwig, sobald er eigenständig agieren kann, am karolingischen Reformprozess. Das heißt für ihn, der aquitanischen Kirche, die arg verweltlicht ist, neuen spirituellen Schwung zu geben. Die Kleriker sind oft ungebildet und dem weltlichen Adel allzu willfährig. Anstatt Messe zu feiern, gibt sich manch ein Hausgeistlicher dazu her, die Herrschaft bei Tisch zu bedienen, die Hunde zu führen und den Damen die Pferde zu halten. Ludwig fördert die Neugründung oder Wiedergründung etlicher Klöster. Sein Biograf Astronomus (die Identität dieses gebildeten Höflings ist unklar) führt namentlich 25 Klöster auf. Die Zahl wirkt bescheiden, doch leben in manch einem Kloster bis zu 300 Mönche. Sie managen zum Teil umfangreiche Ländereien mit Viehzucht, Getreidewirtschaft und Weinbau, und sie werden von machtbewussten Äbten geführt.
    Der mächtigste dieser Äbte ist der westgotische Grafensohn Witiza, der sich Benedikt nennt und um 782 auf eigenem Land bei Montpellier das Kloster Aniane gegründet hat. Um es gegen etwaige Besitzansprüche von Verwandten zu sichern, überschreibt er das bald mit kostbaren Messgewändern und Büchern reich gesegnete »Haupt aller Klöster nicht nur Gotiens« (so der Chronist Ardo) Karl dem Großen. Dadurch erlangt die Abtei einige Jahre später den besonderen Schutz des Königshauses, ist von einigen Abgaben befreit und zur freien Abtswahl berechtigt.
    Das Reformprogramm, das Benedikt von Aniane unter Ludwigs Beifall auf den Weg bringt, orientiert sich am 73 Kapitel umfassenden Regelwerk des vom heiligen Benedikt (um 480 bis 547 ) begründeten Ordens. Gehorsam gegenüber dem Abt, Schweigsamkeit und Demut sind darin ebenso festgeschrieben wie die Ehelosigkeit, der Verzicht auf den Verzehr vierfüßiger Tiere und die Beachtung einer strikten Tagesordnung für körperliche Arbeit, Lektüre, Gebet und Schlaf. Die geläufige Formel »ora et labora« (»bete und arbeite«) stammt allerdings erst aus dem 19 . Jahrhundert.
    Benedikts Regelwerk entwickelt sich bald zum »Kernstück der Erneuerung des fränkischen Reiches« (so der Historiker Josef Semmler): Auf der Aachener Reichssynode 816 wird es zum Hauptkriterium erhoben, das Mönche und Nonnen von Weltgeistlichen trennt. Kirchenpolitisch ist die anianische Reform, deren Vorschriften bis ins 12 . Jahrhundert für alle Mönche gelten, Ludwigs wichtigste Leistung. Vor allem sie beschert ihm später den Titel »der Fromme«.
    Dass er als junger Mann beinahe Mönch geworden wäre, gehört zu jenen Legenden, die Ludwigs Politik nachträglich überhöhen sollten. Ernster, gebildeter, milder und gottesfürchtiger als sein Vater ist Ludwig schon, aber kein religiös bewegter Asket, der – so eine andere Legende – vor Zeugen nicht lachen mochte. Schon vor seiner Ehe mit Irmingard, die er wohl im zarten Alter von 16 Jahren schließt, zeugt er eine Tochter und einen Sohn mit Konkubinen. Zur Ehe mit Irmingard haben ihn womöglich Ratgeber gedrängt, um seinen sexuellen Appetit in geregelte Bahnen zu lenken. Schon ein Jahr nach der Hochzeit ( 794 ) wird der erste legitime Sohn, Lothar, geboren; in rascher Folge kommen dann noch vier weitere Kinder zur Welt: Pippin, Ludwig, Rotrud und Hildegard. Erst die Ehe mit Irmingard ermöglicht es Ludwig, als etablierter »König der Aquitanier« mit eigenem Hofstaat aufzutreten.
    Trotz des guten Starts in Aquitanien zögert Karl der Große, Ludwig als seinen Nachfolger auszurufen – obgleich er nach dem frühen Tod seiner älteren Brüder Pippin ( 810 ) und Karl ( 8 11 ) an der Reihe wäre. Dass er körperlich groß und stark ist, tadellos im Bogenschießen und Lanzenwerfen und außerdem ein passionierter Jäger, genügt auch vielen Ratgebern des Kaisers nicht, wenn sie sich den künftigen Herrscher vorstellen. Sie missbilligen seine Nähe zu den Klerikern; auch verschleudere er offenkundig Reichsvermögen, indem er bei der Gründung von Klöstern Land verschenke, statt es zu verpachten.
    Erst 813 wird Ludwig an den Hof des Kaisers gerufen. Der betagte Vater hat sich bei der Jagd in der Eifel schwer verletzt – die Nachfolge muss endlich geregelt werden. Als Ludwig nach Aachen kommt, empfängt ihn die maßgebliche Ratgeberriege mit

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