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Karl der Große: Gewalt und Glaube (German Edition)

Karl der Große: Gewalt und Glaube (German Edition)

Titel: Karl der Große: Gewalt und Glaube (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johannes Fried
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nicht zur Konversion gezwungen. Juden und Christen wurden dezidiert als Anhänger einer «Buchreligion» geschont, was regionale oder lokale Drangsalierung und Verfolgung nicht ausschloß. Allein höhere Steuern, als sie Muslime zu entrichten hatten, lasteten stets auf ihnen. Gerade auch Christen dienten in der Zivilverwaltung des Kalifats. Ihnen wurden in den ersten Jahrhunderten arabischer Herrschaft zahllose Übersetzungen aus dem Griechischenverdankt. Die Rezeption des antiken, griechischen Wissens wurde damit ungeheuer erleichtert und beschleunigt. Zumal Medizin, Technik, Astronomie oder Mathematik besaßen unter den Arabern hohe Bedeutung. Philosophie hingegen wurde aus religiösen Gründen eher argwöhnisch betrachtet.
    Keine fremden Mächte, vielmehr innere Streitigkeiten stoppten die Expansion. Der Streit um den rechten Nachfolger eskalierte. Bereits der dritte Kalif, Uthman, und sein Nachfolger Ali wurden ermordet, was zur Spaltung in Schia und Sunna führte. Ein Clan der Quraiš, die Umayyaden, setzte sich durch, ohne die Spaltung zu überwinden; für ein knappes Jahrhundert, bis hin zur Zeit des ersten karolingischen Königs Pippin, stellten sie die Kalifen. Das alles wurde in Konstantinopel registriert.
    Das gewaltige Reich, das die Umayyaden geschaffen hatten, zeigte erste Desintegrationserscheinungen. Nicht zuletzt die eigenen Traditionen der unterworfenen Völker – etwa der Berber – erwiesen sich je länger desto wirksamer als trennende Kraft. Der arabische Westen, auch Afrika, die Provinzen um das antike Karthago, gingen zunehmend eigene Wege. Die Fernwirkungen des Umsturzes reichten bis in den lateinischen Westen. Die Franken freilich ahnten von den zugrundeliegenden Entwicklungen fürs erste nichts, obgleich auch sie Muslime zu Nachbarn hatten. Als sich die Karolinger zu Königen aufwarfen, beherrschten diese die gesamte südwestliche Mittelmeerküste von Spanien bis nach Narbonne.
    Die Umayyaden errichteten ihren Sitz in Damaskus, einer Stadt mit überwiegend christlicher Bevölkerung. Gerade diese Christen erleichterten die Anpassung der arabischen Herrscher und ihres Reiches an spätantike Bildung. Besorgt, doch nicht ohne Schadenfreude meldete beispielsweise der byzantinische Chronist Theophanes zum Jahr 6251 AM (759/60 CE), die Araber hätten den Christen verboten, als öffentliche Schreiber tätig zu sein. Sie hätten aber das Verbot widerrufen müssen, «weil sie selbst (die Araber) unfähig seien, Urteile zu protokollieren». Die gehässige Sottise konnte natürlich das hohe geistige und intellektuelle Niveau im Reich der Kalifen nicht überdecken und schon gar nicht verschleiern,daß gerade Christen an dieser Erfolgsgeschichte mitwirkten. Lateinische Geschichtsschreiber freilich, die selten genug zur Feder griffen, ließen sich das alles entgehen.
    Die Umayyaden wurden um die Mitte des 8. Jahrhunderts von den Abbasiden, Nachkommen von Mohammeds Onkel Abbas, verdrängt. Es sollte ein glanzvoller Neubeginn werden. Al-Mansûr, ein entschiedener Anhänger eines rationalistischen Islam, der Mu’tazila, gab Damaskus auf und verlegte seine Residenz im Jahr 762 an den Tigris nach Bagdad. «Dies ist der Ort, an dem ich bauen will.» Astrologen und Horoskope hatten es empfohlen. «Die Dinge können über den Euphrat, den Tigris und ein Netz von Kanälen hierherkommen. Nur ein Platz wie dieser wird sowohl das Heer als auch die Bevölkerung ernähren.» So ließ der Geschichtsschreiber at-Tabari anderthalb Jahrhunderte später den Kalifen in einer Weise räsonieren, wie sie unter den Franken noch lange auf sich warten ließ[ 40 ]. Überhaupt, dieser Kalif legte Wert auf das Wissen, das er der Unwissenheit früherer Machthaber gegenüberstellte. Er allein verfügte über eine gottgegebene, rechtleitende Urteilskraft; er lenkte und erzog das Volk[ 41 ].
    Nur ein Umayyadenprinz, ‘Abd-ar-Rahmân, war durch Zufall dem Untergang seiner Familie entgangen, hatte über Nordafrika Spanien erreicht und dort ein unabhängiges Emirat zu errichten begonnen (756). Ein ungewöhnliches Emigrantenschicksal. Erfolgreich sicherte der Flüchtling ad-Dakhil, «der Neuankömmling», wie der Ehrennahme dieses ersten Umayyaden in al-Andalus später lautete, in den folgenden Jahren die Grenzen nach Norden, gegen Christen und Franken. Das Licht des Orients aber, die Palmen, die Heimat, Damaskus vergaß er nicht. Eine einzelne Palme in Spanien konnte ihn an das Verlorene erinnern:
    «Oh Reiter auf dem Weg in meine

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