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Karlebachs Vermaechtnis

Karlebachs Vermaechtnis

Titel: Karlebachs Vermaechtnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uwe von Seltmann
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werden.«
    Ich versuchte mein Glück bei Onkel Alfred. Aber auch dort wurde ich schon an der Haustür zurückgewiesen. »Mein Schwager ist krank«, sagte seine Schwägerin. »Dann freut er sich bestimmt über ein paar aufmunternde Worte.«
    »Das glaube ich nicht.« Sie drehte sich um, aber ich konnte einen Fuß in die Tür setzen. Im Wohnzimmer bejubelte der Moderator einer Quizsendung den Hauptgewinner. Ein Tusch ertönte.
    »Verschwinde! Wir haben wegen dir schon genug Ärger.« Dann trat sie mir auf den Zeh, ich zog den Fuß zurück, und die Tür fiel ins Schloss.
    Ich war nahe dran, mein Gelübde gegenüber Opa Bernhard zu brechen und die Geschichte vom Judenhaus auf sich beruhen zu lassen. Mir blühte eine Anzeige wegen versuchter Vergewaltigung, unbekannte Täter hatten mein Auto zerstört, Knecht hatte mir unverhohlen mit dem vorzeitigen Ende meiner Pfarrerlaufbahn gedroht, Stumpf war stocksauer, und die Reise nach Jerusalem war geplatzt, noch bevor sie begonnen hatte. Außerdem wollten die beiden Männer, mit denen ich mich über das Judenhaus unterhalten hatte, offensichtlich jeden Kontakt mit mir vermeiden. Wurden sie unter Druck gesetzt? Simona hatte Recht. Ich würde die Vergangenheit ruhen lassen. Die Erfüllung meines Gelübdes machte Opa Bernhard nicht mehr lebendig. Die Sache war oberfaul, sie stank zum Himmel, aber ich war kein Held und würde niemals einer werden. Ich gab auf. Da rief Helmut an und sagte, dass er einen Plan habe. Ich solle morgen um zehn in der Redaktion sein.
     
    14
     
    Wir mussten eine halbe Stunde warten, ehe uns Stumpf einen zweiten Termin gewährte. Der Chef thronte hinter seinem Mahagonischreibtisch und hatte immer noch schlechte Laune. Aber Helmuts Artikel über den angeblichen Anschlag auf einen Lokalpost-Mitarbeiter, in dem er leicht verschlüsselt und blümerant das Gegenteil behauptet hatte als die Praktikantin am Tag zuvor, schien ihn etwas versöhnt zu haben. Es deute alles auf einen dummen Silvesterscherz von Betrunkenen, lautete das Fazit des Berichts.
    »Ihr habt Schwein gehabt«, empfing uns der Chef, »großes Schwein. Ich habe gestern den ganzen Tag nichts als telefoniert und die Gemüter beruhigt. Noch einmal ein solches Ding und Helmut kassiert eine Abfindung und Weißmann erhält Hausverbot.«
    Wir trippelten wieder wie zwei dumme Schuljungen von einem Fuß auf den anderen.
    »Nehmt Platz! Helmut, was ist dran an der Geschichte mit dem Judenhaus?«
    Besonnen und ruhig erzählte ihm Helmut alles, was wir wussten, und erwähnte auch Pietsch, Frick, Heilig und Knecht.
    »Und wo sind die Fakten?«, schrie Stumpf los. »Ich brauche Fakten, Fakten und nochmals Fakten! Ich habe mit Pietsch und Frick schon genug Ärger. Die machen mir hier die Hölle heiß. Das wisst ihr ja gar nicht, was ich hier mitmache!« Er schlug mit der Hand auf die Schreibtischplatte.
    Ein Kaffeelöffel flog durch die Luft und landete in einem Blumentopf.
    »Hör auf zu grinsen!«, fuhr er mich an.
    »Ich schlage vor«, sagte Helmut, »unser Mitarbeiter fliegt nach Jerusalem. Dort finden wir die Fakten.«
    »Und wer soll das bezahlen?«
    »Ich denke, wir sollten berücksichtigen, dass unser Kollege noch studiert und über kein Einkommen verfügt.« Stumpf stapfte wieder durch den Raum. »Ihr macht mich verrückt! Eine Reise nach Jerusalem! Das hat es noch nie gegeben! Wo kämen wir denn da hin, wenn jeder so mir nichts dir nichts nach Jerusalem fliegen wollte?«
    »Okay«, sagte ich, »es ist vielleicht wirklich besser, wir streichen die Geschichte. Sie haben Recht, Herr Stumpf. Helmut, lass uns gehen.«
    Stumpf drehte sich zu mir. »Willst du jetzt kneifen?« Er drehte sich wieder ab. »Das soll einer verstehen! Da macht der Kerl die Welt verrückt und zieht dann den Schwanz ein!«
    »Herr Stumpf, ich muss mein Studium beenden. Da kann ich mir solche Eskapaden gar nicht leisten.« Stumpf baute sich vor mir auf. »Du fliegst nach Jerusalem! Ist das klar?!«
    »Aber ich hab doch gar kein Geld.«
    »Geld, Geld! Zum Teufel mit dem Geld!« Er setzte sich an seinen Schreibtisch und unterschrieb einen Scheck. »Das ist nicht viel, aber für den Flug reicht es alle Mal«, murmelte er. »Und jetzt verschwindet«, brüllte er wieder los. »Ich will euch heute nicht mehr sehen! Und du …« Er beugte sich zu mir. »Du kommst erst wieder, wenn du aus Jerusalem zurück bist! Und wehe, du schreibst keine anständigen Geschichten …«
    »Wie hast du Stumpf dazu gebracht, noch einmal mit uns zu reden?«

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