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Karl der Große: Der mächtigste Kaiser des Mittelalters - Ein SPIEGEL-Buch (German Edition)

Karl der Große: Der mächtigste Kaiser des Mittelalters - Ein SPIEGEL-Buch (German Edition)

Titel: Karl der Große: Der mächtigste Kaiser des Mittelalters - Ein SPIEGEL-Buch (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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»kühler Reserve« (so der Historiker Rudolf Schieffer). Noch im Jahr zuvor hatte man über seinen Kopf hinweg dafür gesorgt, dass Bernhard, Sohn des verstorbenen Bruders Pippin, zum Unterkönig von Italien berufen wurde. Von Rechts wegen hätte Italien ihm, Ludwig, übertragen werden müssen. Der Herr Aquitaniens muss das ebenso erdulden wie die wochenlangen väterlichen Unterweisungen über das rechte Leben und die Ordnung des Reichs. Immerhin wird er im September 813 zum Mitkaiser erhoben, unter dem Beifall einer Reichsversammlung mit Grafen, Bischöfen, Äbten und Soldaten. Mitkaiser gab es bis dahin nur im späten Rom und in Byzanz.
    Die Krönungszeremonie in der Aachener Pfalzkapelle wird in zwei Versionen überliefert: In der einen nimmt sich Ludwig die Krone vom Altar und setzt sie sich eigenhändig auf, in der anderen krönt ihn der Vater. Unstrittig ist, dass er sich eine Mahnrede des alten Kaisers anhören darf, in der ihm unter anderem nahegelegt wird, er möge nur treue Beamte einsetzen, die Kirche beschützen, den Armen barmherzig begegnen und seine Verwandten gut behandeln. Der künftige Kaiser, mittlerweile 35 , antwortet wie ein braver Bube: »Mit Freude will ich deinen Befehlen gehorchen und mit Gottes Hilfe alle Gebote halten.«
    Dann geht es fürs Erste zurück nach Aquitanien – der Mitkaiser bleibt Unterkönig. Erst im Februar 814 , nach Karls Beerdigung, ziehen Ludwig, seine Familie und die wichtigsten Männer seines aquitanischen Hofstaats über Orléans und Paris in die Aachener Residenz. Der unentbehrliche Berater Abt Benedikt von Aniane folgt; er wohnt bald südlich von Aachen im neugegründeten Kloster Inden (Kornelimünster).

    Münzporträt Ludwigs des Frommen als Imperator.
Münzkabinett Berlin
    BPK
    Karl der Große hat Ludwig zwar in der Pfalzkapelle zum Mitkaiser und Nachfolger erhoben, doch der Papst war nicht zugegen – ihm wird die vollendete Tatsache mitgeteilt wie eine normale Staatsaktion. »Kraft eigenen Rechts«, so der zeitgenössische Chronist Thegan, »übertrug Karl dem Sohn die Kaiserkrone.«
    Ludwig hebt diese Distanz zum römischen Pontifex ohne Not wieder auf, indem er sich 816 in Reims durch Papst Stephan IV. auch kirchlich zum Kaiser krönen lässt: Er wirft sich dreimal mit dem ganzen Körper vor dem Papst auf den Boden, dann setzt ihm dieser eine aus Rom mitgebrachte Krone auf, die angeblich von Kaiser Konstantin stammt. Mit Ludwig salbt der Papst auch Frau Irmingard zur Kaiserin.
    Gleich nach dem Regierungswechsel 814 wird in Aachen aufgeräumt: Jahrzehntelang ist der dortige Hof ja auf Karl den Großen und seine Kamarilla ausgerichtet gewesen. Lediglich der oberste Hofgeistliche, Erzbischof Hildebald von Köln, behält seine Stellung. Ludwigs unverheiratet gebliebenen Schwestern müssen sich mit ihren Liebhabern auf entlegene Güter zurückziehen oder gar ins Kloster gehen. Das Hofgesinde wird deutlich reduziert, etliche Frauen durch Männer ersetzt. Die drei Söhne, die Karl der Große mit Nebenfrauen gezeugt hat, werden unter Bewachung gestellt, später vom Hof entfernt und in den geistlichen Stand gezwungen. Helisachar, ein Kleriker, der am aquitanischen Hof Ludwigs rechte Hand gewesen ist und über mehrere Abteien gebietet, wird Chef der Kanzlei, dem Mittelpunkt der Reichsverwaltung.
    Aus ihr hageln seither Anordnungen, Urkunden und Dekrete auf das Land, ungleich mehr als in der Kaiserzeit Karls. Da geht es etwa um spirituelle Gegenleistungen der Klöster für bestimmte Privilegien. So versichert die Äbtissin Teuthild von Remiremont Ludwig, dass der Konvent des Klosters im abgelaufenen Jahr für Gesundheit und Wohlergehen des Kaisers, seiner Frau und der Kinder – wie vereinbart – tausend Psalter gesungen und achthundert Messen gefeiert habe. Ein Dekret für die Aachener Residenz belegt die bigotte Strenge, mit der Ludwig die erotische Libertinage am Hof bekämpft: »Jeglicher Mann, bei dem gelüstige Fräulein angetroffen werden, habe sie auf den Schultern zum Markt zu tragen, wo sie öffentlich die Peitsche spüren werden. Falls er sich weigert, wird er mit ihnen ausgepeitscht.« Andere Erlasse bemühen sich um eine verbesserte Rechtssicherheit, etwa um die Abkehr von Gottesurteilen. Bei der Feuerprobe etwa muss der Verdächtige ein glühendes Eisen mit den Händen ein Stück weit tragen; heilen die dabei entstandenen Wunden nicht oder schlecht, gilt er als überführt. Bei der Probe vor einem Kreuz müssen sich die Prozessgegner mit ausgebreiteten

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